Dem Volkswagen-Management entgehen die gewaltigen Anstrengungen der Japaner nicht. Die Vorstände um Konzernchef Winterkorn werden deshalb nicht müde, die Belegschaft vor voreiligem Siegesgeheul zu warnen. Man dürfe den japanischen Konzern nur wegen seiner zwischenzeitlichen Qualitätsprobleme nicht vorschnell abschreiben, sagt etwa Entwicklungschef Hackenberg. „Ich glaube, Toyota ist ein hervorragendes Unternehmen mit sehr viel Know-how und Potenzial.“
Für Hackenberg ist Toyota Vorbild und abschreckendes Beispiel zugleich. Weil Toyota seine Massenmodelle weltweit in besonders großen Stückzahlen verkauft, führten einzelne fehlerhafte Teile zu Rückrufaktionen von nie da gewesenem Ausmaß. Ähnliches könnte VW blühen, wenn die Baukastenstrategie weltweit greift.
Winterkorn hat die Qualitätssicherung deshalb zur Chefsache erklärt und fordert von seinen Leuten eine „Kultur der Wachsamkeit“. Die Zahl der Mitarbeiter in der Qualitätssicherung sei massiv aufstockt worden, berichten Insider. Produktionschef Waltl hat sich sogar schon überlegt, wie er bei defekten Zulieferteilen die Zahl der Rückrufe begrenzen kann: Die Zulieferer wissen durch die Just-in-time-Produktion genau, welche Teile sie wann an VW geschickt haben. Diese Daten speichert VW künftig und kann sie, wenn erforderlich, den produzierten Fahrzeugen genau zuordnen. Gibt es Probleme, weiß VW, welche Autos betroffen sind, und muss nicht vorsorglich Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten rufen.
Das Beispiel zeigt: Ohne engen Schulterschluss mit den Zulieferern wird das Konzept nicht aufgehen. Immerhin steuern die Lieferanten heute über zwei Drittel des Wertes eines Autos bei. 200.000 neue Stellen könnten durch die Baukastenstrategie bei ihnen entstehen, weil sich die bestellten Mengen drastisch erhöhten, versprach unlängst VW-Entwicklungschef Hackenberg. Allerdings gilt die Rechnung nur für Zulieferer, die die Wolfsburger nach der Umstellung ihres Produktionssystems weiter berücksichtigen. Wer es nicht in den VW-Baukasten schafft, ist raus – weltweit.
Nervöse Lieferanten
Umgekehrt gilt: „Wer drin ist, hat erst mal ausgesorgt“, sagt der Manager eines großen deutschen Komponenten-Zulieferers. Tendenziell dürfte sich die Zahl der VW-Zulieferer eher verringern. Systemlieferanten, die komplette Komponenten wie Getriebe, Klimaanlagen oder Lenkungen fertigen, dürften weniger Probleme bekommen, weil sie für viele Autohersteller arbeiten.
Experten schätzen, dass von den Zulieferern aus der zweiten oder dritten Reihe jedoch etliche auf der Strecke bleiben werden. Entsprechend groß ist die Nervosität bei den Lieferanten. Kaum jemand von ihnen mag sich zu den Plänen von VW äußern. „Da geht es um revolutionäre Änderungen bei einem der größten Autohersteller. Was es da zu klären gibt, regeln wir bilateral“, meint der Manager eines Zulieferers schmallippig.