Alexander Bugge, Gründer und Geschäftsführer von meinauto.de sieht das anders: „Wir sind Vertriebsdienstleister und Absatzmittler für den deutschen Vertragshandel. Wir unterstützen Händler dabei, mit dem steigenden Absatzdruck zurecht zu kommen, indem wir für sie über das Internet neue Kunden akquirieren.“ In diesem Jahr plant Bugge im Internet-Neuwagenmarkt mit einem Absatz im gut fünfstelligen Bereich. Das Produktangebot soll vom bisher klaren Fokus auf Bestellneuwagen hin zu mehr als 50.000 sofort verfügbaren Neuwagen – also etwa solchen mit Tageszulassungen – wachsen.
Die Händler müssen sich bei allem Druck der auf ihnen lastet einen Vorwurf gefallen lassen: Gemeinsam mit den Herstellern haben sie den Trend zum Onlinehandel verschlafen. Diez: „Portale wie autoscout24 oder meinauto.de haben die Schlafmützigkeit der Autohersteller ausgenutzt.“ Jetzt zwingen die Kunden die Hersteller förmlich dazu, Autos über das Netz zu verkaufen.
BMW hat im Zuge der Markteinführung des i3 mit dem Internetvertrieb begonnen und damit bei seinen Händlern für viel Wut gesorgt: „Wir haben BMW unmissverständlich gesagt, dass direkte Verkaufskanäle von uns abgelehnt werden müssen“, sagte Werner Entenmann, Präsident des BMW-Händlerverbandes der WirtschaftsWoche bereits im Juli 2013. Im Dezember startete nun Daimler mit einem eigenen Online-Portal dem „Mercedes-Benz connect me“-Store. Der Barkauf eines Autos ist dort aber nicht möglich. Aus juristischen Gründen startet der Webshop mit Leasing-Fahrzeugen. Die Niederlassung Hamburg wurde als Teststandort auserkoren. Das Online-Geschäft startet mit 70 Fahrzeugen, der A- und B-Klasse, CLA und CLS Shooting Brake. Wer den persönlichen Kontakt sucht, kann sich per E-Mail, Telefon oder Live-Chat ans Kundencenter wenden.
Eine Million Seitenaufrufe und 90.000 individuelle Besucher (unique user) hat Daimler seit dem Start der Seite gezählt. Wie viel Abschlüsse der Premiumhersteller damit generiert hat, will man in der Konzernzentrale nicht verraten. Es seien Verträge zustande gekommen – und zwar genau in der Zielgruppe, die man erreichen wolle: junge Männer von Anfang 20. Dass sich Daimler über die Zahl der Verträge ausschweigt, lässt nichts Gutes hoffen. Vertriebsexperte Diez bezweifelt, dass der Onlineshop ein großer Erfolg wird. „Das wird nicht funktionieren.“ Schließlich könne Daimler eben keine großen Rabatte geben. „Warum soll dann jemand dort online kaufen?“
Daimler wiegelt ab – das Onlinegeschäft solle gar nicht die Masse an Bestellungen bringen, sondern vielmehr die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme verbessern. Noch ist der Online-Markt für die Schwaben ein großer Testballon. Im Laufe des Jahres will die Zentrale in Stuttgart entscheiden, wie es mit dem Shop weitergeht. Irgendwie muss man aber doch an das Konzept glauben, denn im Februar ging ein weiterer Online-Store in Polen an den Start. Vielleicht sind die polnischen Online-Kunden ja weniger preissensibel.
Auch wenn es die deutschen Händler nicht gerne hören, der Preisvorteil ist und bleibt ein Hauptargument für den Kauf im Netz. Im Gegensatz zum Internet fallen beim Vertrieb über das Autohaus beim Durchschnittsneuwagen 2500 Euro zusätzliche Kosten an. Das belegt eine Studie des CAR Center Automotive Research. CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer: „Der heute bereits hohe Druck durch die Internetvermittler auf den klassischen Autovertrieb „nagt“ an der Stellung des Autohauses“.
Willi Diez findet dafür drastischere Wort: „Die Rabattspirale muss gestoppt werden, sonst werden viele Händler daran zugrunde gehen.“ Einzig das Wie bleibt ungeklärt. Die Autobauer werden ihre Produktion nicht verringern, nur um den Handel zu entlasten. Kapazitäten müssen ausgelastet, Arbeitsplätze in den Werken erhalten bleiben, so die Argumentation. Diez: „Am meisten profitiert davon nur einer - der Kunde“.