Noch im Jahr 2017 Autokonzerne starten Aufbau von E-Auto-Ladestationen

Mit einem Gemeinschaftsunternehmen wollten mehrere Autobauer ein Netz von Schnellladestationen aufbauen. Die dafür gegründete Firma Ionity hat den Geschäftsbetrieb aufgenommen – die ersten Säulen sollen noch 2017 stehen.

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Deutschlandweite sollen 400 Schnellladestationen installiert werden. Quelle: dpa

Das von der Autobranche gemeinsam geplante europaweite Ladenetz für Elektrofahrzeuge soll bis Ende dieses Jahres noch erste Gestalt annehmen. Bis dahin werde der Aufbau der ersten 20 von insgesamt 400 geplanten Schnellladestationen an Autobahnen und anderen Hauptverkehrsachsen in Deutschland, Norwegen und Österreich beginnen, teilten die beteiligten Autobauer BMW, Daimler und Ford sowie Volkswagen mit den Töchtern Audi und Porsche am Freitag mit. Im kommenden Jahr soll die Zahl auf über 100 steigen, bis 2020 sollen dann alle 400 Ladestationen stehen. Der Ausbau einer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur gilt als wesentliche Voraussetzung dafür, dass sich mehr Menschen für den Umstieg auf ein Elektroauto entscheiden.

Das eigens für den Aufbau des Netzes gegründete Unternehmen, an dem die vier Konzerne zu je einem Viertel beteiligt sind, firmiert unter dem Namen Ionity. Sitz ist München, wo zunächst etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt werden sollen. Zur Höhe der Investitionen wollen die Beteiligten keine Angaben machen.

„Die Verfügbarkeit eines flächendeckenden High-Power-Charging-Netzwerks ist für die Marktdurchdringung der Elektromobilität unabdingbar“, sagt Ionity-CEO Michael Hajesch, bislang in der BMW-Konzernstrategie für die E-Mobilität zuständig. „Mit der Schaffung des ersten paneuropäischen HPC-Netzes machen wir die Elektromobilität langstreckentauglich. Wir haben dabei insbesondere den Kunden im Blick.“

Die Stationen sollen jeweils etwa 120 Kilometer voneinander entfernt liegen und stets über mehrere Ladesäulen verfügen. Den Angaben zufolge entstehen die ersten 20 Stationen mit jeweils mehreren Säulen in Zusammenarbeit mit dem Raststättenbetreiber Tank & Rast, der österreichischen Mineralölgesellschaft OMV und der Handelskette Circle K, die auch Tankstellen betreibt. Später sollen weitere hinzukommen.

Vier Minuten für 100 Kilometer

An den Ladesäulen von Ionity könnten die Batterien mit einer Leistung von bis zu 350 Kilowatt aufgeladen werden – markenunabhängig dank eines Einheitssteckers Combinded Charging System (CCS), der bereits heute in einigen Elektroautos verbaut wird. Vor knapp einem Jahr zur Ankündigung des Projekts hieß es, das solle nicht länger als eine Kaffeepause dauern.

Diese Ladestationen mit 350 Kilowatt Leistung sind deutlich aufwändiger als jene CCS-Stationen, die bereits heute betrieben werden. Der entscheidende Punkt an der Ladesäule ist hierbei nicht der Stecker, sondern das Kabel. Mit den heutigen Systeme sind Ladeleistungen von 50 Kilowatt möglich – damit dauert es ungefähr 21 Minuten, um 100 Kilometer Reichweite nachzuladen. Mit 350 Kilowatt benötigt ein HPC-System nur noch knapp vier Minuten für 100 Kilometer Reichweite. Doch um diese Leistung zu übertragen, müsste der Querschnitt der Kabel verdoppelt werden. Damit wären sie so schwer und unflexibel, dass sie für einen Kunden nicht mehr handhabbar wären. Deshalb wird bei den Ladestationen von Ionity ein flüssigkeitsgekühltes Ladekabel verbaut.

Elektroautos im Kostenvergleich

Das System, das Ionity jetzt präsentiert hat, ähnelt stark dem im vergangenen Jahr vorgestellten Entwurf von Porsche. Um kürzere Ladezeiten zu erreichen, arbeitete der Sportwagenbauer an einem System, bei dem mit 800 statt der sonst üblichen 400 Volt geladen wird. An der im Juli 2017 eröffneten Niederlassung in Berlin hat Porsche bereits einen solche Schnellladepark mit flüssigkeitsgekühlten 350-kW-Ladesäulen errichtet. Die Säulen sind auch abwärts kompatibel, können also auch mit 50 oder 100 Kilowatt laden.

Diese Kompatibilität ist wichtig, denn wohl auch in Zukunft werden nur wenige Fahrzeuge wirklich mit 350 kW laden können. Das Problem ist hier die Batterie, die auf solche Ladeleistungen ausgelegt werden muss. Bei einem BMW i3 etwa regelt die Elektronik ab 50 kW ab – mehr würde die Chemie der Batterie zu sehr belasten. Von den derzeit erhältlichen Elektroautos kann nur der Hyundai Ioniq mit bis zu 70 kW laden.

Ob der Ausbau des Ladenetzes wie geplant auch durchgeführt werden kann, ist aber noch nicht klar. Fest steht, dass die Autobauer die Innenstädte sich selbst überlassen und nur auf die wichtigen Autobahnen schauen. Doch die Raststättenbetreiber sind unterschiedlich organisiert – einige wollen etwa eine feste Platzmiete für die Fläche der Ladestationen, andere einen gewissen Teil des Umsatzes. Deshalb muss mit jedem Partner einzeln verhandelt werden. Die Standorte werden anfangs an den wichtigen Hauptautobahnen liegen. Wer also regelmäßig von Mönchengladbach oder Aachen aus in Richtung Frankfurt fährt, wird wohl keine den Ionity-Ladestationen auf seinem Weg finden – und muss womöglich einen Umweg über die A3 einplanen.

Die Autobauer setzen darauf, dass sich noch weitere Hersteller dem Joint Venture anschließen können.

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