Öko-Bilanz von E-Autos Umweltlüge Elektroauto? Von wegen!

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Die Massenmarktmodelle kommen – bald

Peter Terium, Chef des Stromversorgers Innogy, ist sich „sicher, dass das E-Auto kurz vor dem Durchbruch steht“. Der Ansicht schließen sich inzwischen fast alle Autochefs an, von VW-Markenboss Herbert Diess über GM-Chefin Mary Barra bis Daimlers Dieter Zetsche. Alle setzen auf den raschen Durchbruch der Stromer, auch wenn die Zahlen noch ernüchternd sind: Nur 32.000 reine E-Autos fahren derzeit laut Kraftfahrtbundesamt in Deutschland; die Kaufprämie von 4000 Euro muss als Flop bezeichnet werden : Nur 12.000 Mal wurde sie seit Juli 2016 abgerufen.

Werden die Verbraucher die E-Autos auch kaufen?

Der US-Pionier Tesla hat allein aus Deutschland nach Schätzungen und Berechnungen an die 30.000 Vorbestellungen für sein neues Model 3, das derzeit an die ersten US-Kunden ausgeliefert wird. In den kommenden 24 Monaten werden Nissan, Renault, vor allem aber auch die deutschen Hersteller neue E-Modelle auf den Markt bringen, die bessere Reichweiten mit günstigen Preisen  verbinden sollen. So planen allein Daimler und VW je eine eigene Plattform für Elektro-Pkw. Dadurch werden Stückzahlen von bis zu 100.000 je Modell und Jahr denkbar. Aber: „Ob die Nachfrage dann anzieht, wenn die neuen Modelle da sind, hängt entscheidend vom Vertrauen der Verbraucher ab. Noch sind sie verunsichert“, sagt Stefan Bratzel, Autoprofessor an der FH Bergisch Gladbach.

Am heftigsten tobt die Diskussion bei der Umweltfreundlichkeit: Ein E-Auto sei gar nicht ökologischer als etwa ein moderner Diesel, schreiben immer wieder auch die einschlägigen Fachorgane. Der Strom mit dem E-Autos laden, werde schließlich aus Kohle erzeugt.

Von der „Ökolüge E-Auto“ ist die Rede, vom „Umweltkiller E-Auto“. Um ideologiefrei Licht ins Dunkel zu bringen, hat die WirtschaftsWoche mit neutralen, seriösen Energie- und Auto-Experten gesprochen und Dutzende Studien ausgewertet. Die Ergebnisse sind eindeutig.

1. Die Produktion

Der Strom, den das E-Auto lädt, wird natürlich nicht CO2-neutral produziert. CO2 und Schadstoffe entstehen nicht nur beim Fahren, sondern schon beim Bau des Autos. „Wer wissen will, ob er mit einem E-Auto der Umwelt hilft, muss alle drei Phasen berücksichtigen: Produktion, Betrieb,  und Entsorgung“, sagt Michael Held. Der Ingenieur forscht am Fraunhofer-Institut IBP in Stuttgart zur Umweltbilanz von Autos.

Studien zeigen: Die Produktion eines E-Autos braucht mehr Ressourcen als die eines gleich großen Verbrenners. US-Forscher ermittelten 2015 im Schnitt acht Tonnen CO2, die beim Bau eines E-Autos entstehen. Für vergleichbare Benziner kamen sie auf sieben Tonnen CO2. In eine ähnliche Richtung weisen Berechnungen der TU Dresden.

Die Elektro-Schocker
Nio EP9 von Next EV Quelle: Hersteller
Nio EP9 hat 1360 PS Quelle: Hersteller
2017 erzielte der Nio mit 6 Minuten 45,9 Sekunden einen neuen Nordschleifenrekord Quelle: Hersteller
Techrules Ren schafft maximal 320 km/h Quelle: Hersteller
Techrules Ren bietet einen Reichweitenverlängerer in Form einer mit Diesel getriebenen Microturbine Quelle: Hersteller
Rimac Hypercar Concept One Quelle: Hersteller
Rimac Concept One Quelle: Hersteller

Wie kommt das? Kernbauteil des Elektroautos ist sein Akku. Der macht es schwer und teuer. Die benötigten Metalle wie Kobalt, Lithium und Nickel zu schürfen und zu verarbeiten braucht viel Energie. Der 75-Kilowattstunden-Akku eines Tesla Model S etwa, der gut 450 Kilometer Reichweite ermöglicht, benötigt allein 100 Kilo Kupfer. In einem Oberklasse-Diesel dagegen stecken nur 20 Kilo Kupfer – im Wesentlichen in den Kabeln.

Grundsätzlich gilt: Je größer der Akku, desto schlechter die Umweltbilanz. „Viel Akku-Kapazität und Leistung sind zwar gute Verkaufsargumente, für die Fahrer ist Reichweite beruhigend“, sagt Held. Wer aber nur Kurzstrecken fährt, solle den Akku nicht überdimensionieren: „Das ist teuer und belastet die Umwelt mehr als nötig.“

2. Das Fahren

Rollt es erst einmal auf der Straße, ist ein E-Auto umweltfreundlicher als ein Benziner oder Diesel. Giftige Stickoxide (NOx), Benzol oder Kohlenmonoxid stößt es lokal gar keine aus. Indirekt, das heißt bei der Stromerzeugung, entstehen pro Kilometer Fahrleistung signifikant weniger Stickoxide und Feinstaub als beim Verbrennungsmotor.

„Vor allem moderne Diesel machen hier Probleme“, sagt Jörg Grotendorst, Bereichsleiter bei ZF Friedrichshafen. „Je mehr Leistung man bei gleichem Hubraum aus dem Motor holt, desto heißer muss man das Kraftstoffluftgemisch oder eben den Diesel verbrennen, und desto mehr Gifte entstehen, die sich nur schwer aus den Abgasen filtern lassen.“

Ob das E-Auto indirekt bei der Fahrt weniger CO2 emittiert als ein Verbrenner, hängt vor allem am Strommix: Zu 100 Prozent mit Kohlestrom geladen, setzte das E-Auto auch bei der Fahrt mehr CO2 frei als ein Verbrenner. In Deutschland aber stammen 33 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren, 40 Prozent aus Kohle und 13 Prozent aus Atomstrom, der Rest aus Gas und Öl.

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