Oldtimer-Rallyes Neue Freunde mit altem Blech

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Die Zahl der Oldtimer-Rallyes wächst


Gelegenheiten dazu gibt es inzwischen reichlich – die Zahl professionell organisierter Oldtimer-Ausfahrten ist in den vergangenen Jahren sprunghaft gewachsen. Die höchste VIP-Dichte gibt es natürlich bei der Top-Rallye der Oldtimer-Liebhaber – der Mille Miglia. Ob Porsche-Chef Matthias Müller, Audi-Vorstand Ulrich Hackenberg, Traktorenbauer Johann-Georg Fendt, Stahlunternehmer Jürgen Großmann, Uhrenproduzent Karl Scheufele, Mietwagen-Unternehmer Erich Sixt, Headhunter Christoph Zeiss – um nur ein paar deutsche Unternehmer-Persönlichkeiten zu nennen – sind auf der 1000 Meilen oder 1600 Kilometer langen „Orientierungsfahrt“ von Brescia nach Rom ebenso anzutreffen wie bekannte Schauspieler oder in Ehren ergraute Rennfahrer-Legenden.

In den Warteschlagen vor den Wertungsprüfungen gibt es ebenso Gelegenheit zur Kontaktaufnahme wie in den Pausen und bei den Abendempfängen in den Zielorten. Das gemeinsame Hobby und die Erlebnisse des Tages liefern reichlich Gesprächsstoff, das legere Outfit lässt Berührungsängste gar nicht erst aufkommen – die Teilnehmer begegnen sich stets auf Augenhöhe, unabhängig von Markenzugehörigkeit und Wert des Fahrzeugs.

Diese Modelle werden 2015 Oldtimer
Kultsportler, Cabriolets und Katalysatoren - Die H-Kennzeichen-Klassiker des Jahres 2015 Quelle: BMW
Schlagzeilen machten im IAA-Jahr 1985 weniger die vernunftbetonten Autos, sondern vielmehr die vielen V-Max-Racer einer völlig neuen Vierventil-Fraktion mit Leistungskurven, die scheinbar Luzifers Lockruf folgten ... Quelle: Presse
Allen voran der dieserart aufgerüstete Altstar Lamborghini Countach S Quattrovalvole, der mit 455 PS exakt fünf PS mehr aufbot als der Vierventiler im neu vorgestellten Porsche 959. Quelle: Presse
...der Vierventiler im neu vorgestellten Porsche 959 Quelle: Porsche
Auch sonst war Maranello nicht mehr das Maß der Dinge, wenn es  um Tempo ging. Katapultierte der neue Vierventil-Sechszylinder im BMW M5 den Viertürer doch in der neuen Supersportwagenzeit von 6,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Quelle: Screenshot
Kaum langsamer war das 16-V-Kraftwerk in der IAA-Weltpremiere BMW M3. Quelle: Presse
Ziviler und deutlich erschwinglicher: Golf GTI 16V Quelle: Volkswagen

Egal, ob sie in einem Mercedes-Flügeltürer an den Start gehen, einem Bugatti oder „nur“ einem Fiat Topolino. Einzige Bedingung für die Teilnahme: Das Auto muss vor 1957 gebaut sein und auch schon einmal an einem der historischen Mille Miglia-Rennen teilgenommen haben, die zwischen 1927 und 1957 in Norditalien ausgetragen wurden.

Die meisten Oldtimer-Rallyes sind bezahlbar

Und der Teilnehmer muss sich natürlich das Nenngeld leisten können- in diesem Jahr kostete das Teilnehmerpaket für zwei Personen immerhin 8450 Euro. Inklusive Anreise, Transport und technische Betreuung des Wagens sowie Sprit kommen da für fünf Tage schnell 20.000 Euro zusammen. Wohl dem, der's hat. Dennoch waren die 456 Startplätze auch in diesem Jahr ruckzuck verkauft.

Der Oldtimermarkt in Daten und Fakten


Aber keine Sorge – die Teilnahme an den meisten anderen Oldtimer-Rallyes können sich auch Normalverdiener leisten. Für die Teilnahme an der Bosch Boxberg Klassik rief der Veranstalter in diesem Jahr 390 Euro auf – Kinder bis zu 14 Jahren reisten bei dieser familiären wie familienfreundlichen Wochenend-Veranstaltung sogar kostenlos mit. Tagesveranstaltungen – oft mit Promis aus der Region – kosten zum Teil weniger als 100 Euro, ambitionierte wie hochklassige Rallyes wie die „Donau Classic“, die „Heidelberg Historic“ oder die „Sachsen Klassik“ zwischen 790 und 2000 Euro.

Eine Teilnahme ist damit freilich noch nicht garantiert: Um den Zuschauern ein möglichst abwechslungsreiches Starterfeld bieten zu können, behalten sich die meisten Veranstalter vor, Nennungen abzulehnen: Besitzer so populärer Sportwagen wie der Mercedes „Pagode“ oder dem Porsche 911 schauen schnell einmal in die Röhre. Besitzer eines Glas Gogomobils etwa oder eines Renault 5 hingegen haben fast schon Startgarantie. Vorkriegs-Fahrzeuge wie ein Ford Model A oder eines DKW F8 ohnehin.

Oldtimer und ihre Bewertung

Und man muss wissen, was man sich, dem Fahrzeug, aber auch seinem Partner auf dem Beifahrersitz zumuten will: Eine Navigation per „Chinesenzeichen“ und mit bis zu 20 Wertungsprüfungen am Tag, bei denen mitunter 50 Lichtschranken auf die Hundertstel-Sekunde pünktlich zu durchfahren sind, können ordentlich an den Nerven zehren. Denn wenn am Start meist alle das olympische Motto „Dabei sein ist alles“ beschwören – sobald am Wegesrand die ersten Hinweisschilder auf eine Zeitnahme auftauchen, steigt meist der Stresspegel an Bord.

Wo sind die Stoppuhren? Was bedeutet die Zeitangabe? Wie berechnet man noch einmal den Schnitt? Fragen über Fragen. Und zur Diskussion („Halt doch mal an“) bleibt meist keine Zeit mehr – auf den letzten Metern vor der Lichtschranke herrscht meistens absolutes Halteverbot. Und wenn es die ersten Strafpunkte hagelt weil beispielsweise eine Durchfahrtskontrolle verpasst oder ein „Stiller Wächter“ übersehen wurde, kommt schon einmal der Punkt, wo sich ein Rallye-Gespann fragt, ob man in Zukunft nicht besser getrennte Wege geht.

Ja, Oldtimer-Rallyes können Kontakte aufbauen. Sie können aber auch Verbindungen zerreißen.

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