Enthusiasten mögen das bedauern, verhindern können sie die Entwicklung nicht. Und der Trend wird wohl noch eine ganze Weile anhalten. Denn Geld ist im Überfluss vorhanden und längst fließt es nicht nur in Westeuropa, Nordamerika, im Mittleren Osten und in Japan in den Aufbau von Fahrzeugsammlungen. Auch neureiche Chinesen wissen inzwischen um den Wert des alten Blechs und sehen die Chance, durch den Besitz wertvoller alter Autos Zutritt zu elitären Kreisen zu erlangen und mitunter sogar neue Geschäftsfreunde zu gewinnen.
Dies alles schlägt sich in den Rekordergebnissen nieder, die im vergangenen Jahr bei großen Oldtimer-Auktionen erzielt wurden. Und es zeigt sich im Index, den die in London beheimatete Historic Automobile Group International (HAGI) des deutschen Bankers Dietrich Hatlapa auf der Basis der Preisentwicklung 50 besonders hochwertiger Fahrzeuge erstellt: Der so genannte HAGI-Index kletterte im Februar auf 275,88 Punkte und auf ein neues Allzeit-Hoch, das fast 200 Prozent über dem Ausgangspunkt von Ende 2008 lag.
Historische Ferraris sind begehrt
Getrieben wurde der Index vor allem von den hohen Geboten, die bei auf Auktionen in aller Welt für historische Fahrzeuge der Marke Ferrari abgegeben wurden: Ein 54 Jahre alter Ferrari 250 California Spyder aus dem früheren Besitz des Schauspielers Alain Delon wurde zu Jahresbeginn bei einer Auktion von Artcurial in Paris für sage und schreibe 16,3 Millionen Euro einem unbekannten Telefonbieter zugeschlagen. Der Schätzpreis für den Scheunenfund in erbärmlichem Originalzustand hatte bei einer Summe zwischen 9,5 und 12 Millionen Euro gelegen.
Oldtimer und ihre Bewertung
Bei der Oldtimerbewertung wird der Wert des Fahrzeugs ermittelt werden, der auch als Grundlage für die Versicherungseinstufung benötigt wird. Sie ist auch Voraussetzung, um ein gültiges Kennzeichen zu erhalten. Für den Kauf und Verkauf historischer Fahrzeuge bietet das Untersuchungsergebnis neben der aktuellen Ankaufsuntersuchung die gebräuchlichste und aussagekräftigste Grundlage.
Während bei einer “normalen” Gebrauchtwagenbewertung in erster Linie Baujahr und Laufleistung von Bedeutung sind, ist bei Oldtimern das entscheidende Kriterium der Pflege- und Erhaltungszustand des Fahrzeugs. Die Fahrzeugbewertung erfolgt in Form von Noten von 1 bis 5, die zuletzt 2007 von Classic Data überarbeitet wurden.
Makelloser Zustand. Keinerlei Mängel an Technik, Optik und Historie. Ein (dokumentiert!) originales Fahrzeug der absoluten Spitzenklasse. Oder ein komplett und perfekt restauriertes Spitzenfahrzeug im Zustand wie neu (oder besser). Sehr selten!
Die Anmerkung "oder besser" ist ein Hinweis auf die Möglichkeiten modernster Restaurierungsmethoden. Duch die heutigen technischen Möglichkeiten (Schweißarbeiten, computergestützte Messtechniken) sowie den veränderten Materialien (Lack, Oberflächenveredelung) und einen umfangreichen Korrosionsschutz kann ein komplett restauriertes Fahrzeug den Zustand der Erstauslieferung übertreffen. Für Originalitätsliebhaber ist dies aber nicht erstrebenswert.
Entweder seltener, unrestaurierter Original-Zustand oder fachgerecht restauriert. Technisch und optisch mängelfrei, aber mit leichten (!) Gebrauchsspuren. Keine fehlenden oder zusätzlich montierten Teile. Ausnahme: Wenn es die StVZO verlangt.
Leider kommt es gerade bei der Note 2, immer wieder zu Missverständnissen, weil viele Anbieter - teils aus Berechnung und teils aus Unwissenheit - ihrem Wagen eine viel zu gute Note geben, die vermeintlich der Schulnote "gut" entsprechen soll. Klar ist unter Experten aber, dass der "Zustand 2" ein nahezu optimal erhaltenes Fahrzeug charakterisiert.
Gebrauchter Zustand. Normale Spuren der Jahre. Kleinere Mängel, aber voll fahrbereit und verkehrssicher. Keine Durchrostungen. Kein Reparaturstau und keine sofortigen Arbeiten notwendig. Nicht schön, aber gebrauchsfähig.
Verbrauchter Zustand, eventuell teilrestauriert. Nur bedingt fahrbereit. Sofortige Arbeiten notwendig zur erfolgreichen Abnahme gem. § 29 StVZO. Leichtere bis mittlere Durchrostungen. Fahrzeug komplett in den Baugruppen aber nicht zwingend unbeschädigt. Einige kleinere Teile können aber fehlen oder defekt sein. Aber: immer noch relativ leicht zu reparieren (bzw. restaurieren).
Nicht fahrbereit Schlecht restauriert bzw. teil- oder komplett zerlegt. Größere Investitionen nötig, da umfangreiche Arbeiten in allen Baugruppen erforderlich, aber grundsätzlich noch restaurierbar. Fehlende Teile, d.h. das Fahrzeug ist nicht zwingend komplett.
Wie auch bei Schulnoten sind "+" und "-" gestattet und üblich. Alle Noten müssen durch Sachverständigen-Gutachten belegt sein, und diese sollten möglichst aktuell sein. Im Zweifelsfall lieber ein neues Gutachten beauftragen bei den bekannten Prüf-Organisationen wie TÜV, Dekra, oder Classic Data.
Die Frage, ob ein Fahrzeug durch einen schweren Defekt (nicht fahrbereit) gleich um mehrere Noten fallen kann, ist umstritten. Im Zweifelsfall ist es besser, die notwendigen Reparaturkosten zu ermitteln, um sie dann vom Kaufpreis abzuziehen. Zugrunde gelegt wird dann der Marktwert ohne den wertmindernden Schaden.
Auf den Wert eines Fahrzeuges hat auch die Art der Restauration einen entscheidenden Einfluß. Je originalgetreuer, desto höher die Chance einer Wertsteigerung. Umfangreiche Recherchen stehen am Anfang, um eine
fachgerechte Wiederherstellung zu garantieren. Eine saubere Dokumentation macht die Arbeiten transparent, die richtige Philosophie (ob in “Concours-Qualität, Wiederherstellung der technischen Funktion oder Modifikationen, um die Sicherheit etwa bei historischen Rennen zu verbessern) beeinflusst die Wertsteigerung.
Entscheidend für die Originalität ist das richtige Fahrgestell. Matching Numbers (gleiche Nummern bei Motor und Chassis) sind bei Rennfahrzeugen weniger wichtig für den Wert als bei Strassen- und Sportwagen, weil bei Rennen und Grand Prix Veranstaltungen der Verschleiß höher war und während einer Saison auch leistungsgesteigerte Aggregate eingesetzt wurden. Wichtig: Dokumentierte Historie und Wartungsunterlagen des Fahrzeugs müssen langjährig und glaubhaft belegt sein.
Der Wert jedes Fahrzeuges wird durch seine Einzigartigkeit und Geschichte jedes einzelnen Automobils geprägt. Das gilt insbesondere für historische Rennwagen, bei denen Teilnahme, Erfolg an bedeutenden Rennen und bekannte Fahrer zählen, die sie bei solchen Veranstaltungen gesteuert haben. Entscheidend bei Vorbesitzern oder prominenten Fahrern für die Wertentwicklung ist die Beziehung zum Fahrzeug im Kontext mit der Geschichte von Markt, Marke und Fahrzeug.
Bei Oldtimern der Marken Porsche und Mercedes hat sich das Geschäft hingegen etwas beruhigt. Der HAGI-Index P, der den Markt für hochpreisige Porsche-Fahrzeug abbildet, sank im Februar um 1,09 Prozent gegenüber dem Vormonat, der HAGI-Index MBCI für Mercedes-Oldtimer sogar um 1,85 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat – die Preisentwicklung scheint hier vorerst an eine Decke gestoßen zu sein. Mercedes-Benz-Classic-Chef Bock ist dies durchaus recht: „Es scheint ein gewisser Realismus in den Markt zurückzukehren. Das mindert die Gefahr der Überhitzung.“
Die Bonhams-Auktion in Stuttgart wird zeigen, ob tatsächlich eine Trendwende beim Garagengold bevorstehet und der Markt wieder stärker von Käufern statt von den Anbietern bestimmt wird. Im vergangenen Jahr, bei der ersten Auktion dieser Art im Mercedes-Museum, waren von 47 angebotenen Fahrzeugen immerhin 35 zugeschlagen worden. Am Ende des Tages stand ein Erlös von über 12 Millionen Euro.
Dieses Jahr werden erneut 44 Fahrzeuge der Marken Mercedes und Benz aufgerufen, neben automobilen Young- und Oldtimern auch ein Mercedes-Damenrad von 1928 – taxiert wurde es auf einen Wert von mindestens 4.000 Euro. Die Autos sind deutlich teurer.
Montoya-Rennwagen wird versteigert
Zu den Highlights der Veranstaltung zählen neben jenem Mercedes 770 von 1931 ein Mercedes 370 S Roadster aus dem gleichen Jahr (500.000 Euro), ein Mercedes Kompressor-Cabriolet des Typs 540 K von 1938 (2 bis 2,5 Millionen Euro), mehrere Flügeltürer sowie ein Mercedes 300 SL Roadster von 1960 aus dem früheren Besitz des Ruhrbarons Alfried Krupp von Bohlen und Halbach – der schokoladenfarbene zweisitzige Sportwagen ist auf rund eine Million Euro taxiert.
Wer das Besondere sucht: Unter den Hammer kommt auch diesmal ein Rennwagen aus dem Bestand der Mercedes-Motorsportabteilung. Es handelt sich um ein Fahrzeug der C-Klasse, mit dem der spätere Formel-1-Pilot Juan-Pablo Montoya 1996 an der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft teilnahm. Wenigstens 350.000 Euro sollte einem Interessenten das Auto wert sein. „Gegenüber dem Vorjahr ist die Qualität der Fahrzeuge nochmals besser“, freut sich Bock.
Er erwartet entsprechend auch ein Auktionsergebnis, das deutlich über dem von 2014 liegt: „Alles andere wäre eine Enttäuschung.“ Und es wäre wohl auch ein schlechtes Omen für all jene, die Oldtimern primär als Spekulationsobjekt betrachten.