Oldtimerpreise steigen weiter Heiße Jagd auf Chromjuwelen

Ente, Käfer, 911er: Mit Oldtimern verbinden deren Besitzer oft schöne Erinnerungen an die eigene Jugend. Anleger sehen das Thema professionell, sie interessieren steigende Preise. Ein Ferrari beflügelt nun die Fantasie.

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Nur 39 Exemplare wurden vom Ferrari 250 GTO gebaut zwischen 1961 und 1964.  Quelle: REUTERS

Der seit Jahren laufende Hype um seltene Autoklassiker wird durch ein Rekordergebnis weiter befeuert. Ein Ferrari 250 GTO Berlinetta, der nur 39 mal gebaut wurde, ist nun vom Auktionshaus Bonhams im kalifornischen Pebble Beach für 38,1 Millionen Dollar versteigert worden. Experten hatten zuvor sogar Preise zwischen 50 und 75 Millionen Dollar für das Exemplar mit prominentem Vorbesitz und düsterer Historie für möglich gehalten.

Speziell Ferrari-Modelle haben allein im vergangenen Jahr um durchschnittlich 60 Prozent an Wert zugelegt, teilt die auf hochpreisige Classic Cars spezialisierte Historic Automobile Group International (HAGI) mit. Deren Oldtimer-Indizes weisen seit 1980 eine durchschnittliche Rendite von mehr als zwölf Prozent. Langfristig sind also vor allem hochpreisige historische Automobile ein renditeträchtiges Investment.

Der Oldtimermarkt in Daten und Fakten

Diesen Trend bestätigt Frank Wilke, Geschäftsführer von Classic Analytics: 2012 und 2013 stiegen die Durchschnittspreise für Oldtimer. Erst um vier, dann sogar um acht Prozent. Sie kennen seit vielen Jahren sowieso nur eine Richtung: steil nach oben, stellt Wilke fest, der mit seinem Team rund um den Globus Auktions- und Verkaufspreise von Oldtimern aus aller Herren Länder sammelt und analysiert.

Und parallel zu den steigenden Preisen bewegen sich die Zulassungszahlen. Nie war die Zahl verkehrstauglicher Oldtimer größer, sie betrug 2013 laut VDA rund 600.000, 450.000 sind angemeldet. Youngtimer sind sogar mehr als vier Millionen unterwegs. Autos im Alter zwischen 15 und 30 Jahren zählt das KBA sogar 6,6 Millionen in Deutschland.

Nicht nur in Pebble Beach, auch in Deutschland werden mittlerweile für besondere Autos Preise aufgerufen, die Oldtimerfans schwindelig machen. Auf der Stuttgarter Retro Classics wurde zu Jahresbeginn unter anderem ein Jaguar E-Type Roadster von 1963 für 199.000 Euro angeboten, eine 1969er Pagode (Mercedes SL) sollte mehr als 155.000 Euro kosten. „Der Markt wird immer noch von Angebot und Nachfrage geprägt“, sagt Wilke, „und Oldtimer wachsen nun mal nicht nach.“

Als Beispiel nennt er den nur 202 mal gebauten BMW Roadster 507. Bei diesem Modell, das sowieso nur selten zum Verkauf angeboten wird, ist die Nachfrage riesig, also steigen die Preise von Jahr zu Jahr. „Der Markt ist nicht künstlich aufgebläht“, sagt Wilke, „das gab es vielleicht mal in ganz kleinen Nischen in den 80er Jahren, heute nicht mehr.“

Young- und Oldtimer, bei denen sich der Einstieg noch lohnt

Das gilt auch für Ferraris. HAGI-Analyst Carl Christian Jancke ergänzt: „Bei historischen Modellen aus Maranello hat sich der Wertzuwachs inzwischen verlangsamt. Nachdem sie 2013 um mehr als 60 Prozent zulegten, ist bis einschließlich Juli „nur“ ein Wertzuwachs von rund elf Prozent festzustellen. Diese Entschleunigung ist sicherlich gesund für den Markt und wirkt einer möglichen Blasenbildung entgegen.“ 

Dass der Ankauf renditeträchtiger Edelkarossen für Laien enorme Risiken birgt, bewies zuletzt die Affäre um Kunstberater Helge Achenbach, der unter Verdacht steht, beim Ankauf von Oldtimern für den Aldi-Erben Berthold Albrecht in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Seit dem 10. Juni sitzt Achenbach wegen Verdacht auf Betrug und Urkundenfälschung in Untersuchungshaft.

Ihm wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, gegenüber dem mittlerweile verstorbenen Albrecht beim Kauf von insgesamt 15 Oldtimern für dessen Sammlung in einigen Fällen falsche Einkaufspreise angegeben und überhöhte Provisionen kassiert zu haben.  In einem Fall, so berichtet die Wirtschaftswoche, soll sich eine Differenz von vier Millionen Euro ergeben haben zwischen dem Betrag, den Achenbach für zwei Autos zahlte, und dem Betrag, den er Albrecht in Rechnung stellte. 

Einkauf als Risiko

Zwei Trends beobachten beide Analysten seit Jahren auf dem Oldtimer-Markt: Einerseits gibt es den Investment-Trend in Sachwerte auszuweichen. Darunter fallen zum Beispiel die Auktionen, in denen seltene Fahrzeuge, wie der Flügeltürer Mercedes 300 SL, extrem hohe Preise erzielen.

Auf der anderen Seite des Oldtimer-Booms stehen die echten Enthusiasten. Sie geben im Schnitt für ein Fahrzeug weniger als 20.000 Euro aus. Ein reines Liebhaberhobby, ist doch kein exorbitanter Wertzuwachs erkennbar: In der Regel kompensiert er nicht einmal die stetig anfallenden Wartungs- und Erhaltungskosten. HAGI-Experte Jancke nennt einen Preis von 150.000 bis 200.000 Euro pro Fahrzeug, bei dem Liebhaberei endet und Investment beginnt.

Dass bei der jüngsten Bonhams-Versteigerung von zehn Fahrzeugen aus der Violati-Sammlung keine absoluten Spitzenpreise erzielt wurden, führt Jancke auch auf den Zustand der Autos zurück, von denen einige es nicht aus eigener Kraft auf den roten Teppich schafften. Auf die neuen GTO-Eigentümer warte die ein oder andere Teilrestauration unter dem Blech, sagt Jancke. „Als Museumsautos wurden sie mehr poliert als gefahren und das bekommt keinem Auto gut.“

Beim Oldtimerkauf spielen eben die Emotionen eine wichtige Rolle. Für den einen kommen die erst bei einem seltenen Ferrari-Boliden auf, für andere tut es schon ein Golf GTI der ersten Generation, die „Ente“ aus seligen Studentenzeiten oder ein 911er-Porsche der wilden 70er.

Oldtimer und ihre Bewertung

Mit Oldtimern verbinden die Besitzer oft schöne Erinnerungen an die eigene Jugend. Finanzstarke alte Herren, für die ein echter Klassiker noch aus der Vorkriegszeit stammen muss, danken nach Ansicht von Branchenfachmann Wilke allerdings langsam aber sicher ab. „Jetzt kommen eher die Lifestyle-Leute“, sagt des Classics Analytics-Geschäftsführer.

Heute seien viele Fans nicht mehr 70 Jahre alt, sondern nur gut über 40 - beruflich erfolgreich natürlich -, und sie kämen nicht mehr im Zweireiher, sondern mit Designerjeans und teurer Armbanduhr. Der Trendwechsel wirke sich auch auf die Wahl der Autos aus. Ganz alte und kaum alltagstaugliche Fahrzeuge würden weniger nachgefragt. „80 Sekunden von Null auf 100 und Seilzugbremse - das ist nicht mehr gewünscht.“

Im Durchschnitt lässt sich der Deutsche seinen Oldtimer auch nur einen Bruchteil des eingangs genannten GTO kosten, nämlich rund 15.000 Euro in der Anschaffung.

Bei der Frage, welche Modelle sich künftig wertmäßig wohl am besten entwickeln, gibt es auch von den Experten weder sichere Antworten noch risikofreie Geheimtipps. Das zumindest hat der Oldtimermarkt mit der Börse gemeinsam.

Als grobe Richtlinie kann allenfalls gelten, dass offene Sportwagen renommierter Hersteller stärker gefragter sind als die jeweils geschlossenen Versionen. Coupés schlagen außerdem Kombis. Ausnahmen bestätigen diese Regeln.

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