Opel und PSA Tavares will "deutsche Qualität" neben Peugeot und Citroën

PSA-Chef Carlos Tavares will Opel als deutsches Unternehmen erhalten. Auch die Führung könnte bleiben - sofern sie ehrgeizigen Ziele der Franzosen erfüllt. Für Nostalgie lässt der ehemalige Manta-Fahrer keinen Platz.

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PSA-Chef Carlos Tavares: Was hat dieser Mann mit Opel vor? Quelle: REUTERS

Carlos Tavares kann sich noch genau erinnern: "Mit einem Opel Manta bin ich aufgewachsen", erzählt der Chef des französischen Autoherstellers PSA, der nun die deutsche GM-Tochter und ihre britische Schwester Vauxhall übernehmen will, am Donnerstag im Kreis deutscher Journalisten. „Das war unser Familienauto. Ein Opel Manta Coupé 1,9 Liter mit einem schwarzen Vinyldach.“ Den letzten Wagen seines Vaters, einen Opel Astra, behielt Tavares sogar einige Jahre nach dessen Tod als Erinnerungsstück.

Doch wer glaubt, Jugenderinnerungen aus seinem Geburtsland Portugal oder nostalgische Gefühle könnten den Automanager zur Nachgiebigkeit bei den Verhandlungen über den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Effizienz der Werke verleiten, den holt Tavares schnell aus solchen Träumen zurück in die wenig romantische Wirklichkeit. „Opel verbrennt seit zehn Jahren jedes Jahr eine Milliarde Euro. Die Mitarbeiter dort wissen selbst sehr gut, dass es so nicht weitergehen kann. Dieses Unternehmen braucht Hilfe. Das Geldverbrennen kann nicht ewig andauern.“

Tavares spricht aus Erfahrung. Als er am 1. Januar 2014 die Führung bei PSA übernahm, war das Unternehmen dem Bankrott nahe. Allein im Geschäftsjahr 2012 hatte der französische Hersteller einen Rekordverlust von fünf Milliarden Euro eingefahren. Schon 2015 machte das Unternehmen wieder Gewinn. Für 2016 präsentierte der PSA-Chef an diesem Donnerstag ein operatives Ergebnis von 3,23 Milliarden Euro für die Gruppe. Davon entfielen 2,22 Milliarden Euro auf die Automobilsparte. Das waren 19 Prozent mehr als im Vorjahr. In der Kasse lagen Ende Dezember mehr als sechs Milliarden Euro.

Wie wenig Opel noch in Opel ist
Opel Adam Quelle: Opel
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Opel Mokka X Quelle: Opel
Opel Ampera-e Quelle: Opel
Opel Astra Quelle: Opel
Opel Cascada Quelle: Opel

"Ich bin ein Wettkämpfer, ein Sportler", sagt der Hobby-Rennfahrer. Deshalb hat Tavares zugesagt, im Fall einer Übernahme die aktuellen Bestandsgarantien für die deutschen Opel-Werke zu respektieren. Manche bestehen bis 2018, andere bis 2020. Um eine harte Sanierung wird das Unternehmen trotzdem nicht herum kommen, auch das macht Tavares klar. Opel soll auf dasselbe Effizienz-Niveau gebracht werden, das PSA nach der Beinahe-Pleite von 2013 erreicht hat. Vor ein paar Jahren noch, erinnert Tavares, habe das Verhältnis von Löhnen und Umsatz bei PSA noch bei 15 Prozent gelegen. 2016 war es auf 11,4 Prozent gesunken. Das Ziel sind elf Prozent. „Wir sind dabei, der effizienteste Autohersteller zu werden.“ Seit 2013 kommt PSA aber auch mit 17.000 Mitarbeitern weniger aus.

Hintergründe zur PSA Group

Aus diesem Grund ist auch das Mitgefühl der französischen Arbeitnehmervertreter mit den Opelanern begrenzt. Die ersten öffentlichen Anmerkungen lassen harte Verteilungskämpfe vermuten: „Opel verliert seit 16 Jahren an Rentabilität, und GM will das Unternehmen los werden,“ sagt etwa Christine Virassamy von der Gewerkschaft CFDT. „Wir befürchten, dass dies für uns eine schwere Belastung werden könnte.“ Weiteres Entgegenkommen der französischen Gewerkschaften sei nach den Zugeständnissen der vergangenen Jahre nicht zu erwarten. Auch Kollege Christian Lafaye von der Gewerkschaft Force Ouvrière (FO) stellt eine Bedingung für den Kauf: „Die PSA-Fabriken in Frankreich dürfen nicht kannibalisiert werden.“

 

Opel als deutsche Alternative

Den Franzosen geht es in erster Linie darum, auf dem Weltmarkt mit einer deutschen Marke im Portfolio zu konkurrieren. Wirtschafts- und Finanzminister Michel Sapin, der sich am Donnerstagnachmittag mit seiner Kollegin Brigitte Zypries in Paris traf, ist „deutsche Qualität“ bei PSA sogar so wichtig, dass er für die beiden Wörter bei der anschließenden Pressekonferenz kurz sogar in die deutsche Sprache wechselte. Der französische Staat ist mit knapp 14 Prozent Anteilseigner bei dem Autohersteller.

Was Opel im Angebot hat
Opel Quelle: Opel
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Opel Quelle: Opel
Opel Quelle: Opel
Opel Quelle: Opel
Opel Quelle: Opel
Opel Quelle: Opel

Auch PSA-Chef Tavares geht das Thema sehr realistisch an. Man könne es drehen und wenden wie man wolle, sagt er. „In einigen Märkten sind die Kunden nicht bereit, französische Marken zu kaufen.“ Deshalb wolle er denen eine deutsche Alternative bieten. „Der Kauf ist nur sinnvoll, wenn wir Opel als deutsches Unternehmen erhalten. Als deutsche Marke, mit deutscher Ingenieurtechnik, als Ergänzung zu den französischen Marken.“ Unter dieser Maßgabe könne der Zusammenschluss zu einer „bedeutenden Wertsteigerung“ für die vereinten Unternehmen führen. „Wir sind schwach in Deutschland und in gewissem Maß auch in Großbritannien. In diesen Märkten sind Opel und Vauxhall ziemlich stark.“

Dazu müsse er nicht einmal unbedingt das Opel-Management austauschen, schickt er einen freundschaftlichen Gruß nach Rüsselsheim. „Vor vier Jahren war PSA in derselben Lage wie Opel heute. Von den 16 aktuellen Vorstandsmitgliedern bei PSA kamen in der Zwischenzeit nur drei oder vier von außerhalb. Der große Rest war schon dabei, als PSA beinahe bankrott war.“

Opels Produktionsstandorte in Europa

Tavares schließt auch nicht aus, Opel-Modelle außerhalb von Westeuropa zu verkaufen. Was unter dem Dach von GM bisher nicht möglich ist, nämlich die Marke mit dem Blitz auch auf die Straßen in den USA und Südamerika zu schicken, sei durchaus möglich, „wenn PSA das Sagen hat. Wir haben keinen Grund, Opel davon abzuhalten, nach Übersee zu gehen.“ Auch mit der E-Auto-Technik eines Opel Ampera, die von GM in den USA entwickelt wurde? Das ist noch nicht geklärt, lässt Tavares durchblicken - gibt sich aber extrem selbstbewusst bei dem Thema. Er brauche keine E-Technologie made in USA. „Die Technologie haben wir selbst. Von 80 Prozent aller wichtigen PSA-Modelle wird es bis 2023 eine E-Version geben.“

Die geplante Opel-Autonomie ist aus Sicht der deutschen Führung Vorteil und Nachteil zugleich. Wie bei PSA, wo Tavares’ Vorgänger Philippe Varin noch Werkschließungen und den Abbau tausender Stellen verfügte, will der PSA-Chef die anstehende Sanierungsarbeit nicht aus Paris diktieren, sondern den deutschen Managern überlassen. „Der Turnaround muss von innen kommen,“ fordert er. „Das Opel-Team kann mit Vorschlägen kommen. PSA wird Unterstützung geben und einige Benchmarks vorlegen, die man in Deutschland heute noch nicht kennt.“ Die Maßstäbe, an denen sich Opel messen lassen muss, haben es allerdings in sich. Kindheitserinnerungen hin oder her.

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