Porsche-Entwickler "911 als Hybrid bis Ende des Jahrzehnts"

Auch vor Sportwagen machen die CO2-Regeln nicht Halt. Im Boxster gibt es nur noch Vierzylinder. Um die Sportwagen-Ikone 911 fit für künftige Abgasnormen zu machen, setzt Porsche auf ein anderes Konzept – Elektromotoren.

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Der einzig wahre Turbo
Er ist seit Jahren das Topmodell der 911-Baureihe: der Porsche 911 turbo. Seit der aktuellen Baureihe hat Porsche noch eins draufgelegt, den turbo S. Beide Varianten haben jetzt die jüngste Modellpflege erhalten und – fast schon selbstverständlich – nochmals an Leistung und Perfomance zugelegt. Nötig gewesen wäre das wohl kaum, mit 520 und 560 PS standen beide Modelle bereits gut im Futter. Quelle: Porsche
Die neuen Top-Modelle der Baureihe 991 II, wie der überarbeitete 911 intern heißt, bringen im Falle des Turbo 540 PS und beim Turbo S 580 PS auf die Straße. Da kommt die Leistung auch wirklich an – das nochmals überarbeitete Allrad-System sorgt für eine enorme Traktion. Quelle: Porsche
Die neuen Turbos auf das Leistungsplus zu beschränken, würde dem Update aber nicht gerecht. Um sich von den ebenfalls zwangsbeatmeten Carrera und Carrera S mit 3,0 Litern Hubraum abzuheben, bleibt es beim Turbo bei 3,8 Litern – beim S-Modell hat Porsche zudem einen größeren Verdichter eingebaut. Leistungstechnisch gab es außer einem erhöhten Einspritzdruck kaum etwas zu verbessern, deshalb haben sich die Ingenieure der Fahrbarkeit des Boxermotors angenommen. Quelle: Porsche
Dabei stand die aktive Boost-Funktion im Fokus: Im Sport- und Sport-Plus-Modus wird mit einem kleinen Trick das Ansprechverhalten der Lader verbessert. Bei schnellen Lastwechseln bleiben die Drosselklappen offen, das Gas wird in diesem Moment nur über die Einspritzmenge und den Zündzeitpunkt gesteuert. Die offene Drosselklappe sorgt aber für einen konstanten Luftstrom am Turbolader, der somit weiter läuft und den Ladedruck so hoch hält. Das Ergebnis: Das Turboloch ist nicht einmal mehr zu erahnen, die Verzögerung beim Ansprechen gleich null. Quelle: Porsche
Auf der ehemaligen Formel-1-Strecke im südafrikanischen Kyalami bei Johannesburg, wo Porsche die Turbo-Modelle vorgestellt hat, ließ sich der Effekt des aktiven Boosts aber kaum herausfahren – im Verlauf der hügeligen Strecke gibt es kaum schnelle Lastwechsel, die Kurven sind viel weitläufiger als auf einer Landstraße. Eine enge Schikane fehlt ebenfalls. Dafür konnte der in "Lava Orange" lackierte Turbo S in Kyalami eine andere Stärke ausspielen: Die schon fast unheimliche Traktion seines Allrads. Quelle: Porsche
Mit all er Elektronik von Motor, Allrad, Getriebe, Fahrwerk und Lenkung lässt sich der 1,6 Tonnen schwere Sportwagen erstaunlich handlich auf der Rennstrecke bewegen – aktive Motorlager, Hinterachslenkung, Wankausgleich, aktive Spoiler vorne und hinten und Torque Vectoring machen es möglich. Beim Turbo S gehört das fast alles zur Serienausstattung, beim Turbo sind Systeme wie die Hinterachslenkung gegen Aufpreis erhältlich. Die aufwändige Technik und die enorme Leistung können aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach den wenigen Kilometern auf dem Kyalami Grand Prix Circuit Linienwahl und Bremspunkt des Fahrers entscheidender für eine gute Rundenzeit sind als etwa der 40-PS-Unterschied zwischen einem Turbo und einem Turbo S. Quelle: Porsche
Verzögert wird beim Turbo S ab Werk mit den Hochleistungs-Keramikbremsen Porsche Ceramic Composite Brakes (PCCB). Beim Turbo muss noch ein 9186,60 Euro teures Kreuzchen gemacht werden, um in den Genuss der Keramikbremse zu kommen – ansonsten wird konventionell mit Stahl verzögert. Quelle: Porsche

WirtschaftsWoche: Bei Sportwagen und Porsche denkt man an den 911. Wie stark wird der 911 mit seinem Heckmotor auch weitere Sportwagen von Porsche prägen?
Michael Steiner: Natürlich denken viele an den 911er – und das ist auch richtig so. Der 911er ist unser Markenkern, unsere Ikone. Er ist weltweit einzigartig, kein anderer Sportwagen mit solchen kompakten Abmessungen bietet ein 2+2-Sitzkonzept.
Das funktioniert nur mit dem Heckmotor. Außerdem trägt es zu dem unverwechselbaren Design bei. Selbstverständlich schauen wir uns das Konzept regelmäßig an und prüfen, ob und wie wir es weiterentwickeln.

Welche Möglichkeiten bietet das Heckmotor-Konzept in Hinblick auf Hybride und eine Elektro-Variante?
Wenn Sie sich den Elfer anschauen und dort noch eine Batterie möglichst günstig für den Schwerpunkt tief im Fahrzeug einbauen wollen, wird schnell klar, wie eng der Platz ist. Die Batterietechnologie entwickelt sich zu unserer Freude rasant weiter. Deshalb beschäftigen wir uns sehr genau mit der Frage, wann der richtige Zeitpunkt für eine Elektrifizierung des 911er ist. Uns schwebt eher ein Hybridkonzept wie beim 918 Spyder vor als ein reiner Elektro-Elfer.

Michael Steiner ist Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeug/Qualität bei Porsche. Quelle: Porsche

Wie schnell kommt dieser Zeitpunkt?
Der Zeithorizont, in dem wir diesen Schritt für möglich halten, ist nicht mehr weit weg – wenn sich die Technologie so weiter entwickelt. Dann könnten wir die Vorteile der hochdrehenden Sportmotoren mit der Spontanität und dem Drehmoment der Elektromotoren kombinieren, so dass sich das Gesamtkonzept des 911 wie wir finden sehr positiv weiterentwickeln lässt. Aus heutiger Sicht wäre dies zum Ende dieses Jahrzehnts denkbar.

Zur Person

Wie passen eine schwere Batterie und die Fahrdynamik eines Sportwagens zusammen?
Bei unserem Le-Mans-Siegerauto 919 Hybrid haben wir gesehen, dass eine hochentwickelte Batterie ihr Zusatzgewicht mit einem überragenden Leistungsplus selbst unter extremen Motorsport-Bedingungen mehr als ausgleichen kann. Das lässt sich auch bei unseren Straßen-Supersportwagen beobachten: Beim Carrera GT ohne Hybrid spüren Sie womöglich etwas mehr Leichtigkeit in den Kurven, mit dem 918 Spyder sind Sie dennoch in jeder Lebenslage dramatisch schneller. Gewichtseitig ist die Batterie eine große Herausforderung, aber sicher kein KO-Kriterium in einem Sportwagen.

Technische Hintergründe zu Akkus

Die Kurvengeschwindigkeiten in einem heutigen 911 sind für ein Straßenauto bereits enorm. Welches Potenzial bietet künftig noch das Fahrwerk? Oder wird der Sportwagen noch stärker über den Antrieb definiert?
Die reine Längsdynamik – sprich beschleunigen und bremsen – gibt es heute auch in ganz anderen Fahrzeugkonzepten. Bei der Querdynamik, also den Kurvengeschwindigkeiten, haben wir über alle Jahre immer wieder Fortschritte erzielt – zum Beispiel der aktive Wankausgleich, die Allradlenkung im 911 oder das Torque Vectoring. Sie können sicher sein, dass wir auch bei einem Hybrid alles tun werden, um das Bestmögliche aus dem Fahrwerk herauszuholen. Wir sind uns sicher, dass wir uns hier vom Wettbewerb abheben können – auch morgen. An dieser Stelle kann ich aber nicht weiter ins Detail gehen, um nicht zu viel zu verraten.

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