Porsche-Prozess Staatsanwaltschaft mit Startschwierigkeiten

Das Urteil im Strafprozess gegen die Ex-Porsche-Manager ist ein Freispruch erster Güte – ohne Wenn und Aber. Doch Zweifel bleiben. Die nächste Instanz sollte Klarheit bringen.

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Porsche-Prozess. Quelle: dpa

Wenn man den Verteidigern glauben darf, dann ist dies das Urteil, mit dem sie immer gerechnet haben – vor dem Prozess aufgrund der Aktenlage und nach dem Prozess, in dem kaum ein Zeuge die Sicht der Staatsanwaltschaft bestätigte, sowieso. Aber auch aus Kreisen der Staatsanwaltschaft ist zu hören, dass sie der Prozessverlauf und das Ergebnis nicht wirklich überrascht.

Denn: Fast alle Zeugen waren Teil des Porsche-Teams, das Volkswagen damals angriff. Das ist logisch, denn dort muss man heute nachfragen, wenn man wissen will, was die Ex-Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter damals hinter den Kulissen so trieben. Doch ebenso logisch ist, dass das Team noch heute also solches funktioniert. Es verneint geschlossen irgendwelche Straftaten. Jeder für sich aus Selbstschutz – oder eben weil es keine gab. Wer weiß.
Das Gericht hat sich für letzteres entschieden. Doch es ist das Urteil eines Gerichtes, das zu diesem Prozess gezwungen werden musste. Nachdem die Staatsanwaltschaft aufgrund jahrelanger Ermittlungen schließlich Anklage erhob, lehnte das Landgericht Stuttgart die Eröffnung des Verfahrens ab, weil die Beweislage zu dünn sei. Das Oberlandesgericht kassierte diese Entscheidung und kritisierte das Gericht scharf. Es zwang das Landgericht zum Prozess. Eben dieses Gericht entschied sich nun für den Freispruch – hoffentlich nicht, weil es beweisen wollte, dass die ursprüngliche Entscheidung, das Verfahren nicht zuzulassen, rechtens war. Diesen Eindruck machte die Kammer im Verfahren zumindest nicht.

Wirkliche Überraschungen gelangen im Verfahren dagegen der Staatsanwaltschaft. Über weite Strecken des Verfahrens zeigten die Staatsanwälte bei Zeugenbefragungen keinen Biss, oft noch nicht mal echtes Interesse. Merkwürdig – hatten die Staatsanwälte doch Jahre auf ihre Recherchen verwendet und waren dann mit dem Rückenwind des Oberlandesgerichts-Entscheids in das Verfahren gestartet.

Erst gegen Ende des Prozesses, als niemand mehr damit rechnete, drehten die Staatsanwälte auf. Sie verlangten, Wiedeking und Härter für über zwei Jahre ins Gefängnis zu stecken und forderten eine hohe Geldstrafe für Porsche. In seinem Plädoyer teilte einer der beiden Staatsanwälte mächtig aus, sachlich fundiert, aber auch erkennbar wütend, ironisch, zynisch – weil er erkannte, dass er diesen Prozess ohnehin nicht mehr gewinnen kann oder weil ihn die vermuteten Vergehen derart empörten. Wer weiß.

Offiziell hat die Staatsanwaltschaft noch nicht entschieden, ob sie das Urteil akzeptiert oder in Revision geht. Wegen grundsätzlicher aktienrechtlicher Bedeutung müsse das Verfahren so oder so höchstrichterlich entschieden werde, das war bislang die Position der Staatsanwaltschaft.

Nach dem glasklaren Freispruch könnten die Staatsanwälte das nochmal ernsthaft überdenken – oder aber erst recht die nächste Instanz anrufen, weil ein so flammendes Plädoyer und ein so pauschaler Freispruch nicht einfach nebeneinander stehen bleiben können.

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