Porsche-Prozess Der Aufmarsch der Ahnungslosen

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Wirtschafts-Anwalt von Bülow: Wissenslücken

Der Banker, dem vor lauter Unwohlsein völlig entfallen war, was das wichtigste Ziel des wichtigsten Kunden der Bank war, wurde im Prozess noch übertroffen von Christoph von Bülow, promovierter Rechtsanwalt, Experte für Unternehmensübernahmen und einstiger Rechtsberater von Wiedeking. Er vergaß vor Gericht scheinbar nicht nur, zu welchen Zeitpunkten Porsche seine Anteile an VW aufstocken wollte – sprich: den Kern der Strategie, mit der er sich jahrelang befasst hatte und womit er im Mittelpunkt einer der heißesten Übernahmeschlachten aller Zeiten stand.

Mit diesen Erinnerungen legte er offenbar auch gleich noch sein Erst-Semester-Wissen in Kapitalmarktrecht ab: Er wusste nicht mehr, wann bei Übernahmen der Kapitalmarkt informiert werden muss. Wenn man 25 Prozent eines Unternehmens erworben hat? Und dann bei einer Schwelle von 50 Prozent? Oder 75 Prozent?

Porsche und die Hedgefonds

Wann Porsche 75 Prozent an VW erwerben wollte, ist nicht weniger als die Kernfrage des Porsche-Prozesses. Der Vorsitzende Richter geht mit von Bülow deshalb interne Porsche-Dokumente durch, die darüber Aufschluss geben könnten, und fragt ihn: „Unter der Überschrift ‚Weiterer Beteiligungsaufbau‘ ist es der dritte Bulletpoint: ‚Oktober soll die Beteiligung‘ und den letzten Satz: ‚Bis Januar...‘

Zeuge: Genau, das wäre die 50-Prozent-Schwelle. Die nächste Meldeschwelle war bei 50 Prozent. (...)

Richter: Schauen Sie sich einmal den Satz davor an. Welche Meldeschwelle?

Zeuge: Macht keinen Sinn… Ach so… Es gab keine Meldeschwelle. Ich habe das Protokoll auch nicht geschrieben. Es gibt keine Meldeschwelle zwischen 25 und 50 Prozent. (…) Es sind auch keine Meldungen erfolgt. Sie müssen bei 25 Prozent melden und bei 50 Prozent melden…. Ich habe das Protokoll auch nicht zu verantworten.

Der einzig wahre Turbo
Er ist seit Jahren das Topmodell der 911-Baureihe: der Porsche 911 turbo. Seit der aktuellen Baureihe hat Porsche noch eins draufgelegt, den turbo S. Beide Varianten haben jetzt die jüngste Modellpflege erhalten und – fast schon selbstverständlich – nochmals an Leistung und Perfomance zugelegt. Nötig gewesen wäre das wohl kaum, mit 520 und 560 PS standen beide Modelle bereits gut im Futter. Quelle: Porsche
Die neuen Top-Modelle der Baureihe 991 II, wie der überarbeitete 911 intern heißt, bringen im Falle des Turbo 540 PS und beim Turbo S 580 PS auf die Straße. Da kommt die Leistung auch wirklich an – das nochmals überarbeitete Allrad-System sorgt für eine enorme Traktion. Quelle: Porsche
Die neuen Turbos auf das Leistungsplus zu beschränken, würde dem Update aber nicht gerecht. Um sich von den ebenfalls zwangsbeatmeten Carrera und Carrera S mit 3,0 Litern Hubraum abzuheben, bleibt es beim Turbo bei 3,8 Litern – beim S-Modell hat Porsche zudem einen größeren Verdichter eingebaut. Leistungstechnisch gab es außer einem erhöhten Einspritzdruck kaum etwas zu verbessern, deshalb haben sich die Ingenieure der Fahrbarkeit des Boxermotors angenommen. Quelle: Porsche
Dabei stand die aktive Boost-Funktion im Fokus: Im Sport- und Sport-Plus-Modus wird mit einem kleinen Trick das Ansprechverhalten der Lader verbessert. Bei schnellen Lastwechseln bleiben die Drosselklappen offen, das Gas wird in diesem Moment nur über die Einspritzmenge und den Zündzeitpunkt gesteuert. Die offene Drosselklappe sorgt aber für einen konstanten Luftstrom am Turbolader, der somit weiter läuft und den Ladedruck so hoch hält. Das Ergebnis: Das Turboloch ist nicht einmal mehr zu erahnen, die Verzögerung beim Ansprechen gleich null. Quelle: Porsche
Auf der ehemaligen Formel-1-Strecke im südafrikanischen Kyalami bei Johannesburg, wo Porsche die Turbo-Modelle vorgestellt hat, ließ sich der Effekt des aktiven Boosts aber kaum herausfahren – im Verlauf der hügeligen Strecke gibt es kaum schnelle Lastwechsel, die Kurven sind viel weitläufiger als auf einer Landstraße. Eine enge Schikane fehlt ebenfalls. Dafür konnte der in "Lava Orange" lackierte Turbo S in Kyalami eine andere Stärke ausspielen: Die schon fast unheimliche Traktion seines Allrads. Quelle: Porsche
Mit all er Elektronik von Motor, Allrad, Getriebe, Fahrwerk und Lenkung lässt sich der 1,6 Tonnen schwere Sportwagen erstaunlich handlich auf der Rennstrecke bewegen – aktive Motorlager, Hinterachslenkung, Wankausgleich, aktive Spoiler vorne und hinten und Torque Vectoring machen es möglich. Beim Turbo S gehört das fast alles zur Serienausstattung, beim Turbo sind Systeme wie die Hinterachslenkung gegen Aufpreis erhältlich. Die aufwändige Technik und die enorme Leistung können aber auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach den wenigen Kilometern auf dem Kyalami Grand Prix Circuit Linienwahl und Bremspunkt des Fahrers entscheidender für eine gute Rundenzeit sind als etwa der 40-PS-Unterschied zwischen einem Turbo und einem Turbo S. Quelle: Porsche
Verzögert wird beim Turbo S ab Werk mit den Hochleistungs-Keramikbremsen Porsche Ceramic Composite Brakes (PCCB). Beim Turbo muss noch ein 9186,60 Euro teures Kreuzchen gemacht werden, um in den Genuss der Keramikbremse zu kommen – ansonsten wird konventionell mit Stahl verzögert. Quelle: Porsche

Richter: Wenn wir Meldeschwellen aus dem Wertpapierhandelsgesetz in Bezug auf 75 Prozent in den Blick nehmen, könnten die damit gemeint sein?

Zeuge: Jetzt erwischen Sie mich auf dem ganz falschen Fuß. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob es im Paragraph 21 die 75-Prozent-Schwelle gibt.

Richter (zitiert das Gesetz): „Wer durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 Prozent, 5 Prozent, 10 Prozent, 15 Prozent, 20 Prozent, 25 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent der Stimmrechte...“

Zeuge: Okay, ja.

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