Jetzt haben wir schon einen weiten Blick in die Zukunft gewagt. Machen wir nochmal einen Schritt zurück. Porsche ist in den vergangenen fünf Jahren enorm gewachsen. Umsatz, Absatz und Gewinn haben sich mehr als verdoppelt. Die magische Marke von 200.000 ausgelieferten Fahrzeugen haben Sie übersprungen. Mit wie viel Wachstum rechnen Sie mittelfristig?
Blume: Wir rechnen für die nächsten Jahre mit einer Konsolidierung – also keine zweistelligen Zuwächse, sondern ein moderates, wertschaffendes Wachstum. Das ist nur logisch, schließlich haben wir in dieser Zeit keine neue Baureihe geplant. Und wir machen das Unternehmen wetterfest für die Zukunft. Wir werden große Investitionen anpacken. Damit das funktioniert, müssen wir jetzt die Organisation an das schnelle Wachstum der vergangenen Jahre anpassen.
Zu den großen Investitionen gehört das schon angesprochene neue Modell Mission E. Sie haben sich für eine Förderung der Ladeinfrastruktur ausgesprochen. Würden Sie auch selbst ein Netz von Schnelladesäulen aufbauen, wenn der Staat nichts dazu gibt?
Blume: Für den Erfolg der E-Mobilität gibt es zwei wesentliche Faktoren: Erstens: Das Produkt. Es muss preislich attraktiv sein und genug Reichweite bieten. Zweitens: Die Lade-Infrastruktur muss da sein. Aus Sicht von Porsche hat die Infrastruktur Priorität eins – Kaufanreize haben für Volumenhersteller eine höhere Bedeutung. Beide Instrumente sind geeignet, E-Mobilität anzukurbeln.
Schnellladesäulen sind sehr wichtig, weil sie die Attraktivität der Fahrzeuge steigern. Gerade wenn es um lange Autobahnfahrten geht. 15 Minuten Kaffeepause und der Akku ist wieder voll, das ist akzeptabel – zwei bis drei Stunden Warten behindert einfach zu stark. Deshalb würden wir uns sehr freuen, wenn die Bundesregierung beide Themen aufnimmt. Und wir leisten unseren Beitrag.
Können Sie sich einen Zusammenschluss mit anderen Herstellern vorstellen, um eine Schnelladeinfrastruktur aufzubauen?
Blume: Das schließe ich nicht aus. Wir sprechen auch mit anderen Herstellern. Das Thema betrifft uns schließlich alle und zwar weltweit.
Elektroautos, schwächeres Wachstum – die nächsten Jahre stehen demnach ganz im Zeichen der Veränderung. Wie nehmen Sie die Mitarbeiter auf dieser Reise mit?
Blume: Mir ist wichtig, dass jeder, der bei Porsche arbeitet, in die Entscheidungs- und Strategieprozesse eingebunden wird. Das erhöht die Identifikation. Genauso wichtig ist mir eine Führung, die auf Wertschätzung beruht. Da gilt für mich der Grundsatz: Behandle die Menschen so, wie du selbst auch behandelt werden möchtest. Das ist die größte Motivation.
Matthias Müller über...
"VW hat die Lage im Griff und wird die Krise aus eigener Kraft bewältigen."
"Werden es nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt. Im Gegenteil: Wir nutzen sie als Katalysator für den Wandel, den Volkswagen braucht."
"Ein Unternehmen unserer Größe kann nicht mit den Strukturen von gestern gesteuert werden. Schon gar nicht in unserem Umfeld, das sich so schnell ändert."
"Unsere wichtigste Währung sind nicht Stückzahlen oder operative Kennzahlen, sondern Vertrauen in Unternehmen und Produkte."
"Wir haben keinerlei Veranlassung von unserer im Oktober angepassten Jahresprognose abzurücken."
"Wir werden alles streichen und verschieben, was jetzt nicht zwingend notwendig ist. Wir werden uns aber sicher nicht kaputt sparen."
"Überlegungen, einzelne Konzernteile zu verkaufen, stellen wir derzeit nicht an. Zu keiner Sekunde."
"Natürlich ist das Image des Diesels beschädigt."
"Just do it."
Einbeziehung und Wertschätzung – hat das bisher nicht stattgefunden?
Blume: Doch natürlich. Damit es da keine Missverständnisse gibt: Das ist der entscheidende Faktor, warum Porsche in den vergangenen fünf Jahren so erfolgreich gewachsen ist. Herr Müller ist jemand, der diese Art Führung verkörpert und jetzt auch in den Volkswagenkonzern hineinträgt. Ich stehe für dieselben Werte.
Reimold: Zentral ist dabei auch, wie wir ansprechbar sind und wie wir kommunizieren. Ein Chef, der nur auf der Autobahn unterwegs und nie greifbar ist – das funktioniert nicht. Genauso müssen wir über unsere Erwartungen an die Mitarbeiter und über deren Erwartungen an uns sprechen. Das tun wir.
Hier in Genf haben Sie einen klassischen Sportwagen für Puristen auf der Bühne 911 R – auf der IAA war es die Elektro-Studie Mission E. Leidet der Markenkern unter diesem Spagat? Wie bekommen Sie neue und alte Antriebswelt unter einen Hut?
Blume: Beides zu kombinieren, wird für unsere Zukunft entscheidend sein. Das eine tun, das andere nicht lassen. Wenn wir über Mobilität der Zukunft sprechen, wird das bei Porsche niemals eine synthetische Mobilität sein, wo es nur noch um autonomes Fahren und Digitalisierung geht. Es geht immer auch um Spaß und Freude. Das werden wir miteinander kombinieren. Dabei gilt es, die Tradition von Porsche fortzuführen und die Porsche-Gene mit den zukünftigen Technologien zu verbinden. Wir wollen nutzen, was technologisch möglich und sinnvoll ist, aber die Emotion im Fahrzeug lassen.
Herr Blume, Herr Reimold, vielen Dank für das Gespräch.