Premium-Marke Genesis Wie Hyundai die deutschen Autobauer angreifen will

Toyota oder Honda haben sich bereits mit Lexus und Acura im deutschen Premium-Segment versucht – und wurden mit Erfolglosigkeit gestraft. Jetzt prescht Hyundai mit dem Genesis vor. Kann der Edel-Ableger es besser als die Konkurrenz?

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Lexus oder Infiniti bekommen als Nobelableger von Toyota und Nissan in unseren Breiten seit Jahr und Tag kein Rad auf den Boden. Trotzdem will Hyundai ab 2019 mit seiner eigenen Premiummarke Genesis auch in Europa die etablierten deutschen Hersteller Audi, Mercedes und BMW angreifen. Das hört sich nach einer wahren Herkulesaufgabe an. In deutschen Landen, bekanntlich dem härtesten Automarkt der Welt, soll es ab Ende 2019 einen weiteren Premiumhersteller geben. Der koreanische Hyundai-Konzern will es in der hauseigenen Automobilsparte nicht länger bei seinen beiden Volumenmarken Kia und Hyundai belassen. Nachdem der Markenstart von Genesis in Korea und den USA bereits vollbracht ist, nimmt das Unternehmen jetzt die beiden mächtigen Weltmärkte China und Europa ins Visier.

2018 wird die Basis gelegt; der Markteintritt soll Ende 2019 erfolgen. „Europa heißt für uns in erster Linie Deutschland, England und die Schweiz“, sagt Markenchef Manfred Fitzgerald, „wir wissen, dass es nicht leicht sein wird und bereiten uns daher entsprechend vor.“

Eine neue Premiummarke auf dem weithin gesättigten Europamarkt – und dann gleich in die deutsche Höhle des Löwen, wo bisher alle anderen Premiumversuche kläglich scheiterten? Genesis will die Fehler, die Nobelableger wie Lexus (Toyota), Infiniti (Nissan), Acura (Honda) oder Cadillac (General Motors) gemacht haben, nicht wiederholen und mindestens in die zweite Reihe springen, wo derzeit Hersteller wie Jaguar Land Rover oder Volvo und gegebenenfalls noch Alfa Romeo parken.

Wie Hyundai den Premium-Markt aufrollen will
Der Genesis G 80 wurde jüngst überarbeitet und soll sich gerade in den USA somit mehr gegen 5er BMW und Mercedes E-Klasse in Szene setzen können. Quelle: Presse
Der aufgeladene 3,3-Liter-V6 leistet 370 PS und macht den Koreaner bis zu 250 km/h schnell. Quelle: Presse
In den USA ist Genesis mit dem Oberklassemodell G80 und dem größeren G90 gestartet. Quelle: Presse
Der Genesis G80 Sport soll insbesondere den fahrdynamisch überlegenen 5er BMW unter Druck setzen, der gerade neu auf den Markt gekommen ist. Quelle: Presse
Die Bedienmodule an der Mittelkonsole sind betont klassisch – die alte Mercedes S-Klasse lässt grüßen. Quelle: Presse
Der Innenraum des G80 ist gefällig, aber von der alten Schule. Hier wird bis zur Premiere des neuen Genesis G80 in 2019 / 2020 einiges passieren. Quelle: Presse
Der Genesis G90 ist das Flaggschiff der noch kleinen Modellpalette. Das Topmodell wird von einem fünf Liter großen V8-Saugmotor angetrieben. Quelle: Presse

Die Verantwortlichen hinter der Marke mit dem vielsagenden Namen „Genesis“ (zu deutsch: Geburt / Entstehung) kennen den europäischen und insbesondere deutschen Markt bestens. Markenchef Manfred Fitzgerald hat zuvor lange Jahre die Geschicke von Lamborghini mitgeleitet, Chefdesigner Luc Dunckerwolke arbeitete davor im Volkswagenkonzern für Marken wie Lamborghini, Seat sowie Audi und Konzernchefdesigner Peter Schreyer war vor seiner Zeit 2006 eingeleiteten Zeit im Hyundai-Konzern ebenfalls lange Jahre im Hause Volkswagen. Er wohnt ebenso wie Dunckerwolke nach wie vor in Bayern und pendelt nach Südkorea.

Lexus: Top in den USA – Flop in Europa

Der europäische und insbesondere der deutsche Automarkt scheint für die Genesis-Verantwortlichen als verheißungsvolles Autoland, in dem Milch und Honig fließen, eine besondere Anziehungskraft zu haben. Sich zwischen Flensburg und Garmisch, Saarbrücken und Berlin mit Lokalmatadoren wie dem 5er BMW, Audi A4 oder der Mercedes S-Klasse messen zu wollen, ist eine Aufgabe, die über die Jahrzehnte viele andere Konzerne mit ihrem Markenportfolio gereizt hat. Bisher sind alle kläglich gescheitert.

Das gilt vor allem für Lexus. Seit Mitte der Neunzigerjahre ist der edle Markenfortsatz des Toyota-Konzerns auch in Europa auf dem Markt. Doch ein Durchmarsch, wie ab Ende der Achtzigerjahre in den USA, gab es hierzulande nicht – im Gegenteil. Die jährlichen Verkaufszahlen dümpelten deutschlandweit zumeist zwischen 2000 und 5000 Fahrzeugen vor sich hin. Dabei war das Echo auf den teuren Neuzugang aus Japan auch in Deutschland von Anfang an positiv. Bei Vergleichstests gewann der LS 400 mit seinem 180 kW/245 PS starken V8-Motor seinerzeit die Antriebswertung und manch ein Experte ließ sich angesichts der ebenso kraftvollen wie kultivierten Fahrleistungen der neuen Japan-Limousine zu poetischer Schwärmerei hinreißen. Der Preis für die Achtzylinder-Luxuslimousine lag damals bei stattlichen 87.650 Mark.

Hyundai in Deutschland

Drei Jahre nach dem Start in Deutschland schickten die Japaner mit dem Lexus GS eine weitere Luxus-Limousine in den Ring – mit gleichem Misserfolg. Ein kleiner Lexus lief 1998 vom Stapel – die Sportlimousine IS 200 mit Zweiliter-Reihensechszylinder und 155 PS. Ende 2000 konnten die damals 45 deutschen Lexushändler mit dem RX 300 die SUV-Ära einläuten und 2005 brachten die Japaner mit dem Lexus RX 400h erstmals einen Hybriden auf den Markt. Doch auch die Hybridtechnologie ließ die verschiedenen Lexus-Modelle, die in anderen Ländern der Welt wenig stimmig mit dem Toyota-Signet verkauft werden, nicht aus dem düsteren Schatten herausrollen.

Ebenso erfolglos sieht es in anderen europäischen Staaten aus. Ähnliche Versuche von Infiniti als sportlich-eleganter Nobelableger von Nissan oder Cadillac als exklusivste aller General-Motors-Marken gehen ebenfalls ins Nirwana. Honda überlegte vor Jahren lange, ob man die sportliche positionierte Submarke Acura – in den USA allemal erfolgreich – auch nach Europa bringen sollte und entschied sich schließlich dagegen.

Kein Grund zur Eile

Aus den Misserfolgen der Asiaten und Amerikaner sollte die Konzernführung von Hyundai wichtige Erkenntnisse gezogen haben. Die Koreaner setzen bei der Erstpositionierung von Genesis auf die drei Säulen Design, Marke und Technologie. In Sachen Design muss man sich angesichts des bisherigen Portfolios und der verantwortlichen Kreativköpfe wohl keine ernsthaften Sorgen machen. Und auch bei der Technik sollte es Dank jahrzehntelanger Erfahrung klappen. Schließlich darf man sich im prall gefüllten Konzernregal bedienen und im Heimatland Südkorea gibt es seit vielen Jahren potente Luxusmodelle. Wie etwa den Genesis EQ 900 oder den Genesis G 80, die es allemal mit der europäischen Konkurrenz aufnehmen können.

Das Topmodell EQ 900, in anderen Ländern als Genesis G90 verkauft, wird beispielsweise von einem mächtigen Fünfliter-V8 mit 420 PS angetrieben. Andere Versionen des Genesis G80, der selbstbewusst gegen 5er BMW, Mercedes E-Klasse oder Audi A6 antritt, werden von einem aufgeladenen 3,3-Liter-V6 mit Turboaufladung oder einem 3,8-Liter-Sauger angetrieben. Achtgang-Automatik, Allradantrieb und allen nur erdenklichen Reiseluxus und Assistenzsysteme haben die Modelle von Genesis ohnehin an Bord. Weltweit wurden zuletzt rund 100.000 Fahrzeuge verkauft – bisher fast ausschließlich in Korea, wo die drei Konzernmarken Hyundai, Kia und Genesis einen nationalen Marktanteil von rund 65 Prozent haben.

Nach dem etablierten Heimatmarkt gingen die Koreaner jüngst in den USA an den Start und konnten insbesondere mit dem Topmodell G90 nennenswerte Erfolge erzielen. Dort sind es die Kunden gewohnt, dass Volumenhersteller ihrer Premiummarke einen eigenen Namen geben.

Das sind die beliebtesten Automarken der Deutschen
Platz 10: Seat Der deutsche Automarkt ist im vergangenen Jahr zum dritten Mal in Folge gewachsen. Gut 3,35 Millionen Neuwagen wurden zugelassen, ein Plus von fünf Prozent gegenüber 2015, wie der Verband der Automobilindustrie am Mittwoch in Berlin mitteilte. Zu den Gewinnern gehört auch die spanische VW-Tochter Seat: Mit 97.585 neuzugelassenen Autos kommt Seat in der Jahreswertung der Deutschen auf den zehnten Platz. Dazu hat insbesondere das erste SUV der Marke, der Ateca, beigetragen. Quelle: dpa
Platz 9: Hyundai Der Inoiq als modernes Benzin-, Hybrid- oder Elektromodell kommt erst in diesem Jahr auf den Markt. Das könnte Hyundai neuen Schwung geben, denn 2016 gingen die Neuzulassungen der Koreaner mit 107.228 Fahrzeugen nach Jahren des Wachstums wieder leicht zurück. Weltweit peilt das Management in Seoul aber wieder ein Wachstum an. Quelle: AP
Platz 8: RenaultAuf Platz 8 der beliebtesten Automarken der Deutschen kommt Renault. Die Franzosen konnten sich um stolze 13,9 Prozent steigern und werden vom KBA mit 125.300 Neuzulassungen geführt, was einem Marktanteil von 3,7 Prozent entspricht. Besonders im Dezember konnten die Franzosen mit einem Plus von 19,3 Prozent nochmals zulegen. Quelle: AP
Platz 7: SkodaDa Ford auch Werke in Deutschland hat, ist Skoda auf Platz 7 die beste reine Importmarke. 186.172 Skodas wurden 2016 in Deutschland neu zugelassen – Tendenz steigend. Wenn auch das Wachstum mit 3,5 Prozent geringer ausfällt als bei einigen anderen Marken. Die Modellpflege des Bestsellers Octavia (im Bild) könnte das Wachstum 2017 wieder ankurbeln. Quelle: obs
Platz 6: FordIm Duell der Volumenmarken muss sich Ford knapp Opel geschlagen geben. Die Kölner mit amerikanischen Wurzeln kamen 2016 auf 239.766 Neuzulassungen,... Quelle: obs
Platz 5: Opel... während sich Rüsselsheim über 243.792 verkaufte Opel freut – das beste Opel-Ergebnis in Deutschland seit fünf Jahren. Um an den Volumen-Marktführer VW zu kommen, würden selbst die addierten Zulassungen von Opel und Ford nicht reichen. Quelle: dpa
Platz 4: BMWGlobal eilt BMW von Absatzrekord zu Absatzrekord, auch in Deutschland haben die Münchner 2016 um 5,4 Prozent zugelegt. Dennoch verpasst BMW mit 262.083 Neuzulassungen das Podium knapp. Für 2017 aber kann die BMW-Führung zuversichtlich sein: Der wichtige Fünfer kommt neu auf den Markt. Quelle: dpa

Doch ab 2019 werden die Karten neu gemischt, denn weder China noch Europa werden sich im Sturm erobern lassen. Da die Fahrzeuge von Genesis zunächst nur im heimischen Stammwerk von einem der beiden gebuchten zwei Bänder laufen, ist man in China eine Importfirma. Das verteuert die Importfahrzeuge deutlich. Immerhin wird es für die neuen Modelle sämtlichst Langversionen geben, die in China besonders nachgefragt werden. Sollte der chinesische Markt schneller als erwartet anspringen, ist nach Angaben der Genesis-Verantwortlichen auch eine eigene China-Produktion denkbar.

Genesis setzt auf Direktvertrieb in Europa

Noch deutlich schwieriger sollte sich der Markteinstieg jedoch in Europa und damit insbesondere in Deutschland gestalten. Daher will Genesis-Markenchef Manfred Fitzgerald warten, bis die rechten Produkte verfügbar sind und ein Markenimage positioniert ist. „Ende 2019 / Anfang 2020 werden wir über ein komplett neues Portfolio verfügen. Dann werden wir starten“, gibt es für Fitzgerald aktuell keinen Grund zur Eile. So wird die Luxuslimousine G90 als Konkurrent von BMW 7er und Mercedes S-Klasse bis dahin eine gründliche Modellpflege bekommen und der kommende G80 komplett neu entwickelt sein. Zu groß ist selbst bei dem frisch aufgelegten Genesis G80 Sport mit seinem 3,3 Liter großen V6-Doppelturbo und 370 PS das Minus gegenüber Klassenprimus BMW 5er und der Mercedes E-Klasse.

Derzeit laufen in den Konzernzentrale in Seoul und insbesondere im Entwicklungszentrum Namyang unter Leitung des ehemaligen BMW-M-Technikchefs Alfred Biermann die Arbeiten an neuen Modellgenerationen. Mehr Zeit denn je verbringen Biermann und sein Team daher auch an den beiden Außenstellen in Rüsselsheim und dem Nürburgring. Um auf dem europäischen Markt bestehen zu können, kommt dem geplanten Einstiegsmodell des Genesis G70 eine zentrale Bedeutung zu. „Bei dessen Entwicklung ist der BMW 3er für uns der Maßstab, an dem wir uns orientieren“, ergänzt Alfred Biermann mit Blick auf seinen alten Arbeitgeber, die Garchinger M GmbH.

Hyundai setzt auf Emotionen
Hyundai i30 N Quelle: Hyundai
Hyundai i30 N Quelle: Hyundai
Hyundai i30 N Quelle: Hyundai
Hyundai i30 N Quelle: Hyundai
Hyundai i30 N Quelle: Hyundai
Hyundai i30 N Quelle: Hyundai
Hyundai i30 N Quelle: Hyundai

Doch mit G70, G80 und G90 allein ist weder in den USA, noch in China oder den USA gegen die übermächtige Konkurrenz etwas zu holen. Des Weiteren wird es zum Jahrzehntewechsel zwei SUV geben, deren größere Version GX80 sich mit einem Audi Q7 messen soll, während der kleine Bruder GX70 es mit den kommenden Generationen von BMW X3 / X5 oder Mercedes GLC / GLE aufnehmen wird. Hybridmodelle wird es nicht geben, da Genesis ab 2021 / 2022 zwei Elektroplattformen präsentieren wird, die SUV und Limousinen eine elektrische Heimat geben sollen.

Doch ebenso sehenswerte wie technisch zeitgemäße Fahrzeuge sind das eine. Bleibt die Frage, wie die Modelle selbst bei entsprechender Markenpositionierung unter die Leute gebracht werden sollen. Hier setzt Genesis in den meisten Ländern und so auch in Deutschland, England oder der Schweiz auf einen Direktvertrieb. Dazu wird es in einigen Metropolen im Stadtzentrum schicke Markenshops mit Boutique-Charakter geben. Noch sind keine Entscheidungen getroffen, doch München, Zürich und London scheinen dabei als Startpunkte gesetzt. „Die Suche nach den richtigen Objekten läuft gerade“, berichtet Fitzgerald. Wartung, Reparaturen und Testfahrzeuge stehen dann in einer Niederlassung weiter außerhalb. Der Rest läuft ohne Händler – ebenso komplett online vernetzt wie die Autos selbst.

Zwei Jahre hat Hyundai noch, den Genesis-Start in Europa vorzubereiten. Es gibt viel zu tun, denn die Aufgabe, die Premiummärkte in der alten und neuen Welt im Gleichschritt zu erobern, könnten nicht größer sein.

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