Was den meisten Newcomern aus Asien aber noch fehlt, ist eine starke Marke. Die gilt unter Branchenexperten als erfolgsentscheidend. "Normalerweise entfallen bei Autozulieferern über zwei Drittel aller Umsätze auf das Erstausrüstergeschäft", sagt Berater Grosse Kleimann, "dieses Geschäft wird direkt mit den Fahrzeugherstellern abgewickelt." Bei den Pneu-Produzenten ist das Verhältnis jedoch genau umgekehrt: Mehr als zwei Drittel ihrer Verkäufe entfallen auf das sogenannte Aftermarket-Geschäft und gehen direkt an den Endverbraucher.
Hier werden zwar deutlich höhere Margen erzielt, gleichzeitig muss der Kunde aber erst gewonnen werden - über Marke und Qualität oder, wenn es daran hapert, über den Preis. "Das wird immer schwieriger, denn der Reifenhandel ist ein Geschäft mit vielen Absatzkanälen", sagt Grosse Kleimann. Die Empfehlung des Händlers spielt da nur teilweise eine Rolle, mindestens ebenso wichtig sind Bekanntheit und Image der Marke, vor allem bei teureren Reifen etwa für sportliche Geländewagen, Cabrios oder Oberklassefahrzeuge. In diesem Punkt haben die No-Names aus China, Indien oder Indonesien bisher wenig vorzuweisen.
Die neuen Player aus Asien versuchen darum zunächst, im Geschäft mit dem Endkunden Fuß zu fassen - vor allem über niedrige Preise. "Danach werden sie ins Erstausrüstergeschäft einsteigen", sagt Berger-Berater Grosse Kleimann, "durch den Aufbau von Technologiekompetenz und einer für den Endkunden relevanten Marke." So wie Hankook das gelungen ist. Mit einem Einstieg bei Pirelli ließe sich der lange Weg zur starken Marke verkürzen.
Der 26,5-Prozent- Anteil des bisherigen Mehrheitsaktionärs Camfin ist nicht mehr zu haben, den übernimmt eine neue Holding, an der Rosneft die eine Hälfte der Aktien übernimmt und die beiden Banken Unicredit und Intesa Sanpaolo die andere. Weitere 13 Prozent an Pirelli hat Rosneft direkt erworben. Der Rest ist im Streubesitz – und damit für einen geschickten Investor noch in Reichweite.
Wie sich ein interessierter Player aus Asien ins Spiel bringen könnte, dafür gibt es in der Branche schon ein Beispiel: Continental. Der Konzern aus Hannover wurde 2008 vom Kugellagerhersteller Schaeffler übernommen – mit Hilfe mehrerer Investmentbanken, die klammheimlich und über Monate aus dem Streubesitz eine Mehrheit zusammenkauften.