Rolls-Royce hat jüngst die größte Bestellung der Firmengeschichte erhalten, der Milliardär Stephen Hung hat 30 Chauffeur-Limousinen für ein Luxushotel in Macau geordert. Ist das ein Zeichen für den rasant wachsenden Luxus in Macau oder ein Trend für den chinesischen Markt allgemein?
Ich sehe das zunächst als Bestätigung, dass wir die beste Luxuslimousine der Welt bauen. Die Betreiber des Hotels Louis XIII wollen nur das Beste für ihre Kunden und haben deshalb Rolls-Royce gewählt. Als besonderes Zeichen für den asiatischen Raum würde ich das aber nicht sehen.
Eine derartige Bestellung hätte auch aus Las Vegas oder von einem anderen Hotel-Projekt dieser Größenordnung kommen können. Ich würde das eher auf die wachsende Zahl der Milliardäre zurückführen, die sich Aufenthalte in solchen Hotels leisten können und wollen – und natürlich auch beim Transport keine Kompromisse eingehen.
Im Zuge dieser Bestellung verkaufen Sie auch die beiden teuersten Rolls-Royce aller Zeiten an Herrn Hung. Was unterscheidet diese beiden Exemplare von den anderen Phantoms?
Diese beiden Exemplare werden ganz besonders, weil sie über vergoldete Zierteile verfügen. Wie genau das aussieht, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt verraten.
Wie stark nimmt das Feedback solcher Großkunden Einfluss auf die Gestaltung und Entwicklung künftiger Modelle?
Wir zählen sicher zu den kundenorientiertesten Firmen im Automobilbereich. Wir haben eine sehr überschaubare Kundschaft, im vergangenen Jahr waren es 3.630 verkaufte Automobile. Für uns ist es sehr wichtig, von jedem Kunden das Feedback aufzunehmen, wie zufrieden er ist und welche Verbesserungsvorschläge er hat. Somit haben alle unsere Kunden einen nicht unbeträchtlichen Einfluss darauf, wie das künftige Angebot aussehen wird. „Drive for perfection“ ist der Anspruch von Sir Henry Royce gewesen und gilt bei uns bis heute.
Aufgrund der Kundenanfragen scheinen ja auch Ihre Pläne für ein SUV-Modell konkreter zu werden. Wie Sie gesagt haben, müsse dieser aber mit den Markenwerten von Rolls-Royce vereinbar sein. Was meinen Sie damit – den Allradantrieb, den Komfort oder das Design?
Rolls-Royce steht nicht in erster Linie für „Sport“ und auch nicht für „Utility“. Wenn wir ein Fahrzeug in dieser Klasse anbieten, muss dieses selbstverständlich die Qualitäts- und Komfortansprüche unserer Marke erfüllen, aber gleichzeitig die gewünschte Funktionalität bieten, die in diesem Segment gefragt ist. All das führt zu vielen Überlegungen, wie das optimale Paket aussehen muss.
Erst dann kommen wir zum Design: Wie kann ein SUV von Rolls-Royce aussehen? Wie können wir das mit dem Stil unserer anderen Modelle verbinden? Solche Fragen stellen wir uns täglich und machen dabei Fortschritte.
Unabhängig von dem SUV-Modell wird Rolls-Royce mit dem Wraith Cabrio ein so breites Angebot haben wie noch nie zuvor. Wann wird die Marke von 5.000 Autos pro Jahr fallen?
Wir sind von der Nachfrage getrieben und bauen immer ein Auto weniger, als wir verkaufen könnten. Ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Jahr die Marke von 4.000 Autos knacken werden. Das wäre eine sehr stolze Zahl. Wann dann die nächste Hürde fällt, wird uns der Markt sagen.
Haben Sie die Kapazitäten, so viele Autos in Goodwood zu produzieren?
Wir können unser Werk nicht beliebig erweitern, da wir in einem Naturschutzgebiet liegen. Unser bestehendes Grundstück werden wir aber effizienter nutzen. Wir haben jüngst angekündigt, dass wir in unmittelbarer Nähe ein Logistik- und Technologiezentrum errichten und auf diese Weise weitere Produktionskapazitäten im Werk schaffen werden – die Größe bleibt aber gleich. Unser Werk ist somit ein eingebauter Exklusivitäts-Garant, denn ein Rolls-Royce wird ausschließlich in Goodwood gefertigt.
Schlägt sich diese Exklusivität auch im Preis Ihrer Fahrzeuge nieder?
Die Strategie der BMW Group ist, dass wir bei Rolls-Royce kein Auto unter 200.000 Euro anbieten. Unsere Kunden verlangen das auch nicht. Wir als Hüter der Marke wollen sie hochgradig begehrlich und exklusiv halten.
„Auch Ferrari-Fahrer kaufen inzwischen bei uns“
Hinter den Kulissen läuft die Entwicklung des Phantom-Nachfolgers. Wie viel BMW wird in dem neuen Phantom stecken?
Wir halten uns bei der Entwicklung eines neues Produkts stets an die Devise unserer Gründerväter „Take the best that exists and make it better“. Es ist ein großer Vorteil, unter dem Dach der BMW Group Zugang zu Technologien zu haben, die ein eigenständiger Kleinserienhersteller niemals hätte. Wir nehmen die Technologie, die verfügbar ist, werden sie aber so gestalten, dass sie zu 100 Prozent Rolls-Royce-adäquat ist.
Zu lesen war auch, dass der Phantom den 6,0-Liter-V12 aus dem 7er übernimmt. Hat der 6,75-Liter-V12 ausgedient?
Alles, was Sie in einem Phantom sehen, ist von Rolls-Royce. Unser Motor basiert auf dem Zwölfzylinder von BMW, hat aber einen anderen Hubraum, eine andere Steuerungsmechanik und eine andere Software. Somit hat er auch einen ganz anderen Charakter und wird zu einem echten Rolls-Royce-Zwölfzylinder. Mit genau diesem Augenmaß gehen wir auch an andere Technologien, die wir von BMW übernehmen.
Wie wichtig ist die Eigenständigkeit, die Sie in der BMW Group genießen?
Wir wären schlecht beraten, wenn wir die Eigenständigkeit von Rolls-Royce aufgäben. Ein wesentlicher Grund für den Erfolg ist Authentizität. Niemand braucht einen Rolls-Royce, um von A nach B zu kommen. Es handelt sich um ein Luxusgut, das sich ein Kunde kauft, der zu 100 Prozent vom Produkt überzeugt ist. BMW ist weltweit dafür gelobt worden, wie authentisch sie die Marke Rolls-Royce wieder aufgebaut haben – um genau dieses Gefühl bei den Kunden zu erzeugen.
Rolls-Royce steht für kultivierte V12-Motoren, aber auch in diesem Segment sind die CO2-Emissionen ein Thema. Dem Vernehmen nach steht für künftige Modelle auch ein Plug-In-Hybrid in der Diskussion. Wie stark stehen solche Antriebe im Fokus von Rolls-Royce?
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass sich Rolls-Royce mittel- und langfristig mit alternativen Antrieben auseinander setzen wird. Vor drei Jahren haben wir einen vollelektrischen Phantom präsentiert, der von den Medien sehr euphorisch aufgenommen worden ist. Unsere Kunden haben das Modell aber eher ambivalent gesehen, weil damit viele Nachteile wie etwa die Ladezeit oder die Reichweite verbunden waren. Derartige Konzepte müssen für den Kunden kompromisslos sein. Ein Plug-In-Hybrid ermöglicht emissionsfreies Fahren in der Stadt, aber auch hohe Reichweiten mit dem Verbrennungsmotor.
Diese Luxus-Autos kommen 2014 außerdem auf den Markt
Sommer 2014: Audi A9
Wer sich den größeren Bruder des A8 mit technischen Anleihen beim Geländewagen Q7 kaufen will, der muss sich noch etwas gedulden: Erst im Sommer 2014 wird der opulent ausgestattete Audi A9 zu kaufen sein.
Sommer 2014: Bugatti Galibier
3000 Bugatti Galibier sollen produziert werden - einige davon sogar mit Hybridantrieb. Nicht aus Umweltschutzgründen, sondern weil es möglich wäre, dass der Bugatti-Fahrer seine 1000 PS sonst am Innenstadtrand abstellen müsste, weil Umweltzonen ihm die Einfahrt verwehren könnten. 1,1 Millionen Euro muss der Käufer für das Auto hinblättern. Der Tacho zeigt bis 420 km/h an.
Frühjahr 2014: Lamborghini Cabrera
Der Gallardo-Nachfolger Cabrera wartet mit Lamborghini-würdigen 600 PS, einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb auf.
Frühjahr 2014: Maserati Levante
Maserati bringt einen SUV auf den Markt - eine Mischung, die Autokenner wohl polarisieren wird. Der Wagen, über den noch relativ wenig bekannt ist, soll Levante heißen.
Frühjahr 2014: Mercedes Benz S-Klasse Coupé
5,05 Meter lang und flach präsentierte sich das neue Coupé der S-Klasse auf der IAA in Frankfurt. Keine Glühbirne kommt in dem Luxusgefährt zum Einsatz, alles wird energiesparend mit LEDs beleuchtet.
Der Ghost hat bereits eine jüngere Kundschaft angesprochen als der Phantom. Hat sich der Trend mit dem Wraith verstärkt?
Deutlich sogar. Wir haben mit dem Wraith Kunden erobert, die bis dato Rolls-Royce nicht auf ihrer Liste hatten. Bis dahin hatten wir mehrheitlich große Limousinen im Angebot, der Wraith ist der erste Gran Turismo für den Selbstfahrer. Das hat uns deutlich jüngere Kunden gebracht, die zum Beispiel bisher Ferrari gefahren sind. Nicht, dass sie ihren Ferrari ersetzt haben: Der Wraith steht zusätzlich in der Garage, da es manchmal doch anstrengend sein kann, jeden Tag einen Sportwagen zu fahren. Hier bietet der Wraith Möglichkeiten, die wir zuvor bei Rolls-Royce nicht hatten.
Im Ghost Series II ist die modernste Generation der BMW-Assistenzsysteme verbaut. Fragen auch Rolls-Royce-Kunden nach Spurverlassenswarner, Notbremsassistent und Co. oder wird das in einem so teuren Auto quasi als Standard angesehen?
Der Phantom ist in großer Mehrheit ein Chauffeur-Fahrzeug, der Ghost hingegen ist für den Selbstfahrer. Vor diesem Hintergrund ist es ein Muss, die modernste Technologie einzusetzen. Das verlangen unsere Kunden auch zu Recht, sie verlangen ein zeitgemäßes, hochmodernes Fahrzeug – da gehören Fahrerassistenzsysteme dazu. Rolls-Royce steht für „Effortless Driving“, zu diesem mühelosen Umgang mit dem Fahrzeug spielen auch die Assistenten eine wichtige Rolle.
Herr Müller-Ötvös, wir danken für das Gespräch.