Russischer Autohersteller Avtovaz will mehr als 8000 Stellen streichen

Um aus der Krise zu kommen, hat der russische Autokonzern Avtovaz in den vergangenen Jahren Zehntausende Mitarbeiter entlassen. Der Hersteller der Traditionsmarke Lada setzt seinen Sparkurs nun fort.

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Avtovaz will weiter Stellen streichen Quelle: dpa

Der krisengeschüttelte russische Autobauer Avtovaz setzt seinen Sparkurs mit massiven Umstrukturierungen fort. Unklar blieb aber, ob der Konzern erneut in großem Umfang Stellen streichen wird.

Bis 2018 sollen mehr als 8000 Mitarbeiter entlassen werden, wie der Vertreter von Präsident Wladimir Putin im Föderationsbezirk Wolga, Michail Babitsch, am Montag in Moskau unter Berufung auf Avtovaz sagte. Der Konzern hingegen teilte mit, es seien keine klassischen Entlassungen geplant, doch sollten in den kommenden zwei Jahren mehrere Tausend Arbeiter in einen neuen Industriepark wechseln.

Avtovaz ist der Hersteller der Traditionsmarke Lada und Marktführer in Russland, kontrolliert wird das Unternehmen vom staatlichen Technologiekonzern Rostec sowie Renault-Nissan. Bereits in den vergangenen Jahren hatte der Konzern mit Sitz in Togliatti an der Wolga seine Mitarbeiterzahl von rund 100 000 auf etwa 40 000 reduziert, wie Industrieminister Denis Manturow früher gesagt hatte. Weitere „Optimisierungs-Pläne“ hätten nur kosmetischen Charakter, sagte er der Agentur Interfax zufolge.

Wie Lada aus der Krise kommen will
Lada Quelle: Lada
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Die Produktion am Firmensitz Togliatti rund 1000 Kilometer östlich von Moskau ist seit Mitte der 2000er Jahre um gut die Hälfte geschrumpft. Zwar beherrscht Lada noch den Markt mit 20 Prozent Anteil, aber mit 266.000 verkauften Autos 2016 reicht es kaum, um profitabel zu sein. Daher soll künftig mehr exportiert werden. Quelle: dpa
So kommt Deutschland ins Spiel. „Unsere Zielgruppe sind nicht nur DDR-Nostalgiker“, sagt Konzernchef Maure. Er lacht, seine Laune ist gut, denn er hat nichts zu verlieren in Deutschland. „Erwarten Sie nicht, dass wir Deutschland mit russischen Autos überschwemmen werden.“ Ladas Hauptexportziel seien Ex-Sowjetrepubliken. „Später wollen wir nach Nahost, Afrika und Lateinamerika expandieren.“ Quelle: dpa
„Den Export nach Deutschland zu steigern ist gut, aber das dürfte kaum ausreichen“, sagt Experte Sergej Iwanow vom Portal cartimes.ru. 2016 konnte Avtovaz rund 1600 Fahrzeuge in Deutschland absetzen. Maure fände hier schon eine Steigerung um 2000 Autos gut. „Wir wollen den Vesta im anspruchsvollsten Markt Europas testen und unseren russischen Kunden zeigen, dass das Auto auch in Deutschland gut ankommt.“ Eine Visitenkarte also gegen einen mittelmäßigen Ruf. Quelle: Lada
Bissig sind die Witze, die am Image von Lada kratzen und das Auto als unzuverlässige sowjetische Klapperkiste darstellen. „Wie verdoppelt man den Wert seines Lada? Volltanken!“, wird im Netz geätzt. Gegen solche Scherze wehrt sich Maure. Früher hätte Lada als günstige Alternative zu teuren Marken gegolten. „Wir wussten, dass sie liegen bleiben, aber wir wussten auch, dass sie einfach zu reparieren sind“, meint er. Heutige Ladas seien nicht mehr wie ihr Vorgänger Schiguli. „Das ist ein ganz normales Auto zu einem sehr guten Preis“, betont Maure. „Wir wollen wettbewerbsfähigere, qualitativ hochwertigere und kosteneffizientere Autos bauen.“ Quelle: Lada
Darum kümmert sich etwa Konstantin Perewostschikow. Der Ingenieur leitet eine Fertigungslinie für Motoren. „Computer prüfen jeden Arbeitsschritt. Wenn etwas falsch ist, stoppt die Linie“, sagt er. Unter der Aufsicht des hochgewachsenen Mannes werden Motoren von Ladas Partnern Renault und Nissan gebaut. Die Allianz der Autobauer aus Frankreich und Japan war 2008 bei Avtovaz eingestiegen, um sich stärker auf dem Hoffnungsmarkt Russland zu positionieren. Zuvor hatte Renault schon den rumänischen Hersteller Dacia saniert. Aber das Projekt Lada entpuppte sich als milliardenschweres Zuschussgeschäft. Quelle: dpa

Präsidentenvertreter Babitsch sprach indes von einer Kürzung von 6000 Stellen in diesem Jahr sowie von 2200 im kommenden Jahr. „Uns ist sehr wichtig, dass die sozialen Garantien (...) eingehalten werden“, sagte Babitsch Agenturen zufolge. Die Betroffenen müssten die Möglichkeit zur Umschulung und neue, gut bezahlte Jobs bekommen.

Avtovaz hatte bereits im Februar angekündigt, in diesem Jahr 740 Stellen zu streichen. Derzeit gebe es keine Pläne, diese Zahl zu erhöhen, teilte der Konzern als Reaktion auf Babitsch mit. Der Vorstandsvorsitzende Sergej Skworzow räumte der Agentur Tass zufolge aber ein, der Autobauer sei mit den Behörden über mögliche Subventionen für die Personalkosten im Gespräch.

Zugleich würden weiter Mitarbeiter pensioniert und es werde ein Programm umgesetzt zur Unterstützung des Personals, das zu anderen Arbeitgebern wechseln solle, hieß es aus Togliatti. Zuletzt seien bereits 800 Mitarbeiter zu einem neuen Industriepark versetzt worden. „Das Unternehmen plant eine stabile Entwicklung dieses Projekts, in den kommenden zwei Jahren sollen mehrere Tausend Menschen in neue Jobs wechseln.“ Der Industriepark gehöre zu Avtovaz, Details zur Struktur oder konkrete Zahlen nannte der Konzern aber nicht.

Erst im Januar hatte Avtovaz-Chef Nicolas Maure der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Dieses Jahr sind keine harten Maßnahmen geplant.“ Er hatte aber angedeutet, dass Mitarbeiter in andere Bereiche oder zu Partnerfirmen vermittelt werden könnten. Auch jetzt sagte Maure Interfax zufolge, es gebe an manchen Stellen zu viel und an anderen, etwa bei Zulieferern, zu wenig Personal. Der Konzern müsse darauf flexibel reagieren.

Avtovaz hatte seit Beginn der russischen Absatzkrise 2012 immer weniger Fahrzeuge verkauft sowie 2015 und 2016 Milliardenverluste verbucht. Seit Jahresbeginn zeichnet sich aber eine Trendwende auf dem Markt ab: Mit rund 140 000 Fahrzeugen verkaufte Lada 13 Prozent mehr Autos als im ersten Halbjahr 2016. Zum Jahr 2018 will der Konzern wieder schwarze Zahlen schreiben.

 

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