Der jahrelange Rechtsstreit der Autobauer VW und Suzuki vor dem Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in London ist beendet. Nach VW-Angaben vom Sonntag bescheinigt das Gericht dem deutschen Konzern vertragstreues Verhalten und räumt ihm Schadenersatzansprüche ein. Das Gericht erklärte die Zusammenarbeit für beendet.
Beide Partner hatten 2009 eine Allianz vereinbart, bei der Volkswagen 19,9 Prozent Suzuki erwarb, die Japaner im Gegenzug 1,5 Prozent der VW-Aktien. 2011 stieg Suzuki einseitig aus der Kooperation aus und wollte seine Anteile zurück. In diesem Streitpunkt mit den Wolfsburgern bekamen die Japaner recht.
Die wichtigsten Antworten zum Rechtsstreit zwischen VW und Suzuki
Im Kern ging es um zwei befreundete Unternehmen, die dann zu Rivalen wurden: 2009 hatten VW und Suzuki eine Zusammenarbeit vereinbart. VW kaufte Aktien des Suzuki-Konzerns und umgekehrt - die Konzerne wollten sich so stärker aneinander binden. Als die Kooperation scheiterte, wollte Suzuki die VW-Aktien wieder loswerden, die Wolfsburger sollten die Suzuki-Anteile hingegen behalten - gegen den Willen von Suzuki. Die Japaner wollten ihre Papiere zurück und forderten Schadenersatz. Die Sache ging vor ein Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer.
Im Prinzip beide. Nach VW-Angaben bescheinigte das Gericht einerseits den Wolfsburgern vertragstreues Verhalten, andererseits auch Suzuki ein ordentliches Kündigungsrecht. Damit muss VW die gehaltenen Suzuki-Aktien abgeben.
Das oberste Ziel der Zusammenarbeit zwischen VW und Suzuki lautete: Sparen. Nicht nur durch gemeinsame Produktion und gemeinsamen Einkauf, sondern auch bei der Entwicklung. Suzuki war interessiert an deutscher Ingenieurskunst, VW wollte Suzukis Knowhow bei billigen Kleinwagen. Die Kooperation zielte vor allem auf den indischen Markt, wo Suzuki über eine lokale Partnerschaft Marktführer ist.
Es lief von Anfang an nicht rund. VW warf Suzuki vor, Motoren beim Konkurrenten Fiat zu bestellen. Suzuki klagte seinerseits über Geheimniskrämerei der Wolfsburger Entwickler. Es folgten Sticheleien und Streit. Im VW-Geschäftsbericht wurde Suzuki als assoziiertes Unternehmen aufgeführt - das stieß den Japanern sauer auf. Der betagte japanische Patriarch Osamu Suzuki nannte VW am Ende gar einen "Klotz am Bein".
Zum einen, weil es ein ordentliches Investment darstellt: Der Wert der Papiere hat sich seit Ende 2009 fast verdoppelt. Zum anderen verhinderte die Beteiligung auch den möglichen Einstieg anderer Partner bei den Japanern. Außerdem ist VW nach wie vor von der Sinnhaftigkeit einer Zusammenarbeit überzeugt.
Nein. Für 2018 haben die Wolfsburger ein Familienauto für 8000 bis 11.000 Euro angekündigt. Es ist aber speziell auf den chinesischen Markt zugeschnitten. Denn die sogenannten Budget Cars sind von Schwellenland zu Schwellenland verschieden. Chinesen bevorzugen voluminösere Autos, Indien dagegen ist ein anderer Markt mit sehr kompakten Fahrzeugen. Da wäre Suzuki nach wie vor ein geeigneter Türöffner.
Die Schiedsgerichtbarkeit der Internationalen Handelskammer ist auf solche Fälle spezialisiert. Gegründet wurde sie 1923, seitdem haben die Schiedsrichter in gut 20.000 Fällen unter Beteiligung von 180 Ländern entschieden. Der Vorteil dieser Einrichtung ist, dass sie eingestellt ist auf Akteure aus verschiedenen Sprach- und Kulturkreisen und mit einem unterschiedlichen Rechtsverständnis. Eine Partei kann sich schnell benachteiligt fühlen, wenn Verhandlungen in der Heimat der Gegenpartei stattfinden. Auf London als Ort haben sich VW und Suzuki geeinigt, einen festen Sitz wie bei normalen Gerichten gibt es nicht.
Nein. Die Schiedssprüche sind bindend, endgültig und können überall auf der Welt durchgesetzt werden. Nur in vereinzelten Fällen ist ein Einspruch möglich. Da dem Schiedsgericht Vertraulichkeit sehr wichtig ist, gibt es keine Informationen zum Fall Suzuki-Volkswagen heraus.
VW erklärte am Sonntag, die Anteile nun verkaufen zu wollen. Damit endet der Scheidungskrieg der Autobauer nach nahezu vier Jahren. VW kündigte an, der Verkauf der Suzuki-Beteiligung werde sich positiv auf Ergebnis und Liquidität des Wolfsburger Konzerns auswirken. Suzuki gab seinerseits bekannt, den Anteil ohne eine Drittpartei zum Marktpreis zurückkaufen zu wollen.
Das Gericht befand, dass die Kündigung der Zusammenarbeit durch Suzuki rechtmäßig war und VW die Aktien abzugeben habe. "Diese Entscheidung basiert auf dem Grundsatz, dass Verträge grundsätzlich kündbar sein müssen", heißt es in einer Erklärung von Volkswagen. Zudem gab VW bekannt, sich Schadenersatzforderungen gegen Suzuki vorzubehalten.
Der Schiedsspruch der Internationalen Handelskammer ist für beide Seiten rechtlich bindend. Er kann vor einem staatlichen Gericht für vollstreckbar erklärt werden.
Ursprünglich hatten sich die Autobauer zusammengeschlossen, um gemeinsam Kleinwagen zu entwickeln. VW erhoffte sich so damals Zugang zum wichtigen indischen Markt, auf dem Suzuki mit seiner Beteiligung Maruti zu den Marktführern gehört. Weil die Partnerschaft in die Brüche ging, musste VW selbst ein besonders günstiges Auto entwickeln. Der Wagen soll in drei Jahren in China auf den Markt kommen.
Suzuki hatte sich seinerseits Zugang zu alternativen Antrieben von VW erhofft. Doch schnell flogen zwischen den Unternehmen die Fetzen, weil sich Suzuki von den Wolfsburgern dominiert fühlte. Der damals noch mächtige Patriarch Ferdinand Piech hatte den japanischen Kleinwagenspezialisten schon als nächste Marke in seinem Konzern betrachtet. Piech zog im April 2015 im Machtkampf mit Konzernchef Martin Winterkorn den Kürzeren.