China, das gelobte Land der Autobauer. Längst ist die Volksrepublik der größte Automarkt der Welt – Audi, BMW, Mercedes-Benz und VW verkaufen dort inzwischen den Großteil ihrer Autos. Dort erzielen sie Wachstumsraten, von denen sie in gesättigten Märkten wie Nordamerika oder Europa nur träumen können. Das Geschäft lohnt sich so sehr, dass sie sogar große regulatorische Hürden auf sich nehmen.
Ein Blick auf die Zahlen scheint zu bestätigen, dass jedwede Art von Expansionsplänen in China derzeit richtig erscheint. Nach einem kleinen Dämpfer im Jahr 2015 hat der Autoabsatz wieder Fahrt aufgenommen, im vergangenen Jahr wurden in China 22,8 Millionen Autos verkauft – auch wenn ein Großteil des Wachstums auf die vorübergehende Aussetzung der Umsatzsteuer für Autos mit kleinen Motoren zurückzuführen ist. Die Tendenz aber geht nach oben. Schon im Jahr 2022 dürften es über 30 Millionen Fahrzeuge sein, davon geht die Unternehmensberatung McKinsey in einer aktuellen Studie aus.
Der chinesische Markt ist wichtig, keine Frage. Doch die Zeiten, in denen die chinesischen Kunden mit einer Langversion einer in Europa verkauften Limousine zufrieden gaben, sind vorbei. Chinas Automarkt befindet sich im Wandel, dafür sorgt nicht nur die Regierung in Peking mit der immer noch unklaren Entscheidung über eine verpflichtende Elektroauto-Quote. Mindestens genauso wichtig wie gesetzliche Vorgaben wird für die Autobauer eine andere Veränderung: das Verhalten und die Ansprüche ihrer Kunden.
Für die Studie „Savvy and sophisticated: Meet China's new car buyers“ haben die Unternehmensberater 5800 Autokäufer befragt, die im vergangenen Jahr ein Auto gekauft haben. Die Kunden kamen aus 44 Städten verschiedener Größen aus mehreren Regionen, um einen repräsentativen Querschnitt zu erhalten. „Die heutigen Autokäufer in China sind zunehmend versiert und anspruchsvoll, sie fordern mehr digitale Features und sind zunehmend unglücklich mit der traditionellen Händler-Erfahrung“, schreiben die Studienautoren von McKinsey. Die Entstehung dieses „anspruchsvolleren Segments“ habe die Umgestaltung der Autobranche zufolge.
Doch wie tickt dieser neue chinesische Autokäufer? Und was will er?
Auch in China boomen SUV
Limousinen: 5.047.000 Fahrzeuge
SUV: 448.000 Fahrzeuge
MPV*: 197.000 Fahrzeuge
Minivans: 1.064.000 Fahrzeuge
Gesamt: 6.756.000 Fahrzeuge
Quelle: Chinesischer Branchenverband CAAM
Die Daten beziehen sich auf den Verkauf von Herstellern an die Händler, nicht auf den Verkauf an die Endkunden.
*Multi Purpose Vehicle, entspricht einem Van
Limousinen: 7.473.000 Fahrzeuge
SUV: 659.000 Fahrzeuge
MPV: 249.000 Fahrzeuge
Minivans: 1.950.000 Fahrzeuge
Gesamt: 10.331.000 Fahrzeuge
Limousinen: 9.494.000 Fahrzeuge
SUV: 1.326.000 Fahrzeuge
MPV: 445.000 Fahrzeuge
Minivans: 2.492.000 Fahrzeuge
Gesamt: 13.757.000 Fahrzeuge
Limousinen: 10.123.000 Fahrzeuge
SUV: 1.595.000 Fahrzeuge
MPV: 498.000 Fahrzeuge
Minivans: 2.258.000 Fahrzeuge
Gesamt: 14.473.000 Fahrzeuge
Limousinen: 10.745.000 Fahrzeuge
SUV: 2.989.000 Fahrzeuge
MPV: 493.000 Fahrzeuge
Minivans: 2.257.000 Fahrzeuge
Gesamt: 15.795.000 Fahrzeuge
Limousinen: 12.010.000 Fahrzeuge
SUV: 2.989.000 Fahrzeuge
MPV: 1.305.000 Fahrzeuge
Minivans: 1.625.000 Fahrzeuge
Gesamt: 17.929.000 Fahrzeuge
Limousinen: 125.376.000 Fahrzeuge
SUV: 4.078.000 Fahrzeuge
MPV: 1.914.000 Fahrzeuge
Minivans: 1.332.000 Fahrzeuge
Gesamt: 19.701.000 Fahrzeuge
Limousinen: 10.531.000 Fahrzeuge
SUV: 5.500.000 Fahrzeuge
MPV: 1.888.000 Fahrzeuge
Minivans: 1.008.000 Fahrzeuge
Gesamt: 18.927.000 Fahrzeuge
Limousinen: 12.150.000 Fahrzeuge
SUV: 9.021.000 Fahrzeuge
MPV: 2.496.000 Fahrzeuge
Minivans: 683.000 Fahrzeuge
Gesamt: 24.350.000 Fahrzeuge
Limousinen: 1.849.000 Fahrzeuge
SUV: 1.553.000 Fahrzeuge
MPV: 354.000 Fahrzeuge
Minivans: 94.000 Fahrzeuge
Gesamt: 3.851.000 Fahrzeuge
Kurze Antwort: SUV in allen Größen und Formen. Während sich mit den großen SUV hohe Margen erzielen lassen, steigt die Nachfrage nach kleineren Modellen rapide an – SUV aus dem B- und C-Segment (also Polo- und Golf-Größe) machen schon heute 78 Prozent aller SUV-Verkäufe aus. McKinsey geht davon aus, dass die SUV über alle Größen- und Preisklassen hinweg ihre hohe Anziehungskraft behalten werden. „Das bedeutet, dass im Jahr 2022 eines von zwei verkauften Autos ein SUV sein wird“, prognostizieren die Autoren.
Hier hat sich China in wenigen Jahren radikal gewandelt. Über Jahre war die gefragteste Karosserievariante die klassische Limousine – mit viel Leder und Chrom versprach sie Status und Luxus nach westlichem Vorbild. Kombis oder gar Kompaktwagen im Stile eines Golf spielten schon damals keine Rolle. Bis der SUV-Boom kam – und der (steuerlich geförderte) Trend zu kleineren Autos das Wachstum in die unteren Segmente verschob.
Kleiner heißt aber nicht billiger, denn Premium bleibt gefragt: 55 Prozent der Befragten gaben an, 2016 ein teureres Auto gekauft zu haben, als sie zuvor besessen hatten. Die Premiummarken wuchsen schneller als der Markt – und McKinsey erwartet, dass das auch so bleibt.