Etwa 10 Kilogramm Lithium werden für die Stromspeicher in Teslas Model S benötigt. Die Abhängigkeit von Lieferanten könnte sich deshalb zum Problem für Tesla herausstellen. Denn die Fördermenge wird mit der steigenden Nachfrage nicht dauerhaft mithalten können.
Im vergangenen Jahr lag die Produktion Tesla bei etwa 50.000 Autos, Elon Musk möchte in absehbarer Zukunft 500.000 Fahrzeuge pro Jahr bauen. Das Unternehmen geht nach eigenen Schätzungen davon aus, dass dafür die derzeit jährlich abgebaute Menge an Lithium weltweit aufgebraucht würde.
Das offene Geheimnis um das Apple-Car könnte schon bald zur Realität werden. In einem Wettbewerb um das knappe Gut Lithium könnte Apple mit seiner prall gefüllten Kasse Tesla Probleme bereiten.
Auch die deutschen Autobauer prüfen den Bau einer oder mehrerer Batteriefabriken. Das wären schon mindestens drei starke Konkurrenten die nicht nur Marktanteile, sondern auch den derzeit unverzichtbaren Rohstoff Lithium unter sich aufteilen müssen.
5. Ein Start-up, das keins ist
Die Vision von Elon Musk ist sehr umfassend. Zwar ist er mit einem geschätzten Privatvermögen von geschätzten zwölf Milliarden Dollar einer der reichsten Menschen der Erde und greift für seine Projekte tief in die eigenen Taschen. Mit großem Pioniergeist und unkonventionellen Ansätzen überzeugt er aber auch seit Jahren Geldgeber, in seine Ideen zu investieren – und auf die Durchschlagskraft seiner Vision zu wetten.
Technische Hintergründe zu Akkus
Eine Batterie hat die Aufgabe, beim Aufladen möglichst viele Elektronen aufzunehmen und diese mit möglichst wenigen Verlusten zu speichern. Beim Entladen gibt sie die Elektronen dann wieder ab, um mit diesem Strom zum Beispiel einen Elektromotor oder ein Handy zu betreiben.
Im Akku übernehmen die sogenannten Lithium-Ionen diese Speicheraufgabe: Diesen Atomen fehlt ein Elektron. Daher sind sie elektrisch positiv geladen. Beim Aufladen strömen negativ geladene Elektronen in den Akku und sammeln sich in einem dichten Geflecht aus dem leitfähigen Kohlenstoff Graphit. Dorthin wandern dann auch die positiv geladenen Lithium-Ionen. Jedes von ihnen bindet ein Elektron – man könnte auch sagen, dass jedes Ion ein Elektron festhält, um die Ladungsneutralität zu gewährleisten. Beim Entladen des Akkus verlassen die Elektronen das Graphit nach und nach wieder. Damit wandern auch die positiv geladenen Lithium-Ionen aus dem Graphit-Netzwerk heraus. Später kann der Ladezyklus dann von neuem beginnen.
Je mehr Lithium-Ionen in einen Akku hineinpassen, umso mehr Elektronen und damit Energie können auf gleichem Raum gespeichert werden. Daher arbeitet Bosch schon länger unter anderem daran, den Graphit-Anteil zu reduzieren oder ganz auf das Graphit zu verzichten. Dies würde die Energiedichte des Akkus deutlich steigern. Das scheint jetzt dem Start-up Seeo, das Bosch gekauft hat, gelungen zu sein.
Auch mit Tesla agiert Tausendsassa Musk wie ein Start-up. Aber das ist es nicht. Start-ups haben für gewöhnlich kaum eigene Vermögenswerte. Dafür aber eine innovative Geschäftsidee oder Problemlösung. Sie werden mit dem Ziel gegründet, schnell zuwachsen und einen hohen Wert zu erreichen.
Für Gewöhnlich haben die Startups es dabei mit einem jungen oder noch nicht existierenden Markt zu tun. Dort heißt es dann „the winner takes it all“. Der Markt, um den Tesla aber kämpft, ist einer der konsolidiertesten und umkämpftesten, die es gibt. Bei aller Innovation: sie bauen Autos.
Der Bau der Gigafactory ist ein Joint-Venture mit Panasonic und einer Reihe anderer strategischer Partner. Gemeinsam spekulieren die Partner darauf, den großen Automobilbauern einen Schritt voraus zu sein – und dadurch den Markt der Zukunft für sich zu entscheiden. „Dabei bindet sich Tesla aber einen Mahlstein an Assets ans Bein. Sie sind von Rohstoffpreisen und Forschungserfolgen abhängig, die sie selber gar nicht kontrollieren können“, sagt Experte Seiberth. „Ein Versorgungsengpass etwa könnte sofort in die Katastrophe führen.“
Die Fabrik passt super in der in die gigantomanische Narrativ von Tesla. „Es kann leicht praktische Probleme geben. Irgendwelche Fehler oder Risiken sind leicht zu übersehen und dann braucht es Puffer“, sagt Seiberth. Auch logistische Probleme bei der Belieferung und dem Abtransport von der Gigafactory zu Teslas Produktionsstandorten seien möglich. Ebenso wären Bauverzögerungen denkbar: „Das alles klingt viel zu schön um wahr zu sein. Man muss kein Skeptiker sein, um da ein Fragezeichen zu setzen.“
Was Tesla mit der Gigafactory zeigt ist Pioniergeist, Heldenmut, das muss man anerkennen. Das macht auch Seiberth respektvoll. „Aber würde man darein investieren? Wahrscheinlich nicht.“