Tesla Bitte mehr Konzentration aufs Wesentliche, Elon Musk!

Nach Unfällen mit der "Autopilot"-Funktion steht Tesla massiv in der Kritik. Doch die Diskussion darum lenkt ab von den drängendsten Probleme des Autoherstellers.

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Elon Musk. Quelle: dpa

Derzeit kommt es knüppeldick für Tesla-Chef Elon Musk. Da ist nicht nur der tödliche Unfall eines Tesla-Fahrers, der sich – nach allem, was man bisher weiß – auf den Autopiloten verlassen hatte, der einen Lkw übersah. Auch die vorher vollmundig hochgesetzten Prognosen, wie viele Autos Tesla dieses Quartal bauen würde, musste Musk kleinlaut kassieren. Und das nicht zum ersten Mal.

Nun sieht sich der Serien-Gründer auch noch mit dem Vorwurf konfrontiert, den Todesfall mit seinem Autopiloten zu spät an seine Aktionäre kommuniziert zu haben. Die US-Börsenaufsicht ermittelt wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Ad-hoc-Pflicht.

Denn laut Gesetz müssen allen Anlegern wichtige Ereignisse gleichzeitig und umgehend kommuniziert werden. Und die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA untersucht, ob es nicht noch einen zweiten Unfall mit einem Tesla unter Autopilot gab.

Die fünf Stufen des automatisierten Fahrens

Was sich derzeit abspielt, ist das leider Vorhersehbare. Groß ist das Geschrei der tatsächlichen und selbsternannten Autoexperten, die das alles haben kommen sehen: Der Autopilot funktioniere nicht, sei daher eine Gefahr und noch Jahre entfernt von der Massenmarkttauglichkeit. Tesla mache es sich juristisch zu einfach, indem das Unternehmen einfach die letzte Verantwortung seinen Kunden überlasse.

Wir sollten alle etwas zurückhaltender sein mit solchen voreiligen Schlussfolgerungen.

Nie hat jemand behauptet, der heute verfügbare Autopilot lenke das Auto autonom von A nach B, so dass der Fahrer während der Fahrt im Handschuhfach kramen, auf seinem Handy spielen und sich selbst beim Fahrenlassen filmen kann. Genau das machen zahlreiche Fahrer aber, wie hunderte YouTube-Videos beweisen.

Genau solche Hasardeur-Videos hat der nun tödlich Verunglückte gedreht und ins Netz gestellt.

Klarer Warn-Hinweis in den Nutzungsbedingungen

Natürlich sind die Todesfälle tragisch und sollen nicht bagatellisiert werden. Tatsächlich aber passieren weit mehr Unfälle durch menschliches Versagen als durch technisches.

Niemand käme auf die Idee, mit Vollgas auf ein Stauende zuzurasen, weil seine Mercedes S-Klasse ein Kollisionswarnsystem besitzt, oder beim rückwärts Einparken dank Bosch- oder Conti-System zu telefonieren oder Mails zu checken.

Ist Tesla dafür verantwortlich, was seine Kunden mit der Software anstellen? Nach meinem Rechtsempfinden nicht. Mehrfach und klar wird in den Nutzungsbedingungen darauf hingewiesen, dass der Autopilot ein Assistenzsystem ist, die Hände am Lenkrad bleiben müssen, der Fahrer jederzeit eingreifen können muss. Wer das überliest oder ignoriert, kann die nötige Software gar nicht installieren.

Ob Tesla sich im Zusammenhang mit den tödlichen Unfällen trotzdem ein Fehlverhalten vorwerfen lassen muss, werden behördliche Untersuchungen klären. Doch das autonome Fahren wird kommen, das wissen auch die nun eifrig kritisch kommentierenden CEOs anderer Hersteller. Sie setzen selbst längst auf das autonome Fahren und wollen im Zweifel auch die von Tesla gesammelten Daten und Erfahrungen nutzen.

Je mehr Daten im Alltagsbetrieb die Systeme sammeln, desto besser werden sie. Künftig können sie damit auf Staus und übermüdete Fahrer reagieren - und damit schlimme Unfälle verhindern. Selbstverständlich soll es auf dem Wege dorthin keine Todesopfer geben. Aber Musk zu unterstellen, er nehme dies durch übereilten Einsatz in der Fläche in Kauf, geht zu weit.

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