Tesla mit bislang höchstem Quartalsverlust Die großen Probleme des Elon Musk

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Tesla schmeißt über 400 Mitarbeiter raus

Wie der Nachrichtensender CNBC meldet, sollen bei Solarcity die Kündigungen nach mangelnden „Beurteilungen“ ausgesprochen worden sein. Laut ehemaligen und derzeitigen Mitarbeitern soll es aber derartige Leistungsbeurteilungen nie gegeben haben. Drei Mitarbeiter, die von der Personalabteilung eine Kopie dieser angeblich existierenden „Leistungsbeurteilung“ eingefordert hätten, hätten kein solches Papier erhalten.

Bereits im Frühjahr hatte es Kritik an den Arbeitsbedingungen bei Tesla gegeben. Mitarbeiter hatten damals von vielen Überstunden und häufigen Unfällen berichtet. Der britische „Guardian“ schrieb im Mai unter Berufung auf interne Dokumente, dass im Tesla-Werk seit 2014 mehr als 100 Mal der Notarzt gerufen wurde. Mitarbeiter seien in Ohnmacht gefallen oder hätten über Schwindel, Atembeschwerden oder Schmerzen in der Brust geklagt. Zudem soll es weitere Fälle gegeben haben, in denen Ärzte wegen Verletzungen gerufen worden seien. „Ich habe Menschen gesehen, die ohnmächtig wurden, wie ein Pfannkuchen zu Boden fielen und sich das Gesicht aufschlugen“, zitiert der „Guardian“ einen Tesla-Beschäftigten. „Man hat uns danach aufgetragen, einfach um ihn herum weiterzuarbeiten, während er noch am Boden lag.“

Was Teslas Elektro-SUV im Alltag kann
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla

Im Mai konnte Musk die Kritik noch einfangen, bevor sie sich zu einem Flächenbrand entwickelt hatte. „Meine Arbeiter haben eine harte Zeit, arbeiten stundenlang“, sagte der Tesla-Chef der Zeitung. Er beteuerte zudem, dass er sehr um die Gesundheit und das Wohlergehen seiner Mitarbeiter besorgt sein.

Klar ist: In einer so angespannten Situation kann sich Tesla einen tiefergehenden Streit mit seiner Belegschaft nicht leisten. Denn selbst wenn die Fertigungslinie für das Model 3 endlich läuft, wird das Risiko kaum geringer. 400.000 Autos pro Jahr mehr zu bauen stellt selbst etablierte Autobauer vor große Herausforderungen – Tesla als sehr junges Unternehmen muss hier erst noch Erfahrungen sammeln, auch wenn das Unternehmen viel Personal aus der Autobranche abgeworben hat. „In der Massenproduktion wächst das Risiko, das Fehler untergehen. Das gab es bei Tesla mit den geringen Stückzahlen bislang nicht“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management.

Tesla baut weiter an seiner Batteriefabrik
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Im Juli 2016 hatte Tesla zur offiziellen Eröffnung erstmals Presse-Fotografen auf das Gelände gelassen. Die bezeichnend "Gigafactory" genannte Anlage gehört sogar zu den größten Produktionsstätten überhaupt. Hier sollen Akkus für Elektroautos und Heimspeicher vom Band laufen – mehr als alle Hersteller der Welt heute zusammen produzieren. (Stand: Juli 2016) Quelle: AP
Im Juli waren erst 14 Prozent der Anlage in Betrieb. Dennoch hatte Tesla-Gründer Elon Musk Ende Juli zur Eröffnungsfeier geladen – einige Tage vorher durften sich bereits Journalisten und Fotografen auf dem Fabrikgelände umsehen. Voll in Betrieb soll die Anlage erst 2018 sein. Bis dahin wird an allen Ecken und Enden gebaut. Quelle: REUTERS
Auch wenn es noch nicht so aussieht: Diese Halle ist einer der Grundpfeiler der Strategie von Elon Musk, mit der er Tesla von einem Nischen- zu einem Massenhersteller machen und ganz nebenbei dem Elektroauto zum Durchbruch verhelfen will. Quelle: REUTERS
Die eigenen Batterien sind unerlässlich, wenn Tesla mit dem Model 3 (im Bild ein ausgestellter Prototyp) ab dem kommenden Jahr die Massen mobilisieren soll. Zum einen, weil momentan gar nicht genügen Akkus für die angepeilten Stückzahlen des Model 3 zugekauft werden könnten. Zum anderen, weil sie schlichtweg zu teuer wären. Der angekündigte Preis von 35.000 Dollar für den Wagen wäre nicht zu halten. Quelle: REUTERS

Mit der rapide steigenden Produktionszahl steigt auch das Risiko der Rückrufe. Tesla ist ein junges Unternehmen, das trotz der enormen Marktkapitalisierung stetig Verluste schreibt. Den Rückruf von einigen Tausend Model S könnte der Konzern verkraften. Müssen aber Zehntausende oder gar Hunderttausende Model 3 in die Werkstatt, wäre die finanzielle Belastung enorm.

Das Problem: Tesla neigt dazu, das Produkt beim Kunden reifen zu lassen. Doch anders als in der Software-Welt, in der einfach ein Update nachgeschoben werden kann, ist ein kleiner Fehler bei der Hardware ungleich komplexer zu beheben. Simple Bauteile, etwa ein unzuverlässiger Sensor oder eine (aufgrund der stark beschleunigten Produktionsplanung) nicht perfekt eingebaute Türdichtung, können zu sehr teuren Rückrufen führen.

Elektroautos im Kostenvergleich

Rückrufe oder mangelnde Qualität kann Tesla nicht gebrauchen. Bislang war die Marke größtenteils ohne echte Konkurrenz. Während beim Model S und Model X die Konkurrenz erst langsam aufholt, steigt Tesla mit dem Model 3 bereits in einen bestehenden Markt ein. In der Preisklasse kämpfen auch ein BMW i3, VW e-Golf, bald die zweite Generation des Nissan Leaf oder ein Hyundai Ioniq um die Käufergunst in der Elektro-Mittelklasse. Die Kundschaft eines teureren Tesla dürfte an den Wagen ähnliche Qualitätsanspruche wie an einen BMW oder Audi haben – vielleicht abzüglich eines kleinen Tesla-Bonus. Doch die Fehlertoleranz ist gering.

Spätestens mit dem Sprung in den Massenmarkt ist die Schonfrist für Tesla vorbei.

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