Nach zum Teil massiven Verzögerungen bei vorherigen Modellen liegt der Elektroauto-Hersteller Tesla bei seinem ersten günstigeren Wagen im Zeitplan. Die Serienproduktion des Model 3 werde voraussichtlich am Freitag beginnen, kündigte Tesla-Chef Elon Musk bei Twitter an. Das Model 3 mit einem US-Preis ab 35.000 Dollar soll Tesla - und die Elektromobilität - stärker in den Massenmarkt bringen. Dem Unternehmen liegen bereits rund 400.000 Vorbestellungen vor.
Es wird einige Zeit dauern, sie abzuarbeiten. Zum Dezember wolle Tesla die Fertigung auf 20.000 Fahrzeuge des Modells pro Monat hochschrauben, schrieb Musk am Montag. Im August sollen 100 Model 3 gebaut werden und im September 1500. Die Regulierer hätten die Freigabe für die Serienproduktion zwei Wochen früher als geplant erteilt, schrieb der Tesla-Chef.
Musk versucht mit dem Model 3 eine drastische Aufstockung der Produktion: Im gesamten vergangenen Jahr baute Tesla rund 84.000 Autos, 2018 sollen es bereits 500.000 sein und für 2020 wird die Millionen-Marke angepeilt. Tesla war bisher mit Preisen ab 70.000 Dollar nur im oberen Marktsegment unterwegs. Auch andere Hersteller arbeiten an günstigeren Elektrofahrzeugen. So brachte General Motors zum Jahresbeginn zu einem ähnlichen Preis den Chevy Bolt auf den Markt und will 2017 bis zu 30.000 Fahrzeuge davon verkaufen.
Die Tesla-Chronik
Zwei Teams um den US-Ingenieur Martin Eberhard und den Milliardär Elon Musk entwerfen die Vision eines Elektrofahrzeugs, das mit Akkus angetrieben wird. Auf der Basis des Prototyps T-Zero. Neben Musk stecken auch die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page und der eBay-Gründer Jeff Skoll Geld in das Projekt.
Drei Jahre arbeitet Tesla am ersten Modell, im Juli 2006 stellt das Unternehmen den Roadster vor. Der zweisitzige Sportwagen auf der Basis des britischen Leichtgewicht-Roadster Lotus Elise verfügt über einen 215 kW (292 PS) starken Elektromotor, der seine Energie aus 6.831 Lithium-Ionen-Notebook-Akkus bezieht.
Im August 2007 tritt der damalige CEO Martin Eberhard zurück, im Dezember 2007 verlässt er das Unternehmen komplett. Am Ende landet der Streit der Gründer fast vor Gericht – bis eine außergerichtliche Einigung erzielt werden kann.
Musks finanzielle Mittel alleine reichen zum Wachstum nicht mehr aus. Mit Daimler und Toyota steigen zwei große Autokonzerne bei Tesla ein. Trotzdem schreibt das Unternehmen weiterhin Millionenverluste.
Lange war der Bau einer eigenen Limousine unter dem Codenamen „WhiteStar“ geplant. Auf der IAA in Frankfurt feiert das Model S, eine 5-sitzige Limousine die Premiere. Anfangs übernimmt Lotus die Fertigung. Ab 2011 wird das Modell in einer ehemaligen Toyota-Fabrik in Freemont gebaut. Pro Jahr werden zunächst 10.000 Modelle gefertigt.
Tesla erhält vom US-Energieministerium einen Kredit über 450 Millionen Dollar. Das Geld investiert das Unternehmen in den Aufbau einer eigenen Fertigung.
Musk wagt den Börsengang. Mit einem Ausgabepreis von 17 Dollar geht der Elektrohersteller in den Handel – und macht den Gründer wieder reich. Über Nacht erreicht erreichen die Anteile von Musk einen Wert von 650 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Gewinne gemacht hat.
Tesla veröffentlicht Pläne einen eigenen SUV an den Start zu bringen. Das Model X soll im Sommer 2015 erstmals ausgeliefert werden und die Modellpalette von Tesla erweitern. Am Ende verzögern sich die Pläne, die Produktion des Model X läuft erst im Herbst an – und das nur schleppend.
Endlich schreibt Tesla schwarze Zahlen. Auch den Millionenkredit des Staats zahlt das Unternehmen neun Jahre früher als es nötig gewesen wäre. Mit der Ausgabe neuer Aktien und Anleihen nimmt das Unternehmen rund eine Milliarde Dollar ein. Der Aktienkurs des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 147 Dollar. Damit ist das Unternehmen an der Börse mehr wert als Fiat.
Im Mai haben die Bauarbeiten in Reno, Nevada, für die weltgrößte Batteriefabrik begonnen. Hier will Tesla nicht nur die Akkus für seine Elektroautos und auch sogenannte "Powerwalls" für den Hausgebrauch montieren, sondern auch die Batteriezellen selbst aus Rohstoffen herstellen. Das Investitionsvolumen beträgt fünf Milliarden Dollar, als Partner ist Panasonic mit im Boot.
Tesla gibt Pläne bekannt, mit dem Model 3 ein kompaktes Auto für den Massenmarkt auf den Markt bringen zu wollen. Der Wagen, der rudimentär erstmals im März 2016 gezeigt wurde, soll rund 35.000 Dollar kosten und soll über eine Reichweite von 320 Kilometern (200 Meilen) verfügen.
Nach der Vor-Premiere des Model 3 im März steht zur Jahresmitte ein weiterer Meilenstein an: In der Gigafactory werden die ersten Batteriezellen gefertigt. Diese sind zwar vorerst für die PowerWall-Heimakkus gedacht, bringen das Unternehmen aber einen Schritt näher an die Massenfertigung des Model 3.
Ende Juni 2017 übergibt Tesla die ersten 30 Model 3 an ihre Besitzer übergeben - allesamt sind Tesla-Beschäftigte. Die ersten 30 von mehr als einer halben Million Vorbestellungen, die Tesla erst einmal lange abarbeiten muss.
Tesla erreicht am 1. Juli das Produktionsziel für seinen Hoffnungsträger Model 3. In den sieben letzten Tagen des zweiten Quartals seien 5031 Fahrzeuge hergestellt worden, teilt der Konzern. Vom Erfolg der Serienfertigung beim Model 3 hängt ab, ob sich Tesla mit seinen 40.000 Beschäftigten vom unrentablen Nischenplayer zum profitablen Hersteller wandeln kann.
Dieses extrem schnelle Hochfahren der Produktion ist nicht ohne Risiko. 400.000 Autos pro Jahr mehr zu bauen stellt selbst etablierte Autobauer vor große Herausforderungen – Tesla als sehr junges Unternehmen muss hier erst noch Erfahrungen sammeln, auch wenn sie viel Personal aus der Autobranche abgeworben haben.
Tesla will aus seinen Fehlern gelernt haben
Immerhin erkennt Elon Musk seine eigenen Fehler. „Wir machen das einfachste Model 3 zuerst, wie wir es beim Model S gemacht haben“, schrieb Musk bei Twitter. „Wir haben es nicht mit dem Model X gemacht, weil ich ein Idiot war.“ Das Model X, ein großes Premium-SUV von Tesla, wird von zahlreichen Fehlern geplagt. Das Model S startete einst mit nur einem Antrieb und wenigen Batterie-Optionen. Beim Model X war von Anfang an das volle Programm mit vielen Batteriegrößen und Antriebsversionen verfügbar – Tesla baut für den Allradantrieb etwa gleich einen zweiten Elektromotor an der Vorderachse ein. Ein weiteres Beispiel für die Komplexität des Wagens sind die auffälligen „Falcon Wing“-Türen.
Die Konstruktion des Model 3 soll hingegen deutlich simpler sein, was die Massenfertigung einfacher machen würde. Zudem hat Tesla die Zahl der aufpreispflichtigen Extras für das Model 3 stark reduziert. Je geringer die Zahl der technischen Variationen ist, desto leichter ist die Fertigung skalierbar. Laut einem Vergleichs-Tool auf der Tesla-Seite stehen den Käufern beim Model S theoretisch 1500 Individualisierungsoptionen zur Wahl – auf all diese Optionen muss die Produktion vorbereitet sein. Beim Model 3 sollen es weniger als 100 unterschiedliche Konfigurationen sein. Um den Produktionsstart nicht zu gefährden, schränkt Tesla die Wahlmöglichkeiten für die ersten Kunden noch weiter ein. „Man kann nur über die Farbe und die Größe der Räder entscheiden, zumindest zu Beginn“, sagte Musk im Juni. Erst später werde es weitere Möglichkeiten zur Auswahl geben.
Trotz solcher Ankündigungen nimmt die Skepsis unter einigen Analysten zu. Die Investmentbank Morgan Stanley geht davon aus, dass Tesla bis weit ins Jahr 2019 hinein Verluste schreiben wird. Analyst Adam Jonas hält es sogar für möglich, dass Tesla zum Übernahmeziel wird. „Es ist immer schwerer vorstellbar, dass Tesla der dominante Spieler im Markt für Elektroautos wird und dass das Unternehmen auf lange Sicht eigenständig bleibt“, schreibt Jonas.