Tesla Model 3 Warum Elon Musks Vollgas-Aktion riskant ist

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Wird die Batteriefertigung der Flaschenhals?

Im ersten Halbjahr konnte Tesla mit 47.100 ausgelieferten Fahrzeugen die eigene Vorhersage von 47.000 bis 50.000 Einheiten gerade so einhalten. Das Unternehmen machte einen Produktionsengpass bei den teuren Hochleistungsbatterien mit 100 Kilowattstunden (kWh) verantwortlich, die es in den Top-Varianten von Model S und Model X anbietet. Hier habe die Fertigung bis Anfang Juni rund 40 Prozent unter der Nachfrage gelegen. Das Problem sei jedoch inzwischen behoben.

Die 100-kWh-Batterie wird zwar nicht im Model 3 zum Einsatz kommen. Die Probleme machen aber deutlich, dass die Produktion von Akkus alles andere als trivial ist. Eine vermeintlich kleine Anpassung von 90 auf 100 Kilowattstunden kann da genauso zum Problem werden wie der Start einer Massenfertigung von eigentlich etablierten Batterien mit einer Kapazität von 35 kWh.

Was Teslas Elektro-SUV im Alltag kann
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla
Tesla Model X Quelle: Tesla

Während über den Stand der Batterieproduktion in der Gigafactory in der Wüste Nevadas wenig bekannt ist, scheint die Fertigung der „klassischen“ Autoteile beim Model 3 weniger zum Problem zu werden als noch etwa beim Model X. Der Start des Elektro-SUV hatte sich mehrmals verzögert, weil immer wieder neue Probleme aufgetreten waren. Für ein neues Modell war der Wagen zu komplex – Tesla hatte das Model X von Anfang an mit allen Batterie- und Antriebsoptionen angeboten, außerdem haben sich die auffälligen „Falcon Wing“-Türen, die nach oben aufschwingen und sich dabei platzsparend zusammenfalten, für weitere Verspätungen bei Produktion und Auslieferung gesorgt.

Beim Model 3 will Musk diesen Fehler vermeiden. „Wir machen das einfachste Model 3 zuerst, wie wir es beim Model S gemacht haben“, erklärt er. „Wir haben es nicht mit dem Model X gemacht, weil ich ein Idiot war.“ Soll heißen: Am Anfang wird es nur wenige Individualisierungsmöglichkeiten geben, die ersten 30 Model 3 werden sich kaum unterscheiden.

Tesla baut weiter an seiner Batteriefabrik
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Tesla Gigafactory Quelle: Tesla
Im Juli 2016 hatte Tesla zur offiziellen Eröffnung erstmals Presse-Fotografen auf das Gelände gelassen. Die bezeichnend "Gigafactory" genannte Anlage gehört sogar zu den größten Produktionsstätten überhaupt. Hier sollen Akkus für Elektroautos und Heimspeicher vom Band laufen – mehr als alle Hersteller der Welt heute zusammen produzieren. (Stand: Juli 2016) Quelle: AP
Im Juli waren erst 14 Prozent der Anlage in Betrieb. Dennoch hatte Tesla-Gründer Elon Musk Ende Juli zur Eröffnungsfeier geladen – einige Tage vorher durften sich bereits Journalisten und Fotografen auf dem Fabrikgelände umsehen. Voll in Betrieb soll die Anlage erst 2018 sein. Bis dahin wird an allen Ecken und Enden gebaut. Quelle: REUTERS
Auch wenn es noch nicht so aussieht: Diese Halle ist einer der Grundpfeiler der Strategie von Elon Musk, mit der er Tesla von einem Nischen- zu einem Massenhersteller machen und ganz nebenbei dem Elektroauto zum Durchbruch verhelfen will. Quelle: REUTERS
Die eigenen Batterien sind unerlässlich, wenn Tesla mit dem Model 3 (im Bild ein ausgestellter Prototyp) ab dem kommenden Jahr die Massen mobilisieren soll. Zum einen, weil momentan gar nicht genügen Akkus für die angepeilten Stückzahlen des Model 3 zugekauft werden könnten. Zum anderen, weil sie schlichtweg zu teuer wären. Der angekündigte Preis von 35.000 Dollar für den Wagen wäre nicht zu halten. Quelle: REUTERS

Je geringer die Zahl der technischen Variationen ist, desto leichter ist die Fertigung skalierbar. Laut einem Vergleichs-Tool auf der Tesla-Seite stehen den Käufern beim Model S theoretisch 1500 Individualisierungsoptionen zur Wahl – auf all diese Optionen muss die Produktion vorbereitet sein. Beim Model 3 sollen es weniger als 100 unterschiedliche Konfigurationen sein. Um den Produktionsstart nicht zu gefährden, schränkt Tesla die Wahlmöglichkeiten für die ersten Kunden noch weiter ein. „Man kann nur über die Farbe und die Größe der Räder entscheiden, zumindest zu Beginn“, sagte Musk im Juni. Erst später werde es weitere Möglichkeiten zur Auswahl geben.

Dazu kommt: Bereits die Grundkonstruktion des Model 3 ist deutlich simpler – auch das erleichtert die Massenfertigung. Bei dem Elektro-Kompaktwagen handelt es sich nicht um eine geschrumpfte Version des Model S, sondern um eine komplett eigenständige Entwicklung. Während die Oberklasse-Limousine Model S eine Voll-Aluminium-Karosserie hat, soll beim Model 3 auch Stahl zum Einsatz kommen. Beim Fahrwerk werden im Model 3 klassische Schraubfedern verbaut – das Model S kann optional mit einer Luftfederung bestellt werden. In der Basisversion soll das Model 3 zudem ein einfaches Metalldach haben. Ein Glasdach, kein Schiebedach wohlgemerkt, gibt es nur gegen Aufpreis.

Elektroautos im Kostenvergleich

Die entscheidende Frage wird aber wohl frühestens 2019 beantwortet werden: Verdient Tesla damit endlich Geld? Selbst wenn die Produktion des Model 3 schnell profitabel ist, dürften die enormen Kosten für den Produktionsanlauf und auch die Investitionen in mögliche weitere Werke (im Gespräch ist China) sämtliche potenziellen Gewinne wieder auffressen. Erst wenn Musk die Geschäftszahlen für das Jahr 2018 vorlegt, wird sich zeigen, ob er seine Elektroauto-Firma mit dem Model 3 auf Dauer erfolgreich betreiben kann – oder ob er sie mit seinen Expansionsplänen zugrunde gerichtet hat.

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