Übernahme von TRW Die Herkulesaufgabe für ZF Friedrichshafen

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Bessere Position für ZF birgt Gefahren

Technologisch passt die Übernahme ebenfalls: ZF ist Spezialist für Getriebe und Fahrwerkskomponenten, TRW fertigt vor allem Sicherheitstechnik und Elektronik. Mit der Übernahme kauft sich ZF bisher fehlendes Know-how, um bei Zukunftsthemen wie Elektromobilität, Internet-Vernetzung von Fahrzeugen und Technik für automatisiertes oder teilautomatisiertes Fahren mitmischen zu können – alles Bereiche, in denen Bosch und Continental bislang die Nase deutlich vorn haben.

Der Aufstieg in die neue Liga, die bessere Positionierung in den wichtigen globalen Märkten und bei zukunftsträchtigen Technologien birgt für ZF allerdings auch große Risiken. In der überschaubaren Welt der Getriebehersteller verfügt ZF als Weltmarktführer über jahrzehntelange Erfahrung. Bei Zukunftsthemen wie der Elektromobilität, beim automatisierten Fahren, bei der Entwicklung energieeffizienter Motoren oder bei der internetbasierten Vernetzung des Autos sind die Manager vom Bodensee dagegen eher Anfänger und müssen den Vorsprung von Bosch und Continental erst noch aufholen.

Die größten Automobilzulieferer weltweit

Bosch kann womöglich sogar von der ZF-Aufholjagd und der TRW-Übernahme profitieren: Weil ZF sich aus kartellrechtlichen Gründen – auch TRW fertigt elektrische Lenkungen – aus dem mit Bosch gemeinsam betriebenen Joint Venture ZF Lenksysteme zurückzieht, übernimmt der bisherige Partner den Laden ganz. Elektrische Lenkungen sind einer der Hauptkomponenten für automatisiertes Fahren. Mit der Komplettübernahme holt Bosch sich zusätzliches Know-how ins Haus.

Auch bei wichtigen Kennzahlen wie Profitabilität und Forschungsinvestitionen schneidet ZF im Vergleich zu den beiden Marktführern schlechter ab. Der Reifen- und Elektronikhersteller Continental aus Hannover kommt auf eine Umsatzrendite von 9,8 Prozent, Bosch auf 6,1 Prozent. ZF ist mit nur knapp fünf Prozent vergleichsweise ertragsschwach. Bei Forschung und Entwicklung läuft ZF ebenfalls hinterher: Bosch investiert hier fast zehn Prozent seiner Umsätze, Conti immerhin 5,6 Prozent. ZF bisher knapp fünf Prozent.

Womit die Zulieferer zu kämpfen haben

Was in der Euphorie über die neue globale Präsenz, über Skalenvorteile und technisches Synergiepotenzial ebenfalls völlig untergeht: Wenn der Kaufpreis bezahlt ist, geht die eigentliche Arbeit erst los. Bevor der erste Synergie-Euro verdient wird, muss das übernommene Unternehmen integriert werden. „Die Gefahren, die in der operativen Umsetzung der Integration lauern, werden in der Regel erst nach Vertragsunterzeichnung deutlich – also, wenn man das Problem bereits am Bein hat“, warnt Johannes Gerds, Inhaber der Düsseldorfer Managementberatung InnoCorp.

Unterschiedliche Kulturen

Auch was in der Theorie strategisch passt, muss in der Praxis nicht unbedingt reibungslos funktionieren. Die Übernahme von Continental durch den Kugel- und Wälzlagerhersteller Schaeffler etwa hat bis heute kaum neue gemeinsame Produkte hervorgebracht, obwohl die Begründung damals ganz ähnlich war wie heute bei ZF und TRW: Das elektronische Know-how von Conti sei die ideale Ergänzung der mechanischen Kompetenz von Schaeffler. Davon ist wenig zu sehen, den Schuldenberg aus der Übernahme abzutragen wird Schaeffler allerdings noch Jahre kosten.

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