US-Abgasskandal Ermittler nehmen Audi in den Fokus

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Neue Dimension im Abgasskandal

Den Staatsanwälten ist das aber offenbar nicht genug. Die Staatsanwaltschaft München II hatte bereits vor einigen Wochen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrugs und strafbare Werbung eingeleitet. Die Ermittlungen im Fall Audi richten sich aber noch gegen Unbekannt und nicht gegen einzelne Manager oder Ingenieure.

Im Kern lautet der Vorwurf, dass Audi eine ähnliche Manipulationssoftware bei den von den Ingolstädtern entwickelten 3.0-TDI-Motors installiert und in den USA verkauft hätten. Die Geschäfte in Europa sind nicht betroffen. Ähnlich hatten auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig bei Volkswagen begonnen, doch inzwischen gibt es mehrere Beschuldigte, es wird sogar gegen Vorstandsmitglieder ermittelt.

So weit ist es bei Audi noch nicht. Doch es scheint nur eine Frage von Wochen oder Monaten zu sein, bis die Staatsanwälte konkretere Vorwürfe formulieren. Intern hatte sich Audi bereits von mehreren Managern getrennt, unter anderem der frühere Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg und später auch von seinem Nachfolger Stefan Knirsch – beide waren in der Verantwortung, über konkrete Vorwürfe oder Verfehlungen ist bislang aber wenig bekannt.

Auch Ulrich Weiß, früher Leiter der Dieselmotorenentwicklung bei Audi, wurde im November 2015 nach dem Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe bei den von Audi entwickelten 3.0-TDI-Motoren beurlaubt und später entlassen. In dem folgenden Prozess vor dem Arbeitsgericht Heilbronn belastete Weiß Stadler schwer – so soll der Audi-Chef bereits 2012 informiert gewesen sein und nichts unternommen haben.

Eine vom Audi-Aufsichtsrat beauftragte Anwaltskanzlei hat die Vorwürfe nach eigenen Ermittlungen zwar als unzutreffend bezeichnet – woraufhin der Aufsichtsrat unter Vorsitz von VW-Chef Matthias Müller Stadler das Vertrauen aussprach. Darauf berief sich Stadler auch am Mittwoch, „mehr gebe es dazu nicht zu sagen“. Aus dem Schneider ist Stadler damit aber noch nicht, jetzt übernehmen die Staatsanwälte.

Für den Volkswagen-Konzern erreicht der Abgasskandal damit eine neue Dimension. Die strafrechtlichen Ermittlungen hatten sich bislang auf die Konzernzentrale und die Entwicklung der Marke VW gerichtet. Dabei war es nur eine Frage der Zeit, wann sich der Fokus der Staatsanwälte auch nach Ingolstadt richtet. Die Sechszylinder-Diesel von 83.000 in den USA verkauften Fahrzeuge von VW, Porsche und Audi wurden von den Ingolstädtern entwickelt, gebaut und ausgeliefert.

Dass die Münchner Ermittler nun erst im März 2017 aktiv wurden, liegt offenbar an den Ermittlungen in den USA: Als die dortigen Ermittler zusammen mit VW ein „Statement of Facts“ zum aktuellen Erkenntnisstand veröffentlichten, wurden auch konkrete Vorwürfe gegen Mitarbeiter der Audi AG erhoben – unter anderem die Entwicklung des „Defeat Device“ für die US-Motoren sowie die Vernichtung von Akten.

„Das Statement of Facts enthält gewichtige und relevante Erkenntnisse zum Gesamtkomplex 'Abgasaffäre-Audi', die derzeit analysiert und einer abschließenden rechtlichen Bewertung zugeführt werden“, erklärte die Staatsanwaltschaft München II kürzlich auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“. Ein Rechtshilfegesuchen an die US-Kollegen soll aber ohne Antwort geblieben sein..

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