Dass die Fahrzeuge mit der neuen Software zumindest nach Wahrnehmung der Kunden teilweise nicht mehr so laufen, wie vorher, zeigen Recherchen der WirtschaftsWoche, die von der Umfrage gestützt werden. Die Teilnehmer konnten ihre Probleme mit dem Fahrzeug in einem Feld der Befragung frei eintragen. Ausfüllen durfte es nur, wer zuvor angegeben hatte, dass er das Update bereits hat machen lassen. Die Folgen, die die Halter schildern, ähneln sich teilweise bis ins Detail: Einige der Befragten klagen darüber, dass ihr Wagen jetzt mehr Sprit verbrauche als vorher. Die meisten Fahrer geben den Mehrverbrauch mit 0,5 bis 1,0 Liter auf 100 Kilometern Wegstrecke an.
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) bestätigt diese Beobachtung der VW-Kunden. Beim Test auf dem Prüfstand sei der Verbrauch des getesteten Golf zwar stabil geblieben. Auf der Straße stieg der Verbrauch jedoch um bis zu 2,5 Prozent an.
VW sagt, der Konzern garantiere „jedem Kunden, dass an seinem Fahrzeug durch die technischen Maßnahmen keine Verschlechterung hinsichtlich Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen, Motorleistung und Drehmoment sowie Fahrzeugakustik“ eintrete. Das Update werde nur dann vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) freigegeben, wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien. Die Krux: VW und KBA messen nur den Kraftstoffverbrauch auf dem Prüfstand, Kunden aber fahren im Straßenverkehr. Sie schalten die Klimaanlage ein oder geben Vollgas. Ihnen nützt es nichts, wenn die Autos im Testzyklus genauso viel Sprit verbrauchen wie vorher, für sie zählt das echte Leben.
Auch der Bestseller Tiguan ist betroffen
Mehrere Kunden meinen, dass der Motor vor dem Update leiser gewesen sei beziehungsweise weicher geklungen habe. Ein Kunde nimmt seit dem Werkstattbesuch „stark nagelnde Verbrennungsgeräusche“ wahr. Ein anderer berichtet von „seltsam klingenden, scheppernden Geräuschen“, vor allem bei kaltem Motor.
VW sagt, dass „eine kleine Anzahl Kunden“ wahrgenommen habe, dass sich durch das Softwareupdate „das Frequenzspektrum des Motorgeräuschs leicht verschieben“ könne, „obwohl sich die Lautstärke nicht verändert hat“. Betroffen sei der VW Tiguan. Die Kunden können das Problem durch ein weiteres Update beheben lassen.
Die Milliarden-Buße für VW im Überblick
Der Konzern hat mit US-Klägern einen Vergleich ausgehandelt. Demnach muss VW die knapp 15 Milliarden Dollar für verschiedene Dinge ausgeben: für einen Umweltfonds und die Förderung von emissionsfreien Autos etwa. Der weitaus größte Teil wird aber an Kunden fließen, die in den USA einen manipulierten VW oder Audi besitzen.
Die reine Entschädigung für Autobesitzer soll zwischen 5100 und knapp 10.000 Dollar pro Fahrzeug liegen. Das kommt darauf an, wie alt das Auto ist. Zusätzlich muss der Konzern den Kunden anbieten, ihre Autos zurückzukaufen. Die Diesel-Besitzer sollen dabei so viel Geld bekommen, wie ihr Auto vor Bekanntwerden der Manipulationen wert war.
Jein. Generell haben US-Kunden eine Wahlmöglichkeit: Entweder Rückruf mit einer Nachbesserung oder Rückkauf, also Rückgabe. Diese Varianten stehen in Deutschland und Europa nicht zur Auswahl. Dafür hat der Rückruf hierzulande schon begonnen und in den nächsten Wochen soll er weiter Fahrt aufnehmen, so dass zum Jahresende alle 2,5 Millionen Diesel in Deutschland nachgebessert sein könnten. In den USA hat VW bis Mai 2018 Zeit, um sich technische Nachbesserungslösungen von den Behörden absegnen zu lassen. Das gilt dort als deutlich kniffliger.
Wahrscheinlich nicht viel. Volkswagen hat wiederholt betont, dass eine Entschädigung wie in den USA in Europa und damit auch in Deutschland nicht infrage komme. Vorstandschef Matthias Müller selbst hat das mehrfach ausgeschlossen. Verbraucherschützer kritisieren, dass Kunden in den USA mehr bekommen sollen. Einige Anwaltskanzleien haben sich zum Ziel gesetzt, auch für betroffene Autobesitzer in Europa Schadenersatz zu erstreiten. Die Erfolgsaussichten sind aber aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme ungewiss.
Nein. Zum einen müssen sich nicht alle Kläger in den USA einem Vergleichsvorschlag anschließen und können individuell weiter klagen. Auch von drei US-Bundesstaaten sind inzwischen Klagen eingegangen. Zum anderen muss VW auch außerhalb der USA viele Verfahren bewältigen. In Deutschland fordern ebenfalls Kunden Entschädigungen oder Rückkäufe. Gerichte haben hier in ersten Instanzen unterschiedlich geurteilt. Zudem fühlen sich zahlreiche VW-Aktionäre von dem Konzern zu spät über die Manipulationen informiert. Sie wollen sich Kursverluste erstatten lassen.
Einige der Befragten berichten, dass ihr Auto seit dem Werkstattbesuch ruckelt. VW räumte ein, dass es bezogen auf den Golf Blue Motion Technology einzelne Beschwerden gegeben habe. Für das Modell hat VW ein weiteres Update entwickelt. Die Betroffenen müssen noch einmal in die Werkstatt kommen, um es aufspielen zu lassen.
Vereinzelt kommt es vor, dass das Abgasrückführventil plötzlich defekt ist. Dieses Ventil reguliert, wie viel Stickoxid ein Auto ausstößt. Betroffen ist laut VW wieder der Tiguan. Insidern zufolge hat sich VW in solchen Fällen bereits an den Kosten für ein neues Ventil beteiligt oder sie ganz übernommen. VW sagt, dass dies „in keinem direkten Zusammenhang mit dem Softwareupdate“ stehe. Ursache sei vielmehr ein Verschleiß des Ventils. Dennoch seien den Kunden im Rahmen von Einzelfallprüfungen „individuelle Kulanzangebote unterbreitet“ worden.