Volkswagen Geburtstagsgeschenk für Herrn Piëch

VW möchte den Motorradhersteller Ducati kaufen. Es soll eine Geschenk für Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch zum Geburtstag sein. Doch was hat VW davon?

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Sinnvolle Investition: Ducati erwirtschaftet eine Umsatzrendite von 20 Prozent

Der Countdown läuft. Nur noch drei Wochen, dann feiert der große Vorsitzende des Volkswagen-Konzerns, Aufsichtsratschef und Porsche-Großaktionär Ferdinand Piëch, seinen 75. Geburtstag – und Volkswagen-Chef Martin Winterkorn hat noch immer kein Geschenk. Dabei hatte es Piëch seinem Vertrauten wirklich leicht gemacht: Schon vor drei Jahren setzte Piëch den italienischen Motorradhersteller Ducati ganz oben auf seinen Wunschzettel. Ducati sei ein tolles Unternehmen, ließ er die Öffentlichkeit wissen, und eine schöne Ergänzung für Volkswagen. Lange Zeit passierte nichts. Nun aber, da das Jubiläum des mächtigen Ducati-Fans näher rückt, dreht VW auf. Es gebe „sehr weit fortgeschrittene Kaufverhandlungen“ zwischen der VW-Tochter Audi und den Ducati-Eigentümern, heißt es in Verhandlungskreisen.

Damit hat Winterkorn gute Chancen, am 21. April, wenn Piëchs Geburtstagsparty in Dresden steigt, nicht mit leeren Händen dazustehen. Ob das Geschenk auch für VW Anlass zur Freude bietet, muss sich aber erst noch zeigen. Einerseits schrumpft der Motorradabsatz in vielen Ländern dramatisch. Andererseits messen Experten den Motorradherstellern eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung kleiner, umweltfreundlicher Fahrzeuge bei, die in Ballungsräumen und Entwicklungsländern eine große Zukunft haben könnten.

Im Vordergrund des Ducati-Deals stehen aber andere Erwägungen, daran lässt der Zeitplan der Verhandlungen keinen Zweifel: „Unmittelbar vor Piëchs Geburtstag“ müsse sich Audi entscheiden, denn dann laufe ein vereinbartes Vorkaufsrecht ab, berichtet ein Beteiligter. Es sei „wahrscheinlich“, dass der Kauf kurz vor dem großen Jubelfest besiegelt werde. Rund 870 Millionen Euro, so der Insider, seien als Kaufpreis vorgesehen. Schulden der Motorradschmiede von rund 200 Millionen Euro würden damit voraussichtlich verrechnet. Dies sei allerdings „noch Gegenstand der laufenden Verhandlungen“. Das kostspielige Geburtstagspräsent könnte eine fixe Idee Piëchs Wirklichkeit werden lassen: 13 Marken unter dem Volkswagen-Dach zu versammeln. „13“, orakelte Piëch schon 2009, „ist meine Glückszahl.“ Rechnet man die VW-Beteiligungen an Porsche und Suzuki als elfte und zwölfte Marke, würde Ducati nun pünktlich zum Jubiläum des Enkels von Porsche-Gründer Ferdinand Porsche die magische Zahl erfüllen. Zahlensymbolik und treue Ergebenheit gegenüber dem Patron aus Salzburg dürften aber nicht die einzigen Motive Winterkorns sein. Die italienische Marke, die die Herzen von Bikern und Rennsportbegeisterten höher schlagen lässt, behauptet sich gut am Markt. Unabhängig von den Altschulden hat Ducati 2011 bei einer halben Milliarde Euro Umsatz 110 Millionen Euro operativen Gewinn erzielt. Die entsprechende Umsatzrendite von mehr als 20 Prozent ließe die meisten Autobauer vor Neid erblassen. „Der Kauf wäre allein deshalb schon als Investition sinnvoll“, rechtfertigt ein VW-Manager die Pläne.

Der Ferrari unter den Motorrädern

MotoGP rider Nicky Hayden of the United State steers his Ducati Quelle: dapd

Ducati sei nach Jahren der Sanierung „ein perfektes Unternehmen“, frohlockte vor einigen Wochen auch der Finanzinvestor Andrea Bonomi, dessen Gesellschaft Investindustrial 70 Prozent an Ducati hält. Die restlichen Anteile liegen beim Hedgefonds BS und dem kanadischen Pensionsfonds Hospitals of Ontario Pension Plan. Um weiter wachsen zu können, so Bonomi, benötige Ducati nun „die Unterstützung eines Branchenpartners von Weltrang“. Doch auch mit einem Autoriesen wie VW im Rücken wird es die rassige Motorradmarke, die von Fans auch „Ferrari unter den Motorrädern“ genannt wird, nicht leicht haben. Denn der Markt für klassische Motorräder wird in vielen Ländern immer kleiner. Der Industrieverband Motorrad gibt sich wenig Mühe, die Situation schönzureden: In Europa gehe es „steil bergab mit den Verkaufszahlen“, heißt es unverblümt. Hersteller hätten mitunter große Schwierigkeiten, ihre Verkaufszahlen auch nur stabil zu halten. Wachstumsimpulse kämen aus Schwellenländern. Nur ein deutscher Autobauer sticht in dem miserablen Umfeld als Sieger hervor: BMW. Den Münchnern gelang es mit der Motorradmarke BMW in den vergangenen zwei Jahren, gegen den Markttrend zu wachsen. 2011 stieg der Absatz um gute sechs Prozent, in vielen Ländern konnte BMW seinen Marktanteil kräftig ausbauen.

BMW sei der beste Beleg, dass sich eine Motorradsparte für einen Autobauer rechnen könne, heißt es prompt auch bei VW. Doch der „grandiose Erfolg“ (Motorrad-Verband) der Münchner relativiert sich bei genauerem Hinsehen. Getrübt werden die jüngsten Verkaufserfolge ausgerechnet von Rückschlägen bei der italienischen Motorradmarke Husqvarna, die sich BMW Ende 2007 einverleibte. Hier sind die Verkäufe seit drei Jahren rückläufig. Für 2011 steht ein dickes Minus von 23 Prozent im Geschäftsbericht. Eher dürftig sind auch die Gewinne, die die Zweiräder beisteuern: Auf nur 2,8 Prozent Umsatzrendite kam die Motorradsparte 2011. Bei den Autos waren es 10,8 Prozent.Soll die VW-Investition in Ducati mehr sein als ein extravagantes Geburtstagsgeschenk für den Milliardär Piëch, muss der Zukauf die Entwicklung von Mobilitätslösungen für die weltweit wachsenden Ballungsräume beflügeln. VW könne dabei vor allem von der fortschrittlichen Steuerung der Ducati-Motoren und dem Leichtbau-Know-how der Italiener profitieren, meinen Insider. Die Technik könnte auch das kleine Ein-Liter-Auto XL1 voranbringen, das VW 2013 auf den Markt bringen will – und das ebenfalls ein Lieblingsprojekt von Ferdinand Piëch ist.

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