Nach dem Streit mit einem Lieferanten nimmt Volkswagen seine Einkaufspolitik unter die Lupe. "Wir werden uns mal genauer unsere Einkaufsverträge anschauen, mit allen Lieferanten, und dann versuchen, das Ganze zu optimieren", kündigte Vorstandschef Matthias Müller im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten an. Dabei werde man sich auch mit der Frage befassen, in welchen Fällen es noch sinnvoll sei, Bauteile nur von einem Lieferanten zu beziehen.
Zwei Töchter der Prevent-Gruppe hatten ihre Lieferungen an VW eingestellt und damit die Produktion in mehreren Werken lahmgelegt. Die Wolfsburger hatten keinen anderen Lieferanten für bestimmte Sitzbezüge und Getriebegehäuse. Zehntausende Beschäftigte waren von Kurzarbeit bedroht. Grund für die Eskalation des Konflikts war ein von VW gekündigter Entwicklungsauftrag, für den Prevent einen Ersatz durchsetzen wollte.
Vergangene Woche legten Volkswagen und die Prevent-Gruppe aus Bosnien ihren Streit nach einem Verhandlungsmarathon bei und vereinbarten eine langjährige Partnerschaft. Beide Seiten verzichteten Insidern zufolge zudem gegenseitig auf Schadensersatzforderungen. Um VW künftig vor solchen Streiks zu schützen, wurde eine Vertragsstrafe in Millionenhöhe und eine Schiedsstelle eingerichtet.
Müller machte deutlich, dass er bei den anderen Lieferanten, die dem VDA angehörten, keine solche Problem erwartet. Die im Verband der Automobilindustrie zusammengeschlossenen Hersteller und Zulieferer hielten sich an vereinbarte Verhaltensregeln. Prevent gehöre dem VDA nicht an. Aus Anlass des Streits werde das Verhältnis zwischen Zulieferern und Herstellern auch Thema der nächsten Sitzung im Branchenverbandes sein, sagte Müller.
Müller will keine Zellfertigung
Mit Blick auf die in den USA laufenden Verhandlungen im Abgasskandal über die Umrüstung von Dieselautos mit 3,0-Liter Motor sagte Müller, er rechne in einigen Wochen mit einem Ergebnis. Vorher wolle er nicht spekulieren. "Das sind sehr konstruktive Gespräche zu einem sehr komplizierten technischen Sachverhalt." Das US-Bezirksgericht in San Francisco hatte Verhandlungen mit dem Justizministerium über einen Vergleich bei diesen Wagen angeordnet. Dies könnte die Reparatur oder den Rückkauf der von überhöhten Abgaswerten betroffenen 85.000 Fahrzeuge erfordern. Bis Ende Oktober muss Volkswagen nun seine Lösungsvorschläge einreichen. Für den 3. November setzte das Gericht eine weitere Anhörung an.
Müller machte klar, dass Volkswagen nicht den Bau einer Fabrik für Batteriezellen plant. "So einen Blödsinn machen wir sicherlich nicht." Die Produktion von Batteriezellen sei hochautomatisiert, biete zudem nur wenige Arbeitsplätze und sei "schweineteuer". Der Konzern schaue sich die gesamte Prozesskette der Batterietechnologie an. Das beginne mit der Förderung von Rohstoffen über deren Verwendung bis hin zur Zellfertigung und dem Bau von Batterien sowie deren Einbau in ein Auto.
VW werde noch in diesem Jahr seine Pläne bekanntgeben. "Dann werden wir sehen, inwieweit wir uns in diesem Thema engagieren und letztendlich auch investieren." Vor einigen Monaten war spekuliert worden, VW könnte für mehrere Milliarden Euro eine Batteriezellenproduktion in Niedersachsen errichten. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte der Deutschen Presse-Agentur kürzlich gesagt, er sehe keine zwingende Notwendigkeit für eine eigene Zellfertigung – für eine eigene Batteriefabrik aber sehr wohl.
Dies hatte auch die Debatte über eine Zusammenarbeit der Autobauer neu entfacht. Die Hersteller wollen vorbereitet sein, wenn die Nachfrage nach Elektroautos steigt und von Lieferanten aus Südkorea und Japan unabhängiger werden.