Volkswagen Nein zu Mitbestimmung in USA

Die US-Gewerkschaft UAW gilt bei konservativen Amerikanern als Mitschuldiger am Niedergang der heimischen Autoindustrie. Nun wollte die Gewerkschaft mit Rückendeckung der IG Metall in das VW-Werk in Tennessee einzuziehen.

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Der Niedergang der US-Autoindustrie in Detroit hat der UAW schwer zugesetzt. Quelle: AP

Eigentlich haben nur die Arbeiter einer vergleichsweise kleinen amerikanischen Autofabrik darüber abgestimmt, ob sie künftig von der Gewerkschaft UAW vertreten werden möchten. Doch die Abstimmung vor gut einer Woche im VW-Werk Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee, bei der sich 53 Prozent von rund 1300 Arbeitern gegen die UAW aussprach, war so viel mehr: Zieht die mit der IG Metall verbündete UAW in das Werk ein, könnte das der Beginn eines Eroberungsfeldzuges der UAW im Süden der USA sein, wo Gewerkschaften bislang eine schwache Stellung haben. Das könnte auf lange Sicht die Löhne in der amerikanischen Industrie steigen lassen – deshalb liefen republikanische Politiker (und hinter den Kulissen auch viele Autobauer) Sturm gegen die UAW-Pläne in Chattanooga.
Der Niedergang der US-Autoindustrie in Detroit hat der UAW schwer zugesetzt. Erfolge im Süden, wo etwa VW, BMW, Mercedes, Toyota und Nissan ihre Werke haben, würden die UAW retten und die Partner-Gewerkschaft IG Metall bei ihrem Versuch unterstützen, die Gewerkschaftsbewegung zu globalisieren. Deshalb geht die UAW nun mit aller Macht gegen die Abstimmungsniederlage vor: Die Gewerkschaft fechtet das Wahlergebnis von Chattanooga rechtlich an.
Politiker und Lobbygruppen hätten sich, so klagt die UAW, in die Abstimmung unzulässig eingemischt und die Meinung der Arbeiter manipuliert. Damit bewegt sich die UAW auf recht dünnem Eis – öffentliche Debatten mit Einmischung von allen Seiten sind bei solchen Abstimmungen weit verbreitet und für die Meinungsbildung sogar sinnvoll. In dem jüngsten Vorstoß der UAW lauert deshalb eine enorme Gefahr für das Image der Gewerkschaft. Sie muss sich künftig den Vorwurf gefallen lassen, dass sie dem Urteilsvermögen der Arbeiter, die sie vertreten will, nicht traut, dass sie ihren Willen nicht respektiert.

Im Vorfeld der Wahl hatten republikanische Politiker damit gedroht, bei einem Sieg der Gewerkschaft den Wolfsburger Autobauer künftig von Investitionshilfen auszuschließen. Ein Senator sagte zudem, dass das VW-Werk bei einem gewerkschaftsfreundlichen Votum ein geplantes neues SUV-Modell verlieren würde. Das hätten ihm VW-Manager gesagt. Der Werksleiter dementierte. Nun muss die zuständige Aufsichtsbehörde National Labor Relations Board (NLRB) entscheiden, ob dies eine unzulässige Beeinflussung war, wie die Gewerkschaft sagt.
Das neue SUV-Modell, das die Gemüter so erhitzt, ist der größte VW aller Zeiten. Fünf Meter lang und mannshoch ist das wuchtige Gefährt, das Volkswagen vor einem Jahr auf der Automesse in Detroit präsentierte. Vorläufige Bezeichnung des himmelblauen Prototyps: Cross Blue. Der Wagen ist zugeschnitten auf den US-Markt, wo der Trend zum SUV ungebrochen ist. Mit dem Cross Blue könnte VW sein lahmendes Amerika-Geschäft ankurbeln und den Anspruch untermauern, dort mehr als eine Nischenmarke zu sein.

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