VW will im Abgasskandal noch in diesem Jahr die Umrüstung aller manipulierten Dieselmodelle in Europa auf den Weg gebracht haben. Ob der Konzern es aber schafft, die Aktion wie ursprünglich geplant auch 2016 abzuschließen, ist ungewiss. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass der Rückrufprozess das gesamte Kalenderjahr 2016 umfassen und bis Ende des Jahres für alle betroffenen Modelle begonnen haben wird“, sagte der Vertriebschef der Marke VW, Jürgen Stackmann, der Deutschen Presse-Agentur.
Bislang stehen die Werkstätten etwa 4,6 Millionen manipulierten Autos für die Umrüstung offen, weltweit sind 11 Millionen Fahrzeuge betroffen. Stackmanns Äußerung zielt in eine ähnliche Richtung wie Aussagen von Konzernchef Müller, wonach möglicherweise nicht alle Umrüstungen 2016 zu schaffen seien.
Das ursprüngliche Ziel des Konzerns war es, die gesamte Umrüstaktion in diesem Jahr abzuschließen. Es fehlen aber noch Freigaben vom Kraftfahrt-Bundesamt für die technischen Lösungen zahlreicher Modelle. Im ersten Halbjahr hatte es Verzögerungen unter anderem beim Modell Passat gegeben.
Trotz des Skandals und schärferer Abgasvorgaben will VW Dieselmotoren aber noch über Jahre auch in günstigere Kleinwagen einbauen. „Es wird auch 2020 noch einen Polo-Diesel geben“, sagte Stackmann.
Um die Zukunft des Dieselantriebs, besonders in den Innenstädten, gibt es seit der VW-Abgas-Affäre verstärkt Diskussionen. Auch dessen Steuervorteile stehen zur Debatte.
Konzernchef Matthias Müller mahnte zudem kürzlich, die Diesel-Fortentwicklung werde „enorm teuer und aufwendig“. Parallel würden Elektroantriebe billiger, so dass VW sich fragen müsse, „ob wir ab einem gewissen Zeitpunkt noch viel Geld für die Weiterentwicklung des Diesels in die Hand nehmen“.
E-Mobilität aus dem Nischendasein holen
Stackmann betonte: „Das Thema E-Mobilität wird für die Marke VW kein Nischenthema mehr sein, sondern ein relevantes Geschäft mit großem Aufschlag auch beim Volumen.“ Die Reichweite sei ein Schlüsselthema ebenso wie die Lademöglichkeiten.
Der VW-Vertriebschef versprach: „Wir bereiten uns auf einen großen, beherzten Schritt in der E-Mobilität vor, der Dornröschenschlaf wird sehr schnell ein Ende haben.“ Industrie und Bundesregierung fördern die E-Mobilität seit kurzem mit einer Kaufprämie. „Ob das Ziel der Bundesregierung mit einer Million E-Autos 2020 erreicht wird, wird sich zeigen“, sagte Stackmann.
Wie VW im ersten Quartal abgeschnitten hat
Im Auftaktquartal 2016 hat Volkswagen 2,577 Millionen Fahrzeuge abgesetzt – zum ersten Quartal 2015 ein Rückgang von 1,2 Prozent (2,607 Millionen Fahrzeuge).
Zum Stichtag 31. März 2016 haben 613.075 Menschen für VW gearbeitet. Gegenüber dem Jahr 2015 sind das 0,5 Prozent mehr – damals waren es 610.076 Menschen.
In Deutschland sinkt jedoch die Zahl der VW-Mitarbeiter, zuletzt um 800 auf rund 277.900 Stellen. Der Zuwachs kommt aus dem Ausland, wo VW um fast 4.000 Stellen auf 335.200 Jobs zulegte.
Beim Umsatz musste VW im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Minus von 3,4 Prozent hinnehmen. Die Umsatzerlöse sanken von 52,735 Milliarden Euro auf aktuell 50,964 Milliarden Euro.
Das operative Ergebnis (Ebit) stieg um 3,4 Prozent auf 3,44 Milliarden Euro – zum Jahresauftakt 2015 waren es noch 3,328 Milliarden Euro. Die operative Rendite stieg von 6,3 auf 6,8 Prozent.
Das Ergebnis nach Steuern ging deutlich zurück – von 2,932 Milliarden Euro im Q1 2015 auf aktuell 2,365 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang von 19,3 Prozent.
Die Marke Volkswagen Pkw verzeichnete in den ersten drei Monaten gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Volumen- und Umsatzrückgang. Der Umsatz von VW-Pkw sank von 26,3 Milliarden Euro auf 25,1 Milliarden Euro, der Absatz fiel von knapp 1,12 Millionen auf 1,07 Millionen Fahrzeuge. Infolge dessen ging das Operative Ergebnis vor Sondereinflüssen auf 73 (514) Millionen Euro zurück, die operative Marge erreichte im ersten Quartal 0,3 Prozent.
Mit 1,3 Milliarden Euro erreichte Audi annähernd wieder das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen des Vorjahres. Bei einem nahezu stabilen Umsatz sank die operative Marge leicht von 9,7 auf 9,0 Prozent.
Bei Skoda stieg das operative Ergebnis aufgrund positiver Mixeffekte und geringerer Materialkosten um gut 30 Prozent auf 315 (242) Millionen Euro. Die operative Marge legte bei deutlich gestiegenem Umsatz auf 9,3 (7,6) Prozent zu.
Seat verbesserte sein Operatives Ergebnis aufgrund von Kostenoptimierungen auf 54 (33) Millionen Euro. Dies entspricht einer Steigerung der Operativen Rendite auf 2,6 (1,5) Prozent.
Gemessen am operativen Ergebnis ist Bentley im ersten Quartal in die roten Zahlen gerutscht. Statt einem Gewinn von 49 Millionen Euro im Vorjahresquartal steht 2016 ein Minus von 54 Millionen Euro zu Buche. Volkswagen begründet das mit gesunkenen Auslieferungen.
Porsche blieb auch zum Auftakt des laufenden Geschäftsjahres in der Erfolgsspur. Das Operative Ergebnis stieg weiter auf 895 (765) Millionen Euro und damit deutlich überproportional zum Umsatz, der aufgrund eines signifikant höheren Absatzes spürbar zulegte. Die operative Marge kletterte auf 16,6 (15,1) Prozent.
Das operative Ergebnis von Volkswagen Nutzfahrzeuge sank volumenbedingt auf 142 (165) Millionen Euro, die operative Marge ging auf 5,2 (6,1) Prozent zurück. Scania verbuchte einen leichten Anstieg des operativen Ergebnisses auf 244 (237) Millionen Euro und eine stabile operative Marge von 9,6 Prozent. Trotz des anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in Südamerika verbesserte MAN Nutzfahrzeuge das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen unter anderem aufgrund des höheren Absatzes in Europa auf 65 (minus 13) Millionen Euro. Bei MAN Power Engineering belief sich das operative Ergebnis auf 48 (52) Millionen Euro.
Die Volkswagen Finanzdienstleistungen konnten ihr operatives Ergebnis deutlich auf 492 (403) Millionen Euro steigern. Insbesondere Volumeneffekte wirkten sich positiv aus.
Neben Deutschland - das Land will der globale Leitanbieter für die E-Mobilität werden - entschieden aber auch andere Märkte. „China wird ohne Zweifel der größte Markt für E-Autos in der Welt. Der Markt wird dort in schnellen Schüben wachsen“, sagte Stackmann.
Er leitet den Vertrieb und das Marketing der Kernmarke seit November 2015. Trotz der Diesel-Krise zeigen sich die Verkäufe bei VW-Pkw robust, die Hausmarke um Golf und Passat liegt in der Halbjahresbilanz nur 0,7 Prozent unter dem Vorjahreswert. „Angesichts der Umstände bin ich mit den Auslieferungen der Marke im ersten Halbjahr 2016 insgesamt zufrieden“, sagte der Manager, der zuvor auch bei den VW-Schwestermarken Seat und Skoda Station gemacht hatte.
In den USA gilt als Folge der Abgas-Affäre ein Verkaufsstopp für Diesel, was angesichts brummender Geschäfte auf dem wichtigsten Markt China aber kaum ins Gewicht fällt. „In China gibt es weiter starkes Wachstum, in Nordamerika einen leichten Rückgang.“
Der Diesel-Absatz habe in den USA zwar im Durchschnitt einen Anteil von rund 20 Prozent gehabt. „Das durch den Verkaufsstopp der Dieselmodelle fehlende Geschäft konnten wir aber in Teilen durch Fahrzeuge mit Benzinmotoren kompensieren“, sagte Stackmann.
Die größte Baustelle bleibe Südamerika. „Die Märkte dort sind wegen der wirtschaftlichen und politischen Krise stark unter Druck. Innerhalb von zwei Jahren hat sich der Markt in Südamerika nahezu halbiert. Es wird eine Zeit dauern, bis sich die Region fängt.“