Volkswagen schafft eigenen Zulieferer Fünf Faktoren für den Erfolg der VW-Komponentenwerke

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Die Idee der Ausgliederung ist nicht neu

Ein Schritt, der auch in Wolfsburg drohen könnte. Die Betonung liegt aber auf „könnte“, denn das künftige Portfolio ist nur eine von vielen Baustellen bei der geplanten Ausgliederung. Auch wenn Volkswagen sonst die meisten Probleme alleine lösen kann, lohnt sich dieses Mal ein Blick auf die Konkurrenz.

4. Welche Gesellschaftsform wird gewählt – eine konzerneigene GmbH oder kommt sogar ein (teilweiser) Börsengang?

Müllers Idee, die Bauteil-Fertigung zu einer eigenständigen Geschäftseinheit zusammenzufassen, ist in der Branche alles andere als neu. Anerkannte Zulieferer wie Delphi, Visteon oder Denso stammen allesamt von großen Autobauern ab – nämlich von General Motors, Ford und Toyota. Auch Faurecia war früher Teil von Peugeot.

Die profitabelsten Autobauer im ersten Halbjahr
Volkswagen Quelle: dpa
Hyundai Quelle: REUTERS
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General Motors Quelle: dpa
Toyota Quelle: REUTERS
BMW Quelle: dpa

Doch der Weg zu den heutigen Unternehmen, deren Teile auch zuhauf in deutschen Autos stecken, war nicht leicht. Delphi und Visteon sind bereits durch eine Chapter-11-Insolvenz gegangen – und das nicht nur wegen des damals darbenden US-Automarkts. Als Sammelsurium verschiedener Teilefertigungen waren sie im freien Markt nicht wettbewerbs- und damit überlebensfähig. Bei Delphi kam noch das ursprünglich hohe GM-Lohnniveau hinzu – ein Mahnmal für VW. Stellenstreichungen und Verkäufe von ganzen Sparten waren die Folge.

Heute haben beide Firmen ihren Weg gefunden: Visteon fokussiert sich auf die Elektronik, Delphi hat zwar noch eine Karosserie-Sparte, das Hauptgeschäft liegt aber bei Infotainment, Hybrid- und Elektrotechnik und künftig auch Brennstoffzellen.

Hyundai hat das anders gemacht: Die Koreaner haben ihre Komponentenwerke in einem eigenen Zulieferer gebündelt, der unter dem Namen Mobis firmiert. Die Firma agiert wie ein Zulieferer, ist aber noch Teil des Konzerns.

In der Praxis sieht das dann so aus: Wo auch immer Hyundai oder Kia ein neues Werk bauen, entsteht meist in direkter Nachbarschaft, teils an das Gelände angebunden, eine Mobis-Fabrik. Dort laufen dann Karosserie- und Interieurteile vom Band und direkt weiter in die Autofabrik.

5. Werden die Komponentenwerke überhaupt für Dritte produzieren oder nur bei internen Ausschreibungen gegen die etablierten Zulieferer um Aufträge buhlen?

Obwohl Mobis zu Hyundai-Kia gehört, ist die Produktion nicht exklusiv: In Toledo im US-Bundesstaat Ohio fertigen die Koreaner erfolgreich Bauteile für Jeep, die in den Wrangler eingebaut werden.

Ob das auch für Volkswagen infrage kommt, müssen die Manager noch entscheiden. Bei Karosserie-Bauteilen, Achsen und Lenkungen wäre das auf dem Papier gut möglich – der Konzern könnte für seine Fahrzeuge hier Eigenständigkeiten erhalten und zugleich für extern fertigen.

Wie es für Volkswagen weitergeht
Volkswagen in den USA Quelle: dpa
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Kann Richter Breyer VW noch in Bedrängnis bringen? Quelle: dpa
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Volkswagen in den USA Quelle: dpa
Volkswagen Quelle: dpa
Wäre der US-Vergleich der Schlussstrich für VW im Abgas-Skandal? Quelle: dpa

Auch bei den beliebten Doppelkupplungsgetrieben ist eine Lieferung an Dritte denkbar. ZF zeigt mit seiner Acht-Gang-Automatik, dass ein und dasselbe Bauteil in den unterschiedlichsten Autos zum Einsatz kommen kann (etwa bei BMW, Jaguar, Jeep oder Maserati) und trotzdem zur jeweiligen Charakteristik passt – ob der Gangwechsel sportlich-straff oder komfortabel-weich erfolgt, liegt nur an der Software. Deshalb wird hier allein der Wille entscheiden, ob VW womöglich einen direkten Konkurrenten beliefert.

Egal für welche Form der Ausgliederung sich VW entscheidet, es gibt für beides erfolgreiche Beispiele – auch wenn es sicher kein Selbstläufer wird. Gerade die Insolvenzen der US-Zulieferer zeigen, wie wichtig Portfolio und Lohnniveau sind. Das hat auch Wolfsburg erkannt, die Verhandlungen zwischen Unternehmen und Betriebsrat laufen schon.

Ein wichtiger Knackpunkt dürfte die Neuausrichtung der Werke sein: Vor allem das Motorenwerk in Salzgitter, die Komponentenfertigung in Braunschweig und potenziell auch das Getriebewerk in Kassel müssen Einschnitte fürchten – ein Elektroauto braucht viele der klassischen Antriebs-Bauteile nicht mehr. Dort müssen dann andere Produkte gefertigt werden – was auch andere Anforderungen an das Personal nach sich ziehen kann. „Braunschweig und Salzgitter können beide von der E-Mobilität profitieren“, sagte bereits VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh. „Der Vorstand wird hierfür sicherlich auch Beiträge der Standorte erwarten.“ Worin diese Beiträge liegen könnten, ließ Osterloh offen. Wer dabei an weitere Kostensenkungen denkt, dürfte nicht ganz falsch liegen.



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