Volkswagen VW baut 23.000 Stellen in Deutschland ab

Ein Zukunftspakt bei Volkswagen soll die Kernmarke sanieren helfen. Bis zu 30.000 Jobs werden weltweit abgebaut, 23.000 davon in Deutschland. Bei den Anlegern kamen die Pläne gut an: Die Aktie legte am Freitag zu.

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Volkswagen-CEO Matthias Müller Quelle: REUTERS

Volkswagen wird im Rahmen des sogenannten Zukunftspakts allein in Deutschland bis 2025 rund 23.000 Stellen streichen und sich so für die kommenden Jahre verschlanken. Das bestätigten Unternehmen und Betriebsrat am Freitag auf einer Pressekonferenz in Wolfsburg. Der Abbau soll sozialverträglich erfolgen, etwa über Altersteilzeit. Weltweit sollen bis zu 30.000 Jobs wegfallen. Der gesamte Volkswagen-Konzern beschäftigt insgesamt mehr als 624.000 Menschen, 282.000 davon in Deutschland.

Zugleich einigte man sich auf hohe Investitionen, um den Konzern fit für die Zukunft zu machen. So sollen auch 9000 neue Stellen geschaffen werden, so dass in Summe 14.000 Stellen wegfallen.

Der Zukunftspakt bei Volkswagen macht Europas größten Autobauer nach Ansicht von Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh zukunftssicher. „Mit dem Zukunftspakt schaffen wir den Einstieg in eine neue Ära“, sagte er. „Er stellt nach langem Ringen einen tragbaren Kompromiss dar.“ Zudem habe der Gesamtbetriebsrat bis Ende 2015 Beschäftigungsgarantien durchgesetzt. Der Pakt sei in Summe ein Schritt der Vernunft.

Spar- und Sanierungsprogramme bei Volkswagen

VW-Chef Matthias Müller betonte: „Der Zukunftspakt ist das größte Modernisierungsprogramm in der Geschichte unserer Kernmarke.“ Er ermögliche vor allem einen Transformationsprozess mit Blick auf die Zukunftsthemen Elektromobilität und Digitalisierung. „Uns allen ist bewusst: die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt“, sagte er.

Diess: "VW muss schnell wieder Geld verdienen"

Markenvorstand Herbert Diess betonte: „Dieser Pakt ist für Volkswagen ein großer Schritt nach vorne, sicherlich einer der größten in der Geschichte des Konzerns.“ Bisher sei Volkswagen nicht gewappnet gewesen für den Wandel, bei der Produktivität habe man an Boden verloren. Bei der Rendite liege der Konzern weit hinter der Konkurrenz. Diess: „Volkswagen muss schnell wieder Geld verdienen und sich für den Zukunftssturm wappnen.“

Die profitabelsten Autobauer im ersten Halbjahr
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„Wir werden auch die Mannschaft verkleinern“, sagte der Markenvorstand. Auch im Ausland werde es Einschnitte geben. „In vielen Regionen sind wir zur Zeit nicht profitabel.“ Weniger Bürokratie, weniger Doppelarbeit soll es geben. Der Zukunftspakt sei ein Wegbereiter für die neuen Markenstrategie.

VW will die Kosten bis 2020 um 3,7 Milliarden Euro pro Jahr drücken. Es sollen aber alle Standorte erhalten bleiben. Mit dem Zukunftspakt wollen Betriebsrat und Unternehmen die aus Sicht aller Beteiligten nötigen Reformen bei der gewinnschwachen Kernmarke VW-Pkw mit Absicherungen für die Belegschaft vereinen.

VW-Zukunftspakt: Was auf die Werks-Standorte zukommt

Regelung für deutsche VW-Werke

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil würdigte die Einigung als klare und konsequente Orientierung auf die Elektromobilität. Wolfsburg würde im VW-Konzern das Zentrum schlechthin für den IT-Bereich und strahle damit auch in die Region aus. „Wir werden diese Chance beherzt nutzen“, sagte der SPD-Politiker. Auch er sagte: „Das ist das größte Umbauprogramm in der Geschichte des Unternehmens.“

Der Pakt ist vorrangig eine Regelung für die sechs westdeutschen VW-Werke (Emden, Wolfsburg, Hannover, Salzgitter, Braunschweig, Kassel) sowie VW-Sachsen. Dabei geht es um Aufgaben der Werke, etwa im Motorenwerk Salzgitter, das mit der Elektromobilität Arbeit verlieren könnte. Die Verhandlungen dazu liefen seit Monaten. Seit September ist klar, dass der Pakt eine Rechtssicherheit nach tarifvertraglichem Status haben soll. Einen VW-Sanierungstarifvertrag gab es zuletzt 2006.

Der Abschluss des Zukunftspakts war die Voraussetzung für den Investitionsplan des Autobauers bis 2021, über den der Aufsichtsrat am Freitag in Wolfsburg beraten und vor allem beschließen sollte. Dabei geht es um die Verwendung von rund 100 Milliarden Euro.

Die Umbaupläne kommen bei Anlegern gut an. Die Aktien legten am Freitag bis zu 2,1 Prozent auf 120,00 Euro zu und waren damit einer der größten Gewinner im Dax. "So ein großer Stellenabbau ist überraschend und es ist auch unerwartet, dass die mächtige Gewerkschaft bei VW dem so zugestimmt hat", sagte ein Händler.

Händler fordern Profitabilität von VW

Ein anderer Händler sagte, der Jobabbau sei zwar überraschend hoch. VW arbeite aber an vielen Baustellen und müsse noch viel Arbeit leisten, um die Diesel-Affäre hinter sich zu lassen. "Der Konzern muss vor allem profitabler werden."

Für Arndt Ellinghorst, Autoexperte von Evercore ISI, ist das Renditeziel nicht ehrgeizig genug. VW müsste das schneller erreichen.

Volkswagen hat an vielen Stellen zu kämpfen. Der Abgas-Skandal zwingt den Autobauer zum Sparen, zugleich muss der Konzern viel Geld in zentrale neue Trends der Branche stecken: Digitalisierung und Vernetzung sowie alternative Antriebe.

Dazu hat die Pkw-Kernmarke seit langem ein Rendite-Problem. Der Hausmarke um Golf und Passat blieben zuletzt von 100 umgesetzten Euro nur rund 1,60 Euro als Gewinn, wovon dann noch Zinsen und Steuern abgingen.

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