Volkswagen-Werke VW produziert zu teuer und verdient zu wenig

Neben Boni- und Dividendendebatte gerät im Dieselskandal eines leicht aus dem Fokus: VW leidet unter chronischer Ertragsschwäche. Ein Vergleich mit anderen Volumenmarken zeigt, wo es hapert.

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Volkswagen produziert einem Experten zufolge zu teuer – wie im Bild den Passat im Werk Emden. Quelle: dpa

Volkswagen steht vor drei großen Problemen: die Belastungen aus dem Dieselskandal zu "schultern", die schlechte Kostenposition der Kernmarke VW zu verbessern und die Investitionen auf automatisiertes, emissionsloses Fahren auszurichten.

Die zweite Aufgabe, die chronische Ertragsschwäche des Teilbereichs VW-Pkw zu lösen, dürfte die größte der drei Hausforderung bilden. Davon geht zumindest Ferdinand Dudenhöffer aus. Er ist Direktor des CAR Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen sowie Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft.

Seine Analyse zeigt: Die Marke VW-Pkw hat ist für den Konzern besonders wichtig. 2014 betrug der Anteil der Marke VW 56 Prozent am gesamten Umsatz des Konzernbereichs Automobile. Mehr als jeder zweite Euro kommt hier von VW-Pkw – doch nur 23 Prozent des (operativen) Gewinns.

Während der Konzernteil VW-Pkw in den ersten drei Quartalen einen Gewinn von 667 Euro pro Fahrzeug erzielte (die endgültigen Zahlen werden erst Ende April vorgelegt), waren es bei GM, Skoda, Ford, Toyota und gar VW-China bis zu sechs Mal mehr. Obwohl Skoda im Vergleich zu VW-Pkw nur 810.000 Fahrzeuge im Jahr 2015 abgesetzt und einen Umsatz von 12,5 Milliarden Euro erzielt hat, schreibt die Konzernmarke eine Gewinn-Marge von 7,3 Prozent. Skoda erzielt trotz niedriger Listenpreise der Fahrzeuge fast den doppelten Gewinn pro Fahrzeug wie VW-Pkw. "Das ist außergewöhnlich", so Dudenhöffer.

Völlig außer Reichweite für VW bleiben die Gewinne pro Fahrzeuge bei Toyota. Im reinen Autogeschäft (ohne Finanzdienstleistungen und andere Aktivitäten) erzielt Toyota 9,7 Prozent Gewinn-Marge oder 1.862 Euro Gewinn pro verkauftem Fahrzeug. Fast drei Mal mehr als VW nach den ersten neun Monaten.

Würde die Marke VW die durchschnittliche Marge von GM, Ford, Skoda, Toyota erzielen (7,5 Prozent), hätte sie im Jahr 2014 einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 7,5 Milliarden Euro verbucht. Tatsächlich waren es nur 2,5 Milliarden. "Während die Dieselgate einmalig hohe Wiedergutmachungskosten nach sich zieht, ist die Ertragsschwache bei VW-Pkw ein chronisches Problem, das sich schon seit Jahren hinzieht und zu dem VW bisher keine Lösung fand", urteilt Dudenhöffer.

Nur in China sahnt Volkswagen ab. Mit Audi, VW, Porsche und Skoda erwirtschafteten die Wolfsburger dort 2014 pro Fahrzeug ein Gewinn von 3.445 Euro. Die Hälfte davon gehen an die chinesischen Joint-Venture-Partner.

Die Rentabilitätsschwächen des Teilbereichs VW-Pkw lassen sich an mehreren Kennziffern illustrieren:

1. Hohe Beschäftigtenzahlen und geringe Produktivität


Ein VW-Mitarbeiter produziert pro Jahr im Durchschnitt 17 Autos, ein GM-Mitarbeiter 46. Mit anderen Worten, der General Motors produziert mit "nur" 215.000 Mitarbeiter fast so viele Autos wie VW mit fast 600.000 Mitarbeitern. VW hat also eine deutlich niedrigere Arbeitsproduktivität wie die Wettbewerber.

Die niedrigere Arbeitsproduktivität wäre kein Problem, wenn zumindest der gleiche Gewinn pro Mitarbeiter erzielt würde. Aber auch das ist nicht der Fall. Im VW-Konzern hat im Jahre 2014 ein Mitarbeiter einen Gewinn (EBIT) von 21.426 Euro erzielt, während etwa der GM-Mitarbeiter 45.313 Euro Gewinn im Jahre 2015 erzielte. Pro Toyota-Mitarbeiter wurde gar ein Gewinn von 62.756 Euro erzielt.

2. Hohe Lohnkosten und hohe Mitarbeiterzahlen am Hochkosten-Standort Deutschland

Im VW-Konzern sind 2014 pro Mitarbeiter 7.335 Euro Personalkosten pro Monat angefallen. Das ist sogar mehr als bei der Premiummarke Audi, mehr als im gesamten VW-Konzern, mehr als beim niedersächsischen Nachbarn Continental und erst recht mehr als bei Skoda, wo 2.407 Euro pro Monat pro Mitarbeiter an Personalaufwendungen angefallen sind. Die Volkswagen AG verfügt als Stammgesellschaft über 112.500 Mitarbeiter, die in den Werken Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Kassel, Emden, Salzgitter sowohl Fahrzeuge also auch Motoren, Getriebe, Achsen und Lenkungen und Gießerei-Aktivitäten ausführen.

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