Volvo Ein Ex-VW-Mann baut am schwedischen Autokrimi

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Zum Verschnaufen bleibt keine Zeit

Die schweren Cowboystiefel aus schwarzem Alligatorleder, mit dem Monogram S.J. am Schaft, trägt Volvo-Chef Jacoby beim täglichen Kulturkampf gegen Unvermögen, Einfallslosigkeit und Nachlässigkeit in der Produktion ebenso wie im Vertrieb.

Es ist Freitagmorgen, Jacoby ist nach dem 12-tägigen Trip durch Asien, „fünf Hotels und vier Länder“, endlich zurück in Göteborg. Zum Verschnaufen ist keine Zeit, die Anspannung bleibt hoch. Kurz nach sieben Uhr steht der erste Termin des Tages an, das wöchentliche „Current Model Quality Meeting“, in dem sich die Experten aus Göteborg, Udevalla, dem belgischen Gent und Chongqing in China per Videokonferenz über Friktionen in der Fertigung austauschen. Es folgt eine Diskussion mit Designern, später eine Lagebesprechung mit dem Team von Volvo Schweden. Zack, zack, der Zeitplan ist ohne Gnade.

Zumindest das Outfit kann heute etwas lässiger sein. Jacoby hat den Kragen geöffnet und ist in seine „extrem komfortablen“ Lieblingsstiefel geschlüpft. Der Schreibtisch, auf dem ein Stapel Akten auf Studium und Unterschriften wartet, bleibt erst mal unbeachtet. Im Vorübergehen wird noch schnell ein Wandbild des Volvo-Klassikers P1800 („das inspiriert“) gerade gerückt. Dann geht es im Laufschritt weiter.

Bei Jacoby merkt man stets die VW-Schule

Jacoby ist die treibende Kraft, reißt aber nicht alles an sich. Er lässt referieren, er hört zu, hakt nach – wenn er Defizite spürt, unerbittlich –, gibt Ratschläge, bringt seine Erfahrungen ein, nickt ab. „Wie viele Schrauben haben wir standardisiert?“, „Was ist das beste Schwarz?“, „Von Händlern, die ihre Ziele nicht erreichen, muss man sich auch schon mal verabschieden.“ Aber er ermuntert seine Manager, Entscheidungen zu treffen und auch mal unbürokratisch ambitionierte Ziele anzugehen: „Ich werde Sie nicht killen, wenn Sie die Ziele nicht erreichen, aber Sie sollten es zumindest versucht haben.“

Vertriebsfragen sind seine Spezialität, die Arbeit am Produkt ist seine Leidenschaft – da merkt man die VW-Schule. Über die ideale Rädergröße etwa kann sich Jacoby leicht eine halbe Stunde unterhalten. Und wie VW-Chef Martin Winterkorn trägt er stets eine kleine Messlehre mit sich, um im Karosseriewerk schnell die Breite der Fugen messen zu können. Dabei ist er Betriebswirt, kein Ingenieur.

Vor allem ist er ein Mann für schwierige Fälle: Gerne, heißt es, hätte Jacoby die spanische VW-Tochter Seat ans Licht geführt, nun will er Volvo zu nie gekannter Größe bringen. Automobilexperten wie Christoph Stürmer von IHS Automotive sehen dafür gute Chancen: „In den USA ist das Potenzial der Marke unlimitiert – wenn man es richtig anpackt.“ Stürmer hält es für möglich, Volvo zur globalen Premium-Automarke für Lohas zu machen – für Menschen, die sich Nachhaltigkeit, Sicherheit und Gesundheit gerne mehr kosten lassen.

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