Was bekommen europäische Kunden?
Hierzu hat sich der Konzern noch nicht offiziell geäußert. Es wird aber regelmäßig darauf verwiesen, dass die Lage sowohl in Sachen Verbraucherschutz als auch bei der Schwere der Manipulation anders sei. Die Politik lässt sich damit nicht abspeisen. "Volkswagen sollte europäischen Fahrzeugbesitzern freiwillig eine Kompensation zahlen, die vergleichbar mit der ist, die den US-Konsumenten gezahlt wird", sagte EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska der "Welt am Sonntag".
VW argumentiert damit, dass die betroffenen Fahrzeuge nach der Umrüstung dem technischen Stand entsprechen und weitere Forderungen unbegründet seien. Auch sei die Rechtslage in den USA, wo der Dieselskandal aufgedeckt wurde, eine andere. "Es ist unfair, wenn sich Volkswagen hinter diesen rechtlichen Erwägungen versteckt", sagt Bienkowska. "Es ist nicht meine Rolle, Volkswagen Ratschläge zu erteilen. Aber die Konsumenten in Europa anders zu behandeln als die US-Konsumenten ist kein Weg, das Vertrauen wiederzuerlangen."
Wie steht es mit Klagen in Deutschland?
Die Finanzaufsicht BaFin hat laut Medienberichten den gesamten VW-Vorstand verklagt. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt allerdings nur gegen zwei Beschuldigte wegen des Verdachts der Marktmanipulation: Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn und den aktuellen Markenvorstand Herbert Diess.
Der Vorwurf: VW hat am 22. September mitgeteilt, dass der Konzern Unregelmäßigkeiten bei „einer verwendeten Software bei Dieselmotoren“ untersucht. Die US-Umweltbehörde EPA hatte den Konzern aber bereits am 18. September öffentlich beschuldigt, Schadstoffwerte manipuliert zu haben – gegenüber der EPA hatte Volkswagen sogar schon am 3. September den Einbau der Schummelsoftware zugegeben. Die BaFin kam in ihren eigenen Ermittlungen offenbar zu dem Schluss, dass VW Informationen, die für die Bewertung einer Aktie wichtig sind, nicht rechtzeitig veröffentlicht hat – wozu der Konzern laut Wertpapierhandelsgesetz gezwungen ist.
Matthias Müller über...
"VW hat die Lage im Griff und wird die Krise aus eigener Kraft bewältigen."
"Werden es nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt. Im Gegenteil: Wir nutzen sie als Katalysator für den Wandel, den Volkswagen braucht."
"Ein Unternehmen unserer Größe kann nicht mit den Strukturen von gestern gesteuert werden. Schon gar nicht in unserem Umfeld, das sich so schnell ändert."
"Unsere wichtigste Währung sind nicht Stückzahlen oder operative Kennzahlen, sondern Vertrauen in Unternehmen und Produkte."
"Wir haben keinerlei Veranlassung von unserer im Oktober angepassten Jahresprognose abzurücken."
"Wir werden alles streichen und verschieben, was jetzt nicht zwingend notwendig ist. Wir werden uns aber sicher nicht kaputt sparen."
"Überlegungen, einzelne Konzernteile zu verkaufen, stellen wir derzeit nicht an. Zu keiner Sekunde."
"Natürlich ist das Image des Diesels beschädigt."
"Just do it."
Bereits durch die EPA-Ankündigung hatte der Kurs der VW-Vorzugsaktien am 18. September zweistellig nachgegeben. Als Volkswagen dann fünf Tage später seine Erklärung veröffentlichte, rutschte die Aktie erneut kräftig ins Minus.
Noch sind es lediglich Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – ob diese Ermittlungen in einer Klage münden, ist offen. Und selbst bei einer Anklage ist nicht gesichert, dass auch ein Strafprozess eröffnet wird.
Was ist mit den Schadensersatzklagen in Deutschland?
Hier sind einige Klagen beim Landgericht Braunschweig anhängig, etwa von der Kanzlei Quinn Emanuel, die mehrere US-Fonds und den norwegischen Staatsfonds vertritt, sowie von Rechtsanwalt Andreas Tilp, der im Namen von 278 institutionellen Investoren und 1129 Kleinanlegern Schadensersatz von VW fordert.
Einen möglichen Strafprozess gegen VW-Manager sehen die Anleger-Anwälte aber kritisch. „Strafprozesse sind für uns eher schädlich, weil dann meist der Eifer des Zivilgerichts erlahmt“, sagt Tilp. Grundsätzlich hält er seine Klage für aussichtsreicher: Denn anders als die Staatsanwälte müsse er der VW-Führung keinen Vorsatz nachweisen. Auch Nadine Herrmann von der Kanzlei Quinn Emanuel, die für US-Fonds klagt, sieht nur begrenzten Zusammenhang: „Vielleicht liefert das Verfahren neue Erkenntnisse, mehr nicht.“ Sie erwartet, dass sich das Verfahren, wenn es überhaupt eröffnet wird, bis zu zehn Jahre hinziehen wird.