VW-Abgas-Skandal Volkswagen schaut wieder in die Zukunft

Am Donnerstag legt VW offiziell die Bilanz für das Krisenjahr 2015 vor. Die Kennzahlen werden nur eine Nebenrolle spielen. Interessanter wird der Ausblick auf die Zukunft des Konzerns: Revolution oder Evolution?

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Chefaufseher Pötsch und Konzernboss Müller: VW will nach vorne blicken. Quelle: dpa

Selten war eine Jahres-Bilanz bei einer Bilanzpressekonferenz nebensächlicher als am Donnerstag, wenn die VW-Führungsriege vor die Öffentlichkeit tritt. Die Kennzahlen sind seit vergangenem Freitag bekannt. Volkswagen hat infolge der Milliarden-Rückstellungen wegen des Dieselskandals den größten Verlust der Unternehmensgeschichte verkündet.

Beim kommenden Auftritt von VW-Chef Matthias Müller und seinem Finanzvorstand Frank Witter werden nicht der Fehlbetrag von 5,5 Milliarden Euro oder die aufgestockten Rückstellungen von 16,2 Milliarden Euro im Fokus stehen. So sehr sich der Autokonzern noch mit der Vergangenheit und deren Aufarbeitung beschäftigen muss: Wolfsburg will wieder nach vorne blicken.

Durchgerüttelt von Dieselgate will Müller das Forum nutzen, um einen Ausblick zu geben – auf das laufende Geschäftsjahr aber auch auf die Neuausrichtung des gesamten Konzerns. Es geht um die: Ob Müller den krisengeschüttelten Autobauer von Grund auf neu erfinden oder lediglich an einigen Stellen lenkend eingreifen will. Eben die Wahl zwischen Revolution und Evolution. Ein „Weiter so“ kann sich Wolfsburg nicht erlauben.

Wie sich Volkswagen die Autos der Zukunft vorstellt, war auf den vergangenen Messen zu sehen. Auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas präsentierte VW-Markenchef Herbert Diess mit dem Budd-e quasi die moderne Interpretation des legendären Bulli – nur eben mit futuristischem Design, Elektroantrieb und selbstredend voll vernetzt.

Bis aus dem Concept Car ein Serienauto geworden ist und Volkswagen damit Profit macht, werden noch viele Jahre vergehen. Jahre, in denen jeder Autobauer – egal ob vom Abgasskandal belastet oder nicht – auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor angewiesen ist.

Wie VW die „Dieselgate“-Drahtzieher finden will

Die Verbrenner-Vision können derzeit die Messebesucher in Peking bewundern. Auf der Auto China stellt VW den T-Prime aus. Was wie ein fettes Steak klingt, ist der Ausblick auf die kommende Generation des Oberklasse-SUV Touareg. Das Concept Car ist freilich mit einem modernen Plug-in-Antrieb ausgerüstet. Dank des Elektromotors und den an der Steckdose aufladbaren Batterien sinkt der Normverbrauch des Benziners auf 2,7 Liter.

Aktuell führt kein Weg am Diesel vorbei

Klingt toll, die Praxis wird aber so aussehen: Von der jüngst beschlossenen Kaufprämie wird der Touareg-Hybrid nicht profitieren, weil er wohl mehr als 60.000 Euro kosten wird. Der Plug-in bleibt eine Nische, das Gros der Käufer wird – zumindest in Europa – zum in Verruf geratenen Diesel greifen.

Soll der Absatz nicht komplett einbrechen, führt bei der aktuellen Gesetzgebung kein Weg am Selbstzünder vorbei. Ein öffentlichkeitswirksamer Verzicht ist also auch von Müller nicht zu erwarten. Wohl aber eine Ansage, welche Technologien VW in welchem Zeithorizont vorantreiben will.

Natürlich wird Müller nicht ganz um einen kurzfristigen Ausblick herumkommen. Viel mehr als ein minimal umformuliertes oder gar wortgleiches Statement zum Stand der Aufklärung wird es kaum geben. Deshalb hier nochmals die Kernaussagen:

  • „Aufsichtsrat und Vorstand von Volkswagen mussten allerdings nach eingehender Prüfung der rechtlichen Situation zu der Erkenntnis kommen, dass eine Veröffentlichung von Zwischenergebnissen der Untersuchung zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit unvertretbaren Risiken für Volkswagen verbunden wäre und damit derzeit nicht erfolgen kann.“
  • „Eine weitergehende Veröffentlichung oder Beschreibung der aktuell vorliegenden Zwischenergebnisse würde die weitere Untersuchung zum gegenwärtigen Zeitpunkt beeinträchtigen, insbesondere weil die Personen, die noch befragt werden, ihre Aussagen an den Inhalten des Zwischenberichts ausrichten könnten.“
  • „Außerdem würde, so die Warnung der Anwälte, eine Veröffentlichung die Zusammenarbeit von Volkswagen mit dem Department of Justice nachhaltig beeinträchtigen und die Position von Volkswagen in den verbleibenden Verfahren schwächen.“
    Den Zwischenbericht soll es erst nach der endgültigen Einigung mit dem Justizministerium geben, der vollständige Bericht soll bis Ende des Jahres folgen.“

So brisant die Berichte über die Ursachen und Verlauf des millionenfachen Betrugs sein werden, die Grundsatz-Rede von Konzernchef Müller über die Neuausrichtung wird nicht minder spannend sein.

Die Bundesregierung will den bislang mauen Absatz von E-Autos mit üppigen Kaufprämien von bis zu 4000 Euro anheizen. Die Subvention ist teuer und unnötig. Und die Ziele werden ohnehin verfehlt.
von Christian Schlesiger
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