Volkswagen braucht mehr Zeit für Auskünfte an die EU-Kommission über geschönte CO2-Abgaswerte seiner Autos. Darüber habe Konzernchef Matthias Müller die Brüsseler Behörde in einem Brief informiert, bestätigte ein VW-Sprecher am Dienstagabend. Nachmessungen bei den „noch verbliebenen neun Modellvarianten“ seien bis zum Jahresende noch nicht abgeschlossen gewesen.
„Das wird jetzt aber in den nächsten Tagen der Fall sein“, sagte der Sprecher. „Dann werden sie ausgewertet, und die Ergebnisse werden der EU-Kommission zeitnah mitgeteilt.“ Zuvor hatte das „Wall Street Journal“ über den Brief aus Wolfsburg berichtet.
Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa
Neue Modelle werden in Deutschland und der EU nach dem Modifizierten Neuen Fahrzyklus (MNEFZ) getestet. Die Tests laufen unter Laborbedingungen, das heißt auf einem Prüfstand mit Rollen. Dies soll die Ergebnisse vergleichbar machen. Der Test dauert etwa 20 Minuten und simuliert verschiedene Fahrsituationen wie Kaltstart, Beschleunigung oder Autobahn-Geschwindigkeiten.
Getestet wird von Organisationen wie dem TÜV oder der DEKRA unter Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Dieses untersteht wiederum dem Verkehrsministerium.
Die Prüfungen der neuen Modelle werden von ADAC und Umweltverbänden seit längerem als unrealistisch kritisiert. So kann etwa die Batterie beim Test entladen werden und muss nicht - mit entsprechendem Sprit-Verbrauch - wieder auf alten Stand gebracht werden. Der Reifendruck kann erhöht und die Spureinstellungen der Räder verändert werden. Vermutet wird, dass etwa der Spritverbrauch im Alltag so häufig um rund ein Fünftel höher ist als im Test.
Neben den Tests für neue Modelle gibt es laut ADAC zwei weitere Prüfvorgänge, die allerdings weitgehend in der Hand der Unternehmen selbst sind. So werde nach einigen Jahren der Test bei den Modellen wiederholt, um zu sehen, ob die Fahrzeuge noch so montiert werden, dass sie den bisherigen Angaben entsprechen, sagte ADAC-Experte Axel Knöfel. Zudem machten die Unternehmen auch Prüfungen von Gebrauchtwagen, sogenannte In-Use-Compliance. Die Tests liefen wieder unter den genannten Laborbedingungen. Die Ergebnisse würdem dann dem KBA mitgeteilt. Zur Kontrolle hatte dies der ADAC bei Autos bis 2012 auch selbst noch im Auftrag des Umweltbundesamtes gemacht, bis das Projekt eingestellt wurde. In Europa würden lediglich in Schweden von staatlicher Seite noch Gebrauchtwagen geprüft, sagte Knöfel.
Die EU hat auf die Kritik am bisherigen Verfahren reagiert und will ab 2017 ein neues, realistischeres Prüfszenario etablieren. Damit sollen auch wirklicher Verbrauch und Schadstoffausstoß gemessen werden ("Real Driving Emissions" - RDE). Strittig ist, inwiefern dafür die bisherigen Abgas-Höchstwerte angehoben werden, die sich noch auf den Rollen-Prüfstand beziehen.
Der Konzern rechnet nicht damit, dass geschönte CO2-Werte nun doch wieder zu einem größeren Problem werden könnten. „Es bleibt dabei, dass nur für wenige Modellvarianten die Verbrauchswerte leicht angepasst werden müssen“, erklärte der Sprecher. „Derzeit prüfen wir noch Modellvarianten, die einer Jahresproduktion von 36.000 Einheiten entsprechen - etwa 0,5 Prozent des Volumens der Marke Volkswagen.“
VW hatte Anfang November Unregelmäßigkeiten bei CO2-Messungen öffentlich gemacht. Ursprünglich hieß es, es könnten bis zu 800.000 Autos davon betroffen sein. Die EU-Kommission forderte daraufhin Aufklärung. Im Dezember gab VW dann Entwarnung: Die Zahl der betroffenen Autos sei deutlich geringer als zunächst befürchtet. VW hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einmal um Aufschub bei der EU für die Informationen zum CO2-Ausstoß seiner Autos gebeten.