VW-Abgasskandal Die Mär vom Umwelt-Killer Diesel

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Wie können NOx-Abgase reduziert werden?

Derzeit gibt es zwei Technologien, um NOx-Emissionen zu reduzieren: Harnstoff-Einspritzung (AdBlue ist hier der umschreibende Begriff für Harnstoff) und Speicherkatalysatoren. Bei den Ottomotoren hat sich der Speicherkatalysator durchgesetzt, der kein zusätzliches Reduktionsmittel nötig macht und für den Pkw eine günstige Methode ist.

Bei den Dieselmotoren werden beide Systeme angewandt. „Die Speicherkatalysatoren sind einfacher“, erklärt Dinkelacker. Deshalb seien sie bei modernen kleineren Dieselmotoren üblich. Sie seien allerdings weniger wirksam. Wirkungsvoller ist aber das AdBlue-System, bei dem durch das Einspritzen von Harnstoff Stickoxide gebunden und somit der Ausstoß reduziert wird.

Stimmen zum Abgas-Skandal bei VW

Dieses System hat aber höhere Anforderungen – sowohl an die Bauart des Autos als auch an den Fahrer. „Der technische Aufwand und damit sowohl der Preis als auch der notwendige Bauraum sind groß“, sagt Dinkelacker. Denn für den Harnstoff ist ein zweiter Tank notwendig und es muss nachgefüllt werden: „Da der Harnstoff im Betrieb verbraucht wird, muss man ihn etwa bei jeder zehnten bis 20. Betankung des Fahrzeugs auch den Harnstoff nachfüllen“, erklärt Wolfgang Eifler, Inhaber des Lehrstuhls für Verbrennungsmotoren in der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Für den Fahrer bedeutet das dann Mehraufwand und setzt erhöhte Fachkenntnis voraus.

Ist der Diesel umweltschädlicher als Benziner, Gas oder Elektro?

Grundsätzlich zu behaupten, dass der Diesel umweltschädlicher ist als Benziner, Gas oder Elektro, ist nicht belegbar. „Ohne Abgasreinigungstechnik auf jeden Fall. Gas etwa verbrennt sauberer“, sagt Verkehrsexperte Lottsiepen. „Aber für den Diesel steht geeignete Abgasreinigungstechnik zur Verfügung.“ Deshalb lässt sich so nicht grundsätzlich sagen, dass das Dieselauto umweltschädlicher sein muss. „Umweltschädlich ist im Grunde jeder Automotor auf seine Art und Weise“, so Lottsiepen.

„In der gegenwärtigen Diskussion wird oft vergessen, dass der Dieselmotor deutlich sparsamer als der Ottomotor ist und somit weniger CO2-Emissionen erzeugt“, sagt Dinkelacker. Dieser Aspekt habe dazu geführt, dass in Deutschland und Europa die Dieselmotoren eine größere Verbreitung gefunden haben, und etwa hierzulande weiter am Dieselmotor geforscht wird.

Dann ist es wieder eine Frage, was man grundsätzlich für umweltschädlicher hält: Insbesondere bei teuren Oberklasse-Autos unterscheidet sich der CO2-Ausstoß zwischen Dieseln und Benzinern stark. Im Schnitt liege der Ausstoß bei Diesel-Luxuskarossen 35 Prozent niedriger als bei Benzinern, das belegt unter andere eine Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger. Dafür ist demnach der Anteil giftiger Stickoxide im Dieselabgas deutlich höher, wenn der Wagen auf der Straße gefahren wird.

Was ist die Crux beim Elektroauto?

Stickoxide sind bei den Elektrofahrzeugen kein Problem, aber sie gelten wegen des hohen Strombedarfs als belastet. Denn der ist wiederum mit hohen CO2-Emissionen verbunden.

Genauer gesagt heißt das, beim E-Auto verschiebt sich die Emission zum Kraftwerk. „Da kommt es auf den Strommix an“, erklärt Lottsiepen. „Die Energiewende und das E-Auto sind zwei Seiten einer Medaille. Lokal sind E-Autos sauber, wenn genügend ‚grüner‘ Strom zur Verfügung steht.“

Der VW-Abgas-Skandal im Überblick

Weil Atom- und Kohlestrom schlechte Umweltbilanzen haben - zum Beispiel durch hohe CO2-Emissionen, können sie - weil für den E-Antrieb verwendet - auch die Ökobilanz von Elektroautos ruinieren. „Die CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung werden aber derzeit in der europäischen Emissionsgesetzgebung nicht mitgezählt“, sagt Dinkelacker. „Dies ist umweltpolitisch nach meiner Einschätzung eine bewusste Täuschung der Gesellschaft. Derzeit scheinen Elektrofahrzeuge dadurch umweltfreundlicher zu sein als sie wirklich sind.“ So wird etwa bei der Verbrauchsmessung nach der NEFZ-Norm bei Hybrid- und Elektroautos angenommen, dass beim Start des Prüfstandlaufs die Batterie voll geladen ist – woher der Strom kommt, wird aber nicht hinterfragt.

Und damit nicht genug: Um die Umweltbilanz eines Elektroautos zu bewerten, müssen zudem neben der Frage zur Stromquelle und deren CO2-Bilanz auch noch die Rohstofffrage der Batterien (etwa Lithium, Nickel, seltene Erden) hinterfragt werden.

 

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