VW-Dieselskandal Staatsanwaltschaft bestätigt Ermittlungen gegen VW-Chef Müller

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Was wusste Müller schon 2006?

Dabei wirft der Zeitraum von 2006 bis 2010 kein gutes Licht auf den heutigen VW-Chef. Im Jahr 2006 – Müller war zu dieser Zeit Leiter Produktmanagement für Audi, Seat und Lamborghini, Winterkorn war Audi-Chef – stand der Geländewagen Q7 kurz vor seiner US-Premiere. Es gab allerdings ein Problem mit dem V6-Dieselmotor, den der VW-Konzern den US-Kunden schmackhaft machen wollte: Das Auto schaffte die Grenzwerte für Stickoxide (NOx) nicht. Mit mehr Harnstofflösung (AdBlue), die das NOx neutralisiert, wäre es möglich. Aber für große AdBlue-Tanks ist kein Platz. Ein Nachfüllen des Tanks durch Kunden ist in den USA verboten.

Das Thema zieht, so steht es in einer Anklageschrift der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft, Kreise im Unternehmen: „Im oder um den Juli 2006 herum erreicht das Problem der zu kleinen Harnstofftanks die Aufmerksamkeit von Winterkorn und H. Müller, den ein Zeuge von Audi als den damaligen Produktstrategen und heutigen VW-Chef identifizierte.“

Am Ende haben die Ingenieure das Problem gelöst – allerdings mit der heute als „Schummel-Software“ bekannten illegalen Abschalt-Einrichtung. Sollte Müller, wie die US-Staatsanwälte unterstellen, schon 2006 das Problem gekannt haben, stellt sich die Frage, warum er dann nichts von den Betrügereien wusste. Schließlich hätte ihn doch die Lösung des Problems interessieren müssen.

Als Winterkorn 2007 vom VW-Chef ernannt wurde, nahm er Müller aus Ingolstadt mit – und ernannte ihn in Wolfsburg zum Leiter des Produktmanagements des Konzerns und der Marke VW, im Rang eines Generalbevollmächtigten. Also war Müller jetzt nicht nur für die wenigen Audi-Modelle mit Dieselmotor in den USA verantwortlich, sondern auch für die US-Dieseloffensive von Volkswagen. Mit dem Passat-Diesel wollte VW die Hybridmodelle von Toyota ausstechen. Zumindest der Verdacht liegt nahe, dass Müller als oberster VW-Produktstratege zu diesem Zeitpunkt über die Details informiert wurde. Das konnten allerdings selbst die US-Ermittler nicht erhärten, weder in der Anklageschrift gegen mehrere VW-Manager noch in dem „Statement of Facts“ werden Vorwürfe gegen Müller formuliert.

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