VW in den USA Die schwierige Mission des neuen Nordamerika-Chefs

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Neues Vorzeigemodell

Ein Indiz für den Sinneswandel sieht er in der Suche nach dem Namen für das neue Vorzeigemodell. Den durften sich die Manager der amerikanischen VW-Tochter tatsächlich selbst ausdenken. Gerüchte besagen, dass das neue Gefährt Atlas heißen wird. Das wäre dann auch eine Abkehr von der bisher gepflegten Taufpraxis, die bei VW-Geländewagen wie Touareg und Tiguan stets ein großes T am Anfang vorsah. Noch nicht viel Autonomie, aber ein Anfang.

Die Milliarden-Buße für VW im Überblick

Für das Hoffnungsträgermodell hat VW 900 Millionen Dollar in den Standort Chattanooga investiert. Bisher läuft hier der nur mäßig erfolgreiche US-Passat vom Band. Für die Produktion des neuen Wagens stockt VW die Zahl der Mitarbeiter von aktuell 2400 auf 3100 auf. Auch die Zahl der eingesetzten Roboter wird verdoppelt, die Produktionsfläche um ein Viertel vergrößert.

Gleichzeitig ist VW dabei, sich in den USA vom Diesel zu verabschieden, Neuentwicklungen gibt es jedenfalls keine mehr. Stattdessen sollen es nun effiziente Benziner, Hybride und insbesondere Elektromodelle richten, die derzeit im Silicon Valley entwickelt werden. In Belmont, südlich von San Francisco, entsteht derzeit ein neues Entwicklungszentrum für Themen wie autonomes Fahren und Elektromobilität.

Wie es für Volkswagen weitergeht
Volkswagen in den USA Quelle: dpa
Riesen-Rechnung für Volkswagen Quelle: dpa
Kann Richter Breyer VW noch in Bedrängnis bringen? Quelle: dpa
Volkswagen in San Francisco Federal Court Quelle: dpa
Volkswagen in den USA Quelle: dpa
Volkswagen Quelle: dpa
Wäre der US-Vergleich der Schlussstrich für VW im Abgas-Skandal? Quelle: dpa

Angesichts der Offensive scheint Woebcken die existenzbedrohenden Probleme seines Arbeitgebers mitunter fast zu vergessen. „Wir sind in den USA heute eine Nischenmarke, das muss sich schnell ändern“, gibt er sich erstaunlich selbstbewusst und angriffslustig. „Wir haben hier in Amerika eine unglaubliche Historie – das müssen wir für uns nutzen. Da geht es nicht nur um den SUV, sondern auch um den neuen Passat. Der macht einen großen Sprung.“ Leider ist davon bisher wenig bis gar nichts zu sehen. Das aktuelle US-Modell erblickte das Licht der Welt ausgerechnet parallel zum Dieselskandal, entsprechend holprig ist der Start ausgefallen. In Chattanooga ist jedenfalls viel Platz für Wachstum. Statt 140.000 Fahrzeuge rollten hier zuletzt nur 100.000 Wagen vom Band. Dabei wären Kapazitäten für 250.000 Fahrzeuge verfügbar.

Einen der in den USA so beliebten Pick-up-Trucks wird es von VW wohl erst mal nicht geben. Dabei sind Modelle wie Ford F-150, Chevrolet Silverado und Dodge Ram derzeit besonders angesagt. Um hier mit einzusteigen, fehlt VW jedoch die passende Plattform. Den dafür erforderlichen leiterartigen Rahmen gibt es aktuell nur beim Amarok, der in Argentinien und Hannover vom Band läuft. Er ist für die Amerikaner deutlich zu klein, viel zu teuer und zudem nicht nach den Erfordernissen des lokalen Marktes entwickelt. Eine kurzfristige Lösung scheint nicht in Sicht.

Welche Modelle unter den Diesel-Vergleich fallen

Die Zahl der Händlerbetriebe will Woebcken nicht nennenswert vergrößern. Bei der verkauften Stückzahl pro Händler hinkt der Konzern der Konkurrenz auch unabhängig vom Dieselskandal hinterher. Um aufzuholen, will Woebcken ab jetzt mindestens einmal pro Jahr wichtige Produktneuheiten präsentieren. Dadurch, so glaubt der VW-Mann, kann der Konzern in Nordamerika in absehbarer Zeit zu einem ernsthaften Konkurrenten von Chevrolet, Honda und Toyota werden.

Ein fester Glaube kann in seinem Job ganz sicher nicht schaden.

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