VW-Skandal Kanzlei hat Ärger mit eigener Affäre

Die US-Kanzlei Jones Day soll Licht in die Dieselgate-Affäre bei Volkswagen bringen. Doch in eigener Sache scheint sie sich nicht als Aufklärer profiliert zu haben: Es soll Probleme mit Abrechnungen gegeben haben.

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Die Kanzlei, die die VW-Abgasaffäre aufklären soll, steht selbst in der Kritik. Quelle: Laif

Der Auftrag ist heiß: die Aufklärung des Abgasskandals bei Volkswagen. Im Herbst hat der VW-Aufsichtsrat damit die US-Kanzlei Jones Day betraut.

In eigener Sache verkörpert die Großkanzlei mit 2400 Anwälten jedoch nicht gerade den Geist der Aufklärung und Transparenz. Das legen Ungereimtheiten nahe, die lange als „Billing-Affäre“ (Abrechnungsaffäre) durch die Kanzlei geisterten. Widersprüchliche Aussagen eines Jones-Day-Anwalts, interne Unterlagen und eidesstattliche Versicherungen zeichnen das Bild einer Kanzlei, die bei Mandanten offenbar eine Zeit lang zu viel kassierte, dies dann aber wohl mit Geld und Schweigen zu vertuschen suchte.

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Platz 10: Audi A4Grund zur Freude ist dieser zehnte Platz für Audi wohl kaum. Zum Stichtag Ende November lag der A4 in der Neuzulassungs-Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) noch auf Rang neun. Ein schwacher Dezember mit 2.644 Neuzulassungen hat den Mittelklasse-Audi noch einen Rang gekostet. In den restlichen elf Monaten des Jahres waren es im Schnitt 4.531 Exemplare. Der Modellwechsel auf die aktuelle Baureihe (im Bild) dürfte nicht ganz spurlos an der Statistik vorbeigegangen sein – wegen der Rabatte für das auslaufende Modell. Insgesamt wurden 2015 52.493 A4, S4 und RS4 neu zugelassen. Quelle: Audi
Platz 9: Opel CorsaVon 10 auf 9 ging es für den Opel Corsa. Mit 4.156 neuzugelassenen Exemplaren hat sich der kleine Rüsselsheimer im Jahres-Endspurt noch an dem Audi vorbeigeschoben. Von Januar bis Dezember listet das KBA 52.741 Corsa – minimal mehr als beim A4. Quelle: Opel
Platz 8: Opel AstraNoch etwas stärker als der Corsa hat sich im Dezember der Astra entwickelt. Auf der IAA im September wurde die aktuelle Generation erst vorgestellt. Im letzten Monat des Jahres haben dann noch 5.309 Kunden bei dem neuen Astra zugegriffen – das ein oder andere Vorführfahrzeug der Opel-Händler dürfte in der Statistik aber auch enthalten sein. Dennoch kommt der Astra so auf 56.079 Neuzulassungen in 2015 – Rang acht. Quelle: Opel
Platz 7: Audi A3Auch im Falle des A3 war der Dezember für Audi kein guter Monat: Ende November lag die Kompakt-Baureihe der Ingolstädter deutschlandweit noch auf Platz 5. In der Jahresabrechnung muss sich der A3 samt seiner Ableger S3 und RS3 mit 57.858 Einheiten aber mit dem siebten Rang begnügen. Quelle: Audi
Platz 6: Skoda OctaviaAusgerechnet zwei Konzernbrüder haben den A3 vom fünften Platz verdrängt. Im Ranking Januar-November lag der Skoda Octavia noch 830 Einheiten hinter dem A3. Zum Jahresende hat das tschechische Mittelklasse-Modell mit 57.907 Autos den Audi um denkbar knappe 49 Neuzulassungen geschlagen. Quelle: Skoda
Platz 5: VW Tiguan5.003 Exemplare des Tiguan wurden im Dezember zum ersten Mal angemeldet. Damit verabschiedet sich die aktuelle Baureihe des VW-SUV mit Anstand in die Rente: In den restlichen elf Monaten waren es 4.900 Tiguan im Schnitt. Dieses konstante Ergebnis muss der Nachfolger, der auf der IAA vorgestellt wurde, 2016 erst einmal übertreffen. 58.978 Einheiten im letzten Produktionsjahr und das fünftbeliebteste Auto der Deutschen sprechen für sich. Quelle: Volkswagen
Platz 4: Mercedes C-KlasseDie Festspiele des Volkswagen-Konzerns in der Zulassungsstatistik kann als letzter Fremdling die Mercedes C-Klasse unterbrechen. Mit 67.549 Neuzulassungen lässt das Mittelklasse-Modell die Konkurrenz von Audi (auf Rang 10) und auch den BMW 3er (mit 44.637 Einheiten nicht einmal in den Top Ten) deutlich hinter sich. Allerdings profitieren die Stuttgarter hier auch von der Erfassungsweise des KBA: Im Falle von Mercedes zählt der Coupé-Ableger mit zu den C-Klasse-Zulassungen. Bei BMW als 4er und Audi als A5 werden die Coupé/Cabrio-Ableger als eigene Baureihen gewertet - und damit auch separat gelistet. Rechnet man bei BMW die 4er-Modelle der 3er-Baureihe zu, kommen die Münchner Mercedes mit 64.962 Einheiten sehr nahe. Quelle: Daimler

Ein Ermittlungsverfahren in dieser Sache hat die Staatsanwaltschaft München zwar eingestellt. Zivilrechtliche Ansprüche blieben davon unberührt, heißt es jedoch in dem Beschluss. Pech für die Betroffenen: Weil der Fall unter der Decke blieb, sind mögliche Ansprüche gegen Jones Day verjährt.

Die Affäre nahm ihren Ausgang, als die Kanzlei 2003 in München antrat, um im lukrativen Patentrecht Fuß zu fassen. Die Fälle erfordern viel Verwaltungsaufwand, wofür Kanzleien den Mandanten häufig üppige Pauschalen berechnen. Genau damit handelte sich Jones Day jedoch die „Billing-Affäre“ ein. Denn viele Mandanten hatten mit der Kanzlei keine Pauschalen, sondern nur die Abrechnung tatsächlich geleisteter Anwaltsstunden vereinbart.

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Um dennoch auf die mitunter lukrativen Pauschalen zu kommen, soll der ehemalige Leiter der Jones-Day-Patentabteilung die üblichen Pauschalen in fiktive Arbeitsstunden umgerechnet und den Mandanten als tatsächlich geleistete Arbeitszeit in Rechnung gestellt haben. Das berichteten mehrere Jones-Day-Mitarbeiter gegenüber der WirtschaftsWoche.

Als der geschäftsführende Gesellschafter der Kanzlei in Washington davon erfuhr, schickte er einen Partner nach München, um die Vorfälle zu untersuchen. Danach erstattete Jones Day mehreren Mandanten einen Teil des gezahlten Honorars. In einem Schreiben, das der WirtschaftsWoche vorliegt, begründeten die Anwälte die Maßnahme mit vereinheitlichten Abrechnungsmethoden infolge des Wachstums der Kanzlei. Tatsächlich aber könnte es sich um Entschädigungen für zu hohe Rechnungen gehandelt haben.

Skepsis in der Branche

Nach Angaben ehemaliger Mitarbeiter hat der damalige Leiter der Jones-Day-Patentabteilung mehr als 1000 Fälle betreut. Bis heute ist unklar, ob alle betroffenen Mandanten Geld zurückerhielten. Die Kanzlei und ihr Exabteilungsleiter wollen sich auf Anfrage nicht äußern. Offen ist auch, ob die Zahlungen angemessen waren. Ein ehemaliger Kanzleipartner versicherte an Eides statt, die Erstattungen seien nach ihm „unbekannten Anweisungen erstellt“ worden und für ihn „sehr intransparent“ gewesen.

Auch öffentlich trug Jones Day nur Widersprüchliches zur Klärung der „Billing-Affäre“ bei. Auf Anfrage der WirtschaftsWoche behauptete ein Jones-Day-Anwalt zunächst, die Vorwürfe seien von einem Querulanten frei erfunden. Gegenüber der Polizei hatte derselbe Jone-Day-Anwalt zuvor aber bestätigt, dass Pauschalen in fiktive Arbeitsstunden umgerechnet worden waren.

Der Abgas-Skandal bei VW ist ein herber Rückschlag für die Diesel-Strategie deutscher Autobauer in den USA. Auch Daimler und BMW bleiben dort auf ihren Dieseln sitzen.

Erst als die WirtschaftsWoche den Anwalt mit dieser Aussage konfrontierte, räumte er hinter vorgehaltener Hand ein, dass es Probleme mit den Abrechnungen gegeben habe. Offiziell bleibt die Kanzlei aber dabei, die Vorwürfe stammten von einem Expartner, „der mehrfach versucht hat, die Kanzlei unter Druck zu setzen“, als seine Arbeit „den professionellen Standards der Kanzlei nicht genügte“.

Der ehemalige Chef der Jones-Day-Patentabteilung, der für die Abrechnungsprobleme verantwortlich sein soll, beruft sich auf die Staatsanwaltschaft München, die die Vorwürfe überprüft und verworfen habe. Der Einstellungsbeschluss der Staatsanwälte vermittelt aber den Eindruck, diese hätten sich eher darauf konzentriert, herauszufinden, ob die Kanzlei doppelt kassiert habe – und nicht darauf, ob sie Pauschalen in fiktive Stunden umgerechnet und unzulässigerweise in Rechnung gestellt habe.

Dass Jones Day die VW-Abgasaffäre aufklären soll, sorgt in der Branche für Erstaunen. Jones Day sei bislang nur selten mit Rechtsverstößen von Unternehmen befasst gewesen, so der juristische Nachrichtendienst Juve, und habe „im Strafrecht hierzulande nicht nennenswert auf sich aufmerksam“ gemacht. Dafür hatte Jones Day 2014 einen Gesellschaftsrechtler beim Wettbewerber Clifford Chance abgeworben, der seit Jahren einen deutschen Autobauer berät: VW.

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