VW-Skandal Kanzlei hat Ärger mit eigener Affäre

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Skepsis in der Branche

Nach Angaben ehemaliger Mitarbeiter hat der damalige Leiter der Jones-Day-Patentabteilung mehr als 1000 Fälle betreut. Bis heute ist unklar, ob alle betroffenen Mandanten Geld zurückerhielten. Die Kanzlei und ihr Exabteilungsleiter wollen sich auf Anfrage nicht äußern. Offen ist auch, ob die Zahlungen angemessen waren. Ein ehemaliger Kanzleipartner versicherte an Eides statt, die Erstattungen seien nach ihm „unbekannten Anweisungen erstellt“ worden und für ihn „sehr intransparent“ gewesen.

Auch öffentlich trug Jones Day nur Widersprüchliches zur Klärung der „Billing-Affäre“ bei. Auf Anfrage der WirtschaftsWoche behauptete ein Jones-Day-Anwalt zunächst, die Vorwürfe seien von einem Querulanten frei erfunden. Gegenüber der Polizei hatte derselbe Jone-Day-Anwalt zuvor aber bestätigt, dass Pauschalen in fiktive Arbeitsstunden umgerechnet worden waren.

Der Abgas-Skandal bei VW ist ein herber Rückschlag für die Diesel-Strategie deutscher Autobauer in den USA. Auch Daimler und BMW bleiben dort auf ihren Dieseln sitzen.

Erst als die WirtschaftsWoche den Anwalt mit dieser Aussage konfrontierte, räumte er hinter vorgehaltener Hand ein, dass es Probleme mit den Abrechnungen gegeben habe. Offiziell bleibt die Kanzlei aber dabei, die Vorwürfe stammten von einem Expartner, „der mehrfach versucht hat, die Kanzlei unter Druck zu setzen“, als seine Arbeit „den professionellen Standards der Kanzlei nicht genügte“.

Der ehemalige Chef der Jones-Day-Patentabteilung, der für die Abrechnungsprobleme verantwortlich sein soll, beruft sich auf die Staatsanwaltschaft München, die die Vorwürfe überprüft und verworfen habe. Der Einstellungsbeschluss der Staatsanwälte vermittelt aber den Eindruck, diese hätten sich eher darauf konzentriert, herauszufinden, ob die Kanzlei doppelt kassiert habe – und nicht darauf, ob sie Pauschalen in fiktive Stunden umgerechnet und unzulässigerweise in Rechnung gestellt habe.

Dass Jones Day die VW-Abgasaffäre aufklären soll, sorgt in der Branche für Erstaunen. Jones Day sei bislang nur selten mit Rechtsverstößen von Unternehmen befasst gewesen, so der juristische Nachrichtendienst Juve, und habe „im Strafrecht hierzulande nicht nennenswert auf sich aufmerksam“ gemacht. Dafür hatte Jones Day 2014 einen Gesellschaftsrechtler beim Wettbewerber Clifford Chance abgeworben, der seit Jahren einen deutschen Autobauer berät: VW.

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