VW-Skandal und jetzt E-Auto-Offensive? Volkswagen sollte aus seinen Fehlern lernen

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Es gibt nicht eine Batterie für alle Zwecke

Nicht zuletzt hat Diess persönlich mit dieser Aussage einen radikalen Wandel vollzogen. In seiner Zeit bei BMW war er kein Freund einer eigenen Zellfertigung – auch aus Kostengründen. Im Ergebnis fahren heute die Elektro-BMWs i3 und i8 mit Zellen aus Südkorea. Immerhin werden die zugekauften Zellen noch selbst zu Batteriemodulen zusammengesetzt. So läuft es auch bei anderen deutschen Autobauern. Aus gutem Grund.

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Das zeigt etwa ein Blick in die aktuellen Modelle des Volkswagen-Konzerns: Die Batteriemodule, aus denen sich die Batterie eines Elektroautos oder Plug-In-Hybrids zusammensetzt, sind innerhalb des VW-Reichs alle gleich. Je nach Auto werden dann unterschiedlich viele Module in der Batterie verbaut – ob es ein Hybrid mit 50 Kilometern Elektro-Reichweite oder ein reines E-Auto mit 500 Kilometern werden soll.

Entscheidend in der Diskussion um eine deutsche Zell-Fertigung: Es gibt nicht die eine Batteriezelle, die zu allen Einsatzgebieten passt. Bei einem Audi Q7 e-tron werden andere Zellen in die Module eingebaut als etwa bei einem VW e-Golf. Mit anderen Worten: Jeder Zelltyp hat Vor- und Nachteile. Es wird von Modell zu Modell entschieden, welche Zellen in die Module kommen – sogenannte prismatische Zellen von Samsung, Pouch-Zellen von LG oder gar Rundzellen vom Typ 18650, wie sie Tesla verwendet.

Welche Ausmaße eine moderne Batteriefabrik annehmen kann, zeigt ein Blick in die Wüste von Nevada, wo Tesla zusammen mit Technologiepartner Panasonic derzeit die Gigafactory aus dem Boden stampft. Dabei geht es bei Teslas Milliarden-Investment "nur" um die technologisch relativ simplen Rundzellen. Die Herausforderung hierzulande eine Fertigung aufzubauen, die unterschiedliche Zelltypen für unterschiedliche Autobauer in hohen Stückzahlen zu bauen, ist ungleich komplexer – und teurer.

Der Vorstoß der Betriebsräte, dieses Technologiefeld samt Arbeitsplätzen nach Deutschland zu holen, ist verständlich. Das mangelnde Interesse der Autobauer, in eine für den Kunden unsichtbare Technologie zu investieren und dabei noch an Flexibilität einzubüßen, aber auch.

Bevor die neue Führung um Konzernchef Matthias Müller bei den Batterien einen weiteren Alleingang wagt, sollten sie einen Blick in die eigene Vergangenheit werfen: Als Anfang des Jahrtausends der Rest der Autowelt bei Dieselmotoren an der Common-Rail-Einspritztechnik arbeitete, war Volkswagen eisern von den Vorzügen der Pumpe-Düse-Technologie überzeugt. Bis im Konzern die Einsicht gereift war, dass die Common-Rail-Technik doch besser war, hatte Volkswagen einen großen Rückstand. Aufholen sollte diesen ein vollkommen neuer Motor, der EA189 – eben jenes Aggregat, das heute als "Höllenmaschine" verschrien ist.

Deshalb sollte sich Volkswagen genau überlegen, wie die Elektroauto-Offensive aussehen soll – mit einer eigenen Batteriefertigung oder doch mit zugekauften Akkuzellen. Heute fertigt kein Autobauer seine Zellen selbst. Sich vom Markt abzuheben, könnte künftig ein großer Vorteil für Volkswagen sein und das Elektroauto auch preislich attraktiver machen. Mal wieder gegen den Trend der anderen Autobauer zu schwimmen, kann aber auch ein teures Risiko sein – die Gefahr, erneut auf einen Holzweg zu geraten, ist sehr groß.

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