VW steigert operatives Ergebnis Volkswagen trotzt der Abgas-Krise

Volkswagen hat mitten im Abgasskandal beim um Sondereffekte bereinigten Betriebsergebnis kräftig zugelegt. Der Konzern schnitt deutlich besser ab als erwartet. Unterm Strich sank jedoch der Gewinn und Umsatz.

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VW hat zugelegt Quelle: REUTERS

Volkswagen kann den Abgasskandal dank robuster Verkaufszahlen sowie Einsparungen zunehmend besser verkraften. Der Betriebsgewinn vor Sondereinflüssen kletterte im zweiten Quartal um ein Fünftel auf 4,4 Milliarden Euro, wie der Konzern am Donnerstag mitteilte. Abzüglich von Sondereinflüssen sowie weiterer Rückstellungen halbierte sich das Ergebnis fast auf 1,9 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg im abgelaufenen Quartal um rund zwei Prozent auf knapp 57 Milliarden Euro. "Die Zahlen zeigen, dass unser operatives Geschäft solide ist", zog Konzernchef Matthias Müller Bilanz.

Im Schatten der Abgas-Affäre fand auch die wichtige, aber renditeschwache Kernmarke VW-Pkw zurück in die Spur. Die Hausmarke um Golf und Passat erreichte im zweiten Quartal des laufenden Jahres 808 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit). Zwar liegt dieser Wert klar unter den 914 Millionen Euro aus dem zweiten Viertel des Vorjahres. Jedoch war das Startquartal für die Kernmarke unter dem Druck der Abgas-Affäre mit nur 73 Millionen Euro Ebit noch weit enttäuschender verlaufen. Im Schlussquartal 2015 hatte VW-Pkw sogar Verluste gemacht.

Insgesamt lieferte der Konzern bis zur Jahresmitte 5,12 Millionen Fahrzeuge aus und behauptete damit seine Position als weltweit absatzstärkster Autobauer vor Toyota.

Wie VW im ersten Halbjahr abgeschnitten hat

Die Wolfsburger hatten bereits vergangene Woche über deutliche Verbesserungen beim Ertrag der Hauptmarke VW berichtet. Ein Gewinnsprung bei der lange ertragsschwachen Marke mit dem VW-Logo im zweiten Quartal sorgte dafür, dass der Konzern vor Sondereinflüssen besser abschnitt als erwartet.

VW-Chef Herbert Diess hat der Marke, die für die Hälfte des Konzernumsatzes steht, einen Sparkurs verordnet und fährt erste Erfolge ein. Zugleich legten die Niedersachsen 1,6 Milliarden Euro wegen weiterer rechtlicher Risiken im Zusammenhang mit dem Abgasskandal zur Seite. Insgesamt beliefen sich die Sondereinflüsse, die das Ergebnis belasteten, auf 2,2 Milliarden Euro.

VW bleibt trotz Dieselgate vor Toyota
Toyota – 1. Halbjahr 2016Der japanische Branchenprimus, zu dem auch der Kleinwagenbauer Daihatsu Motor und der Nutzwagenhersteller Hino Motors gehören, verkaufte zwischen Januar und Juni global 4,99 Millionen Autos. Das ist ein Rückgang zum Vorjahreszeitraum von 0,6 Prozent. Die ganze Halbjahres-Bilanz auch mit Umsatz- und Gewinnkennzahlen legt der japanische Konkurrent am 4. August vor. Quelle: AP
Volkswagen (Konzern) – 1. Halbjahr 2016Krise? Welche Krise? Die Abgas-Affäre scheint die Auslieferungen bei Volkswagen nicht zu bremsen. Pünktlich zum Halbjahr setzt sogar die schwächelnde Kernmarke zur Wende an. Mit 2,925 Millionen verkauften Volkswagen blieb die Marke zwar knapp unter dem Vorjahresergebnis, die Tendenz im Juni zeigte aber um fast fünf Prozent nach oben. Mit dem starken Juni stehen nach sechs Monaten die Zeichen bei den Verkäufen klarer als zuvor auf Zuwachs: 5,12 Millionen Fahrzeuge – vom VW-Up bis zum schweren Scania-Lkw – sind 1,5 Prozent Verbesserung im Vergleich zum ersten Halbjahr 2015. Trotz Diesel-Krise steuert der Konzern damit 2016 bisher auf ein Auslieferungsplus zu. Nach fünf Monaten Ende Mai hatte der Zuwachs lediglich bei 0,8 Prozent gelegen. Zumindest als Momentaufnahme scheint der Autobauer damit zehn Monate nach dem Ausbruch der Diesel-Krise eine Durststrecke zu verlassen. Quelle: dpa
BMW – 1. Halbjahr 2016Zwischen Januar und Juni diesen Jahres wurden weltweit 986.557 BMW verkauft. Damit konnten die Münchner im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 Prozent zulegen. Allein im Juni stieg der Absatz um 9,7 Prozent auf 189.097 – mit den Marken Mini und Rolls-Royce kommt der Konzern sogar auf 227.849 Autos (+9,1 Prozent). Für das Plus sorgte demnach vor allem die hohe Nachfrage in Europa und Asien. In den USA dagegen schrumpfte der Absatz. Mit den knapp 190.000 Fahrzeugen im Juli lag BMW vor den beiden Dauer-Konkurrenten Audi (169.000 Autos) und Mercedes (188.444 Fahrzeuge). Doch wie sieht es im gesamten ersten Halbjahr aus? Quelle: dpa
Audi – 1. Halbjahr 2016Zumindest Audi konnte BMW hinter sich lassen. Die Ingolstädter konnten zwar zulegen, mit 5,6 Prozent fiel das Wachstum aber geringer aus als bei der Konkurrenz aus München – genauso die absolute Zahl an Auslieferungen von 953.200 Fahrzeugen. Dennoch ist die Bilanz für Audi positiv. Man habe den Absatz in allen Weltregionen steigern können, sagte Vertriebsvorstadn Dietmar Voggenreiter. Spaß-Modelle wie das TT Cabrio im Bild tragen traditionell wenig zum Volumen bei. Zu den größten Treibern gehörten die Baureihen A4 mit einem Plus von 12,3 Prozent und das Oberklasse-SUV Q7, das es nach dem Modellwechsel im Vorjahr auf ein Plus von satten 73,6 Prozent bringt. Auch für das zweite Halbjahr ist Voggenreiter optimistisch: Dann stehen die Premieren des überarbeiteten A3 und der komplett neuen Baureihen A5 und Q2 an. Quelle: obs
Daimler – 1. Halbjahr 2016BMW und Audi waren gut, Mercedes war besser. So lässt sich das erste Halbjahr zusammenfassen – sowohl beim Wachstum als auch beim Absatz konnte die Marke mit dem Stern die Konkurrenten abhängen. In den ersten sechs Monaten gingen 1.006.619 Mercedes-Benz an die Kunden – das entspricht eine Zuwachs von 12,1 Prozent. Ganz nebenbei der 40. Rekordmonat in Folge für die Marke. Dabei profitiert Mercedes vor allem von den SUV-Modellen, die inzwischen ein Drittel des weltweiten Absatzes ausmachen. „Das zeigt, dass sich unsere Produktoffensive auszahlt und unser rundum erneuertes SUV-Portfolio hervorragend bei den Kunden ankommt“, sagt Vorstandsmitglied Ola Källenius. Zusammen mit den 73.510 verkauften Smart kommt die Pkw-Sparte des Daimler-Konzerns so auf 1,08 Millionen Fahrzeuge. Quelle: dpa
Porsche – 1. Halbjahr 2016Drei Prozent Wachstum auf 117.963 Fahrzeuge. Das sind die Eckdaten des ersten Halbjahres bei Porsche. Der Sportwagenbauer zeigt sich damit zufrieden und spricht von einer „Stabilisierung auf hohem Niveau“. Viele Modelle wie die Baureihen Cayman, Boxster, Macan und der 911er konnten zwar zweistellig wachsen, bei der Limousine Panamera hielten sich die Kunden wegen des anstehenden Modellwechsels aber spürbar zurück. „Die durchweg positive Resonanz auf die Weltpremiere des neuen Panamera Ende Juni stimmt uns sehr optimistisch. Wir erwarten uns davon einen deutlichen Schub“, sagt Marketing- und Vertriebsvorstand Detlev von Platen. Der neue Panamera kann seit dem 28. Juni bestellt werden und steht in Europa ab November beim Händler. In den USA und im chinesischen Markt ist das Auto ab Januar 2017 verfügbar. Quelle: dpa
Toyota – Gesamtjahr 2015Der japanische Autokonzern Toyota hat seine Stellung als weltgrößter Fahrzeughersteller im vierten Jahr nacheinander behauptet und den durch den Abgasskandal gebeutelten Konkurrenten VW auf Distanz gehalten. 2015 verkaufte das Unternehmen 10,15 Millionen Autos, wie Toyota am Mittwoch mitteilte. VW kam im vergangenen Jahr auf 9,93 Millionen verkaufte Autos, General Motors auf 9,8 Millionen. 2016 rechnet Toyota mit einem Absatz von 10,11 Autos. Im vergangenen Jahr lag die Prognose bei 10,1 Millionen Fahrzeugen für 2015 und wurde durch die Realität übertroffen. VW hatte Toyota bei den Verkaufszahlen im ersten Halbjahr 2015 überholt, war dann aber infolge des Abgasskandals wieder zurückgefallen. Die Autoverkäufe auf den großen Märkten in den USA und Japan haben sich verlangsamt. Darüber hinaus hat sich auch das in den vergangenen Jahren stetige Wachstum auf aufstrebenden Märkten abgeschwächt. Das schlägt sich auch in den Toyota-Zahlen nieder: 2014 hatten die Japaner noch 10,23 Millionen Autos verkauft. Quelle: dpa

Volkswagen hatte seine Rückstellungen zuvor bereits auf 16,2 Milliarden Euro aufgestockt, um die Lasten der Abgaskrise zu schultern. Davon wird ein großer Teil von dem Vergleich mit Behörden und hunderten Privatklägern in den USA verschlungen, für den das Bezirksgericht in San Francisco jüngst vorläufig grünes Licht gegeben hat.

Allein für den Rückkauf und die Reparatur der rund eine halbe Million betroffenen US-Fahrzeuge mit Zwei-Liter-Motoren hat Volkswagen gut zehn Milliarden Dollar vorgesehen. Weitere knapp fünf Milliarden Dollar sollen die Wolfsburger in zwei Umweltfonds einzahlen. Die Lasten sinken, je mehr Dieselbesitzer ihre manipulierten Wagen umrüsten lassen und Volkswagen diese nicht teuer zurückkaufen muss.

Gleichzeitig könnten sich die Risiken für den Konzern weiter erhöhen, weil drei US-Bundesstaaten Volkswagen wegen Verstößen gegen Umweltgesetze verklagen. In Kanada verhandelt der Konzern zudem noch über eine Beilegung des Dieselskandals. Würde das US-Entschädigungsmodell auf den nördlichen Nachbarn der USA übertragen, müsste VW womöglich mit einer weiteren Belastung in Milliardenhöhe rechnen. Auch in Europa fordern Kunden eine Entschädigung.

Bei der operativen Marge dagegen ist VW vorsichtiger geworden: Der Konzern rechnet inzwischen nur noch mit einem Wert zwischen fünf und sechs Prozent am Jahresende, wenn man Sondereffekten wie zum Beispiel Kosten aus der Dieselkrise herausrechnet. Zuvor hatte der Konzern diese Belastungen noch eingepreist.



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