VW-Strategie 2025 Was Matthias Müller mit Volkswagen vor hat

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Müller stellt Konzernmarken infrage

Was bedeutet die neue Strategie für die Volumenmarken wie VW, Skoda und Seat?

Welche Änderungen sich im Detail ergeben, ist noch nicht bekannt. Ohne Folgen werden das gestutzte Produktportfolio und die erhöhte Trennschärfe der Marken aber nicht bleiben. Unter Perfektionist Winterkorn sind vor allem die VW-Modelle immer aufwändiger und höherwertiger geworden und hat sich vom Kern des bezahlbaren Familienautos ein Stück entfernt. Ein Golf des Jahrgangs 2015 bietet mehr als sich die meisten noch vor wenigen Jahren erträumen konnten – nur hat das auch seinen Preis.

Zur selben Zeit ist Skoda sehr nahe an das herangekommen, wofür VW lange stand: bezahlbare und gute Autos. Die Tschechen haben sich aus denselben Baukästen wie die Muttermarke bedient und ähnlich gute Autos gebaut. Auch wenn Seat an einigen Stellen mit etwas mehr Hartplastik im Innenraum auskommen oder auf das neueste Assistenzsystem verzichten muss, in vielen Punkten stehen die Spanier VW in kaum etwas nach.

Was ändert sich für die Premiummarken?

In der Strategie sind die Premiummarken wie Audi, Porsche und Bentley nicht ausdrücklich erwähnt. Aus gutem Grund, denn sie werfen im Gegensatz zur Kernmarke fette Gewinne ab und finanzieren sich selbst. Gerade Porsche ist eine der profitabelsten Automarken überhaupt – ohne die Gewinne aus Zuffenhausen und Ingolstadt sähe es in Wolfsburg düster aus.

Von den angestoßenen Entwicklungen bei Batterien, selbstfahrenden Autos und weiteren Innovationen werden natürlich auch die Premiummarken profitieren. Einen so ausführlichen Umbau wie Volkswagen selbst brauchen sie aber – vorerst – nicht.

Was kostet die ganze Neuausrichtung?

Insgesamt will der Konzern einen zweistelligen Milliardenbetrag in die Zukunftsthemen investieren. Um das zu finanzieren, will Müller konzernweit die Effizienz steigern – von der Entwicklung über den Einkauf und die Produktion bis hin zum Vertrieb.

Aktionärsverteilung der Volkswagen AG

Die Sachinvestitionen sollen bis 2025 auf sechs Prozent des Auto-Umsatzes steigen, die Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf sechs Prozent sinken. Die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Vertriebs- und Verwaltungskosten will Müller auf unter zwölf Prozent senken. Was das auf Konzern-, Marken- und Bereichsebene für Änderungen nach sich zieht, will der Vorstand in den kommenden Monaten erarbeiten.

Brisant ist noch folgender Satz: „Zusätzliche Mittel für Zukunftsinvestitionen können auch durch eine Optimierung des bestehenden Marken- und Beteiligungsportfolios generiert werden.“ Soll heißen: Eine oder mehrere der zwölf Marken stehen auf dem Prüfstand. Zuletzt gab es Gerüchte, der Konzern wolle sich von Bugatti oder Ducati trennen. Beides wäre verständlich: Eine Motorradmarke sorgt bei Autos und Lkw für keine Synergien, ein sündhaft teurer Sportwagen mit weit über 1000 PS passt nicht zu dem nachhaltigen Image, das Müller dem Konzern verpassen will. Entschieden sei aber noch nichts, betont Müller. „Spekulationen sind nicht zielführend“.

Ist nur das Autogeschäft betroffen?

Nein, die Änderungen ziehen sich durch den gesamten Konzern. Die Autokomponenten, bislang auf Markenebene organisiert, sollen konzernweit zu einer eigenen Einheit zusammengefasst werden. 67.000 Mitarbeiter fertigen an 26 Standorten Bauteile für die Fahrzeuge des Konzerns – ohne dass genau Buch darüber geführt wird.

Werden die Komponentenwerke – in Deutschland sind das etwa Braunschweig und Salzgitter – in einer eigenen Einheit zusammengefasst, entsteht eine Art VW-eigener Zulieferer. Der Konzern erwartet sich davon eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit, mehr Effizienz und „maßgebliche Beiträge für Zukunftsthemen wie die Elektromobilitätsoffensive“. Neu ist die Idee in der Branche nicht: Aus den ehemaligen Komponentensparten von Ford und General Motors sind mit Visteon und Delphi inzwischen eigenständige Unternehmen geworden, die mehrere Autobauer beliefern.

Das neue Geschäftsfeld der Mobilitätsdienstleistungen wird sich personell und organisatorisch erst etablieren müssen. Mit Beteiligungen wie an dem Fahrtenvermittler Gett wollen die Wolfsburger bei Digitalprojekten auch vermehrt auf Partnerschaften, Zukäufe und Venture-Captial-Investments konzentrieren.



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