Wachstum bleibt aus Russlands Automarkt auf Schrumpfkurs

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Sieben Prozent weniger Absatz


Wie es jetzt auf der Krim weitergeht
Ist die Versorgung der Krim gefährdet?Strom und vor allem Wasser erhält die Krim hauptsächlich vom ukrainischen Festland. Zwar schließt die Regierung in Kiew bisher aus, die Versorgung zu unterbrechen. Doch fehlt ein Notfallplan. Die moskautreue Führung der Halbinsel hat wichtige Unternehmen wie den Gasversorger Tschernomorneftegas verstaatlicht. Als wahrscheinlich gilt, das russische Staatskonzerne wie der Monopolist Gazprom die Firmen übernehmen. Die Zugänge zur Halbinsel sind erschwert: Autos und Züge werden kontrolliert. Flüge gibt es fast nur noch von Moskau. Im Eiltempo treibt Russland nun Planungen für eine Brücke über die vier Kilometer lange Meerenge von Kertsch zum Osten der Krim voran. Quelle: dpa
Wie läuft die Währungsumstellung von Griwna auf Rubel?Beide Währungen sollen bis Ende 2015 gleichberechtigt genutzt werden dürfen. Berichten zufolge werden aber Banken schon nicht mehr mit ukrainischer Griwna beliefert, und Russische Rubel sind noch nicht ausreichend im Umlauf. Geldautomaten geben nur geringe Summen aus. Alle Verträge mit ukrainischen Lieferanten sind in Griwna gemacht. Unklar ist die Rechtslage bei Zoll und Steuern. Kremlchef Wladimir Putin verlangt, dass die Renten schon bald dem russischen Niveau angeglichen werden - das bedeutet mindestens eine Verdoppelung. Quelle: dpa
Was passiert mit den ukrainischen Soldaten auf der Krim?Auch der ukrainische Präsidentschaftskandidat Vitali Klitschko fordert nun den kompletten Abzug der Truppen von der Krim - „um Leben zu retten“. Fast alle ukrainischen Militäreinrichtungen sind von Uniformierten umstellt, vermutlich russischen Soldaten. Mehrere Stützpunkte sind bereits in der Hand prorussischer Kräfte, darunter das Hauptquartier der Marine. Zur Selbstverteidigung hatte das Verteidigungsministerium in Kiew zwar den Einsatz von Schusswaffen erlaubt, aber Schüsse fielen nicht. Vielmehr häufen sich jetzt Berichte, dass immer mehr Soldaten die Basen freiwillig verlassen. Quelle: AP
Was geschieht mit der Minderheit der Tataren?Die moskautreue Führung der Krim macht dem Turkvolk, das etwa zwölf Prozent der zwei Millionen Einwohner ausmacht, weitreichende Angebote. So sollen Tataren ein Fünftel aller öffentlichen Ämter erhalten, Krimtatarisch wird Amtssprache. Hinzu kommen massive Finanzhilfen. Zugleich steigt der Druck auf die Minderheit, die einen Anschluss an Russland zum Großteil bisher ablehnt. Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew fordert, die Tataren müssten illegal besetzte Grundstücke räumen - angeblich im Austausch gegen neue Ländereien. Das weckt alte Ängste: Vor 70 Jahren ließ Sowjetdiktator Josef Stalin die Tataren als angebliche Verbündete Nazi-Deutschlands deportieren. Quelle: dpa
Was unternimmt die neue ukrainische Regierung?Die Führung in Kiew wirkt machtlos und ist tatenlos. Zwar ist eine Teilmobilisierung verkündet, etwa 20 000 Reservisten sollen bis Ende April einberufen werden. Aber Regierungschef Arseni Jazenjuk (im Bild) und Interimspräsident Alexander Turtschinow schließen einen Krieg um die Krim bisher aus. Eine Reise von Kabinettsvertretern auf die Krim zu einer „Regulierung des Konflikts“ lehnt die dortige moskautreue Regierung ab. Beide Seiten erkennen sich gegenseitig bisher nicht an. Zugleich treibt Kiew den Westkurs voran. So will Jazenjuk noch diese Woche den politischen Teil des Partnerschaftsabkommens mit der EU unterzeichnen. Quelle: dpa
Was machen politische Schwergewichte wie Timoschenko und Klitschko?Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, die sich zuletzt in Berlin behandeln ließ, verurteilt das russische Vorgehen und fordert internationale Unterstützung. Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko besucht demonstrativ Stützpunkte der Grenztruppen und des Militärs. Zudem spendet er 25 Prozent seines Abgeordnetengehalts für die Armee und wirbt für Sanktionen gegen Russland. Da ihre Parteien aber die Koalition in Kiew stützen, halten sich die wahrscheinlichen Präsidentschaftskandidaten mit offener Kritik zurück. Quelle: dpa

Bis Ende 2018 wollen die Wolfsburger 1,2 Milliarden Euro in Russland investieren – für ein neues Motorenwerk in Kaluga und ein Logistikzentrum in der Nähe von Moskau. Man werde diese Investitionen nicht stoppen, sagte Winterkorn vor wenigen Tagen. Auch Zulieferer Continental hält an seinen zig-Millionen Euro schweren Plänen fest.

Noch in diesem Jahr geht ein Werk zur Produktion von Motorsteuergeräten und Kraftstofffördereinheiten ans Netz, in wenigen Wochen läuft die Serienproduktion von Klimaleitungen im ContiTech-Werk in Kaluga an. Insgesamt arbeiten 1100 Menschen für Conti in Russland. Noch. Im Falle einer Eskalation der Krise ist alles möglich – ausgedehnte Sanktionen der EU gegen Russland, russische Importzölle auf europäische Produkte bis hin zur Enteignung ausländischer Konzerne in Russland. Ein Schreckensszenario, bei dem beide Seiten verlieren würden. „Auch Russland hat ein Interesse daran, dass die Produktion in den Werken deutscher Hersteller weiterläuft. Daran hängen schließlich mehrere tausend Arbeitsplätze", gibt Analyst Schwope zu bedenken.

Schon jetzt hat Putin mit der Besetzung der Krim die Auto-Industrie nachhaltig ausgebremst. Das Beratungshaus PriceWaterhouseCoopers PwC prognostiziert in einer Analyse, die WirtschaftsWoche Online exklusiv vorliegt, dass der russische Automarkt in diesem Jahr um mehr als sieben Prozent auf dann nur noch 2,58 Millionen Fahrzeuge schrumpfen wird.

PwC-Prognose für den russischen Markt

Schon 2013 waren die Verkäufe in Russland um fünf Prozent gefallen. Abwrackgebühren, Anti-Dumping-Zölle, eine Steuer auf Luxusautos und die Zurückhaltung der Bürger beim Konsum ließen die Lust auf neue Autos schwinden. Ein ursprünglich bis 2014 geplantes Förderprogramm, bei dem die Regierung Autokredite bezuschusste, setzte Putin vorzeitig zum 31.Dezember 2013 ab – als Teil von Konsolidierungsmaßnahmen für den Staatshaushalt. Neue Impulse zur Verkaufsförderung von Autos sind daher auch nicht zu erwarten. Im Gegenteil.

Der schwache Rubel führt zu höheren Autopreisen und zu höheren Zinsen für Autokredite. Warum sollte ein Russe jetzt ein Auto kaufen? Die Stimmung ist angstbehaftet. Und nicht nur russische Privatleute schieben Investitionen auf. Auch kleine und mittelgroße Autozulieferer werden abwarten, davon geht PwC aus. „Das wird mittelfristig zu einem Mangel an lokalen Lieferanten führen - mit negativen Auswirkungen für die gesamte Automobilindustrie in Russland“, warnt Christoph Stürmer, Analyst bei PwC Autofacts.

Damit würgt Putin den kaum warm gelaufenen Motor in der Autoindustrie ab. „Eine Struktur mit mittelständischen Zulieferer-Betrieben wie hier in Deutschland, entsteht gerade erst", weiß Branchen-Experte Bratzel. Investitionen wären dringend nötig, um Anzahl und Qualität der Betriebe zu erhöhen. Bratzel: „Die wirtschaftliche Dimension der Krise, ist jetzt schon tragisch für Russland.“

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