Bis Ende 2018 wollen die Wolfsburger 1,2 Milliarden Euro in Russland investieren – für ein neues Motorenwerk in Kaluga und ein Logistikzentrum in der Nähe von Moskau. Man werde diese Investitionen nicht stoppen, sagte Winterkorn vor wenigen Tagen. Auch Zulieferer Continental hält an seinen zig-Millionen Euro schweren Plänen fest.
Noch in diesem Jahr geht ein Werk zur Produktion von Motorsteuergeräten und Kraftstofffördereinheiten ans Netz, in wenigen Wochen läuft die Serienproduktion von Klimaleitungen im ContiTech-Werk in Kaluga an. Insgesamt arbeiten 1100 Menschen für Conti in Russland. Noch. Im Falle einer Eskalation der Krise ist alles möglich – ausgedehnte Sanktionen der EU gegen Russland, russische Importzölle auf europäische Produkte bis hin zur Enteignung ausländischer Konzerne in Russland. Ein Schreckensszenario, bei dem beide Seiten verlieren würden. „Auch Russland hat ein Interesse daran, dass die Produktion in den Werken deutscher Hersteller weiterläuft. Daran hängen schließlich mehrere tausend Arbeitsplätze", gibt Analyst Schwope zu bedenken.
Schon jetzt hat Putin mit der Besetzung der Krim die Auto-Industrie nachhaltig ausgebremst. Das Beratungshaus PriceWaterhouseCoopers PwC prognostiziert in einer Analyse, die WirtschaftsWoche Online exklusiv vorliegt, dass der russische Automarkt in diesem Jahr um mehr als sieben Prozent auf dann nur noch 2,58 Millionen Fahrzeuge schrumpfen wird.
PwC-Prognose für den russischen Markt
Das Analysehaus PriceWaterhouseCoopers geht für das Jahr 2014 von einem schrumpfenden russischen Markt aus. Die Verkäufe werden um 7,1 Prozentpunkte von 2,77 Millionen auf 2,58 Millionen Einheiten fallen. Bereits in den ersten beiden Monaten des Jahres sind die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent zurückgegangen.
PwC geht für 2014 von einem rückläufigen Produktionsvolumen im Pkw-Markt aus. Der Output wird von 2,01 Millionen Einheiten auf 1,88 Millionen zurückgehen.
Bis zum Jahr 2020, so prognostiziert PwC, wird das Produktionsvolumen im Vergleich zu 2013 um gut 5 Prozent auf 2,85 Millionen Einheiten ansteigen.
Schon 2013 waren die Verkäufe in Russland um fünf Prozent gefallen. Abwrackgebühren, Anti-Dumping-Zölle, eine Steuer auf Luxusautos und die Zurückhaltung der Bürger beim Konsum ließen die Lust auf neue Autos schwinden. Ein ursprünglich bis 2014 geplantes Förderprogramm, bei dem die Regierung Autokredite bezuschusste, setzte Putin vorzeitig zum 31.Dezember 2013 ab – als Teil von Konsolidierungsmaßnahmen für den Staatshaushalt. Neue Impulse zur Verkaufsförderung von Autos sind daher auch nicht zu erwarten. Im Gegenteil.
Der schwache Rubel führt zu höheren Autopreisen und zu höheren Zinsen für Autokredite. Warum sollte ein Russe jetzt ein Auto kaufen? Die Stimmung ist angstbehaftet. Und nicht nur russische Privatleute schieben Investitionen auf. Auch kleine und mittelgroße Autozulieferer werden abwarten, davon geht PwC aus. „Das wird mittelfristig zu einem Mangel an lokalen Lieferanten führen - mit negativen Auswirkungen für die gesamte Automobilindustrie in Russland“, warnt Christoph Stürmer, Analyst bei PwC Autofacts.
Damit würgt Putin den kaum warm gelaufenen Motor in der Autoindustrie ab. „Eine Struktur mit mittelständischen Zulieferer-Betrieben wie hier in Deutschland, entsteht gerade erst", weiß Branchen-Experte Bratzel. Investitionen wären dringend nötig, um Anzahl und Qualität der Betriebe zu erhöhen. Bratzel: „Die wirtschaftliche Dimension der Krise, ist jetzt schon tragisch für Russland.“