Das Verständnis für Markenwerte und Respekt vor der Arbeit der Marketingverantwortlichen scheint auch vielen Journalisten abhandengekommen zu sein. Sie reihen sich ein in die Riege der Kritiker und dreschen mit auf die Marke ein. Ihnen scheint nicht bewusst zu sein, dass sie sich als öffentliche Meinungsbildner an der Zerstörung von Marken-, und damit Unternehmens- Werten beteiligen.
Beispielhaft ist ein Beitrag im Wirtschaftsmagazin „Capital“. Darin schreibt Bernd Ziesemer: „Die Manager von Opel haben sich in den letzten Jahren so sehr in ihr eigenes Storytelling verliebt, dass sie die schönen Wörter irgendwann mit der schnöden Wirklichkeit verwechselt haben. Die plötzliche Entscheidung der Konzernmutter General Motors, Opel zum Verkauf zu stellen, markiert zugleich das Ende des Selbstbetrugs in Rüsselsheim.“ Für Ziesemer ist Opel-Chef Neumann gescheitert. Es liest sich wie eine Hinrichtung.
Auch die „FAZ“ sekundiert: „Man müsste an Wunder glauben lernen, um auf eine wirklich gute Zukunft von Opel zu setzen.“ Diese Beiträge geben der Marke Opel keine Chance, sich zu erholen. Sie würdigen nicht die Leistung der Opelaner in den letzten Jahren. In seinem Blog „Indiskretion Ehrensache“ titelt Thomas Knüwer folgerichtig: „Willkommen im Land der Wutjournalisten“.
Opels Produktionsstandorte in Europa
Am Opel-Hauptsitz arbeiten 14.850 Beschäftigte, davon gut die Hälfte im Entwicklungszentrum. Die Produktion hat rund 3000 Arbeitnehmer. Sie bauen den Mittelklassewagen Insignia in mehreren Varianten, den Zafira sowie Getriebe und Komponenten.
Quelle: Reuters, Stand: 19. April 2018
Der Standort in Rheinland-Pfalz hat 2130 Beschäftigte. Sie produzieren Motoren und Fahrwerkskomponenten.
In Thüringen laufen die Kleinwagen Corsa und Adam vom Band. Im Werk Eisenach arbeiten 1790 Menschen.
In dem polnischen Werk sind knapp 3050 Mitarbeiter beschäftigt. Sie bauen den Kompaktwagen Astra und das Cabrio Cascada und den Sportwagen Opel GTC. In Tychy stellen 400 Beschäftigte Motoren her.
In dem spanischen Standort bei Saragossa laufen Corsa, Meriva, der SUV Mokka und der Stadtgeländewagen Crossland X vom Band. Der Standort hat 5170 Arbeitsplätze.
Im Werk Ellesmere Port arbeiten 1470 Beschäftigte. Hier werden ebenfalls Astra-Modelle produziert.
Der Standort Luton nördlich von London hat 1240 Arbeitnehmer und baut den Kleintransporter Vivaro.
In dem österreichischen Werk nahe Wien arbeiten 1330 Menschen. Dort werden Motoren und Getriebe hergestellt.
Die Fabrik in Ungarn produziert mit 1160 Arbeitnehmern Motoren und Komponenten.
Dass es auch anders geht, beweist „Bilanz“. Hier schreibt Henryk M. Broder: „Heute sind wir alle Opel.“ Für ihn ist Opel so deutsch wie die Schwarzwälder Kuckucksuhr. Er träumt im Beitrag von seinem ersten Opel Kadett und verspricht, dass sein nächstes Auto wieder ein Opel (Kadett) wird.
Intelligenz gefragt
Ungeachtet der Angriffe gegen ihre Marke geht Opel-Vorstand Tina Müller (W&V: „Die Kämpferin“) weiter ihren Weg. Ihre Arbeit sieht sie nicht in Gefahr: "Dieser Markenaufbau wird konsequent fortgeführt. Alle für dieses Jahr geplanten Kampagnen werden wie vorgesehen eingeführt." Es sei die größte Modelloffensive der Firmengeschichte.
Anders kann man den Kampf gegen die Marketing-Ignoranz der Konzernchefs und selbst vieler Journalisten nicht gewinnen. In einer Zeit, in der viel über Künstliche Intelligenz gesprochen wird, wird es Zeit, dass menschliche Intelligenz wieder in die Unternehmensführung einkehrt.