Willi Diez zur Zukunft des Autohandels „Klassische Autohändler nur noch auf dem Land“

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"Eigentlich brauchen sie 'digital natives'"

Wie stemmen die Händler die dafür nötigen Investitionen?
Das ist der nächste Konsolidierungstreiber. Es sind nicht allein die Kosten für die Technologie, sondern auch für die Weiterbildung des Personals. Die Verkäufer vom alten Schlag tun sich oft schwer mit der neuen Technik. Das Thema überrollt den Handel gerade. Manche wollen es noch nicht wahr haben. Eigentlich brauchen sie „digital natives“, sonst  beschäftigt sich der Verkäufer länger mit dem Laptop als mit dem Kunden.

Würden Sie einem Autobegeisterten heute noch raten, Händler zu werden?
Den Fall habe ich hier tatsächlich ab und an an der Hochschule. Einige meiner Studenten stehen vor der Frage, ob sie den elterlichen Betrieb später übernehmen sollen.
Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann man dazu raten.  Das hängt sehr von der Marke und vom Standort ab. Einen Autohandelsbetrieb neu zu gründen ist extrem schwierig. Wenn man es macht, muss man sehr viel Geld in die Hand nehmen.

Neue, deutsche Investoren gibt es kaum noch. Dafür hat die chinesische LSH-Gruppe vor wenigen Monaten 15 Autohäuser von Mercedes übernommen. Müssen wir uns auf mehr internationale Investoren einstellen?
Ja, davon gehe ich. Es gibt viele weltweit aufgestellte Investorengruppen im Autohandel. Die Hersteller selbst laden ihre oft langjährigen, strategischen Partner ein, sich hierzulande zu engagieren. Auch um das Gebrauchtwagengeschäft zu lernen.

Aber der deutsche Markt ist im Verhältnis zu China sehr klein…
Ja, aber das Attraktive am deutschen Markt ist der hohe Anteil von Premiumfahrzeugen. Junge Gebrauchte, die bisher nur in Herstellerhand waren – also ehemalige Dienstwagen von BMW und Audi-Mitarbeitern – sind ein sehr lukrativer Markt. Sie sind gut ausgestattet und erstklassig gepflegt. Der Hersteller bieten gerne größere Pakete an. Sagen wir 50 Autos. Und jetzt kommt wieder die Größe der Gruppe ins Spiel. Ein kleiner Händler bekommt so ein Paket von seiner Sparkasse oder Volksbank gar nicht finanziert. Ein Gruppe sagt: ich nehme auch 100. Die finden selbst für in Deutschland schwer zu verkaufende Modelle wie weiße Oberklasselimousinen Käufer. Etwa in Asien oder Südfrankreich, wo viel gut betuchte arabische Kundschaft sitzt. Für eine internationale Gruppe ist das kein Problem. Wenn sie dieses Geschäft gut beherrschen, und den finanziellen Hintergrund mitbringen, können sie auch in einem verhältnismäßig kleinen Markt wie Deutschland sehr gut verdienen.

Wir bekommen also Mega-Dealer und mehr internationale Investoren. Welche Folgen hat das für die Händler?
Der Wettbewerbsdruck auf die Händler nimmt deutlich zu. Diese Investoren haben klare Zielvorstellungen im fünfstelligen Bereich – also 10.000 bis 50.000 Autos jährlich.

Die größten Autohändler in Deutschland

Warum trennt sich ein Hersteller wie Daimler von knapp der Hälfte seiner Autohäuser?
In solchen Betrieben steckt unglaublich viel Kapital. Und die Hersteller brauchen heute sehr viel Kapital, das sie nur bedingt zu guten Konditionen am Kapitalmarkt bekommen. Entgegen der weitverbreiteten Meinung sind Automobile kein Bereich, in den Menschen gerne investieren. Apple wird daher auch nie so blöd sein, Autos zu bauen. Mit Smartphone verdienen sie ein Vielfaches mehr. Wir bekommen glänzende Augen bei 10 Prozent Ebit. Da lachen Apple, Google und Mark Zuckerberg darüber.

In den nächsten Jahren brauchen die Hersteller unglaublich viel Geld für die Themen Elektromobilität, autonomes Fahren, Vernetzung. Wir haben einen kleinen Vorgeschmack bekommen, mit 2,8 Milliarden für Here. Wenn die drei einzeln geboten hätten, wäre der Preis leicht doppelt so hoch ausgefallen. Wir sprechen über Milliarden.

Und die Hersteller werden nicht alles zusammen machen können. Sie brauchen also wahnsinnig viel Geld für die Entwicklung.  Dieses Geld in Verkaufsbetriebe zu stecken, die nicht viel verdienen, ist nicht vernünftig. Mercedes hatte auch immer zu viel Niederlassung. Im Grunde benötigt man nur einige Flagshipstores  in Großstädten wie München, Berlin, Düsseldorf, Stuttgart, Hamburg wo die Menschen die Marke erleben.

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