In keiner anderen Volkswirtschaft der Welt hat die Autoindustrie einen so großen Anteil an der Wertschöpfung. Und nicht nur das: Die Branche ist auch regionalpolitisch von immenser Bedeutung. Für ihre Standorte waren VW, Daimler & Co in der Vergangenheit die Motoren des kommunalen Aufschwungs, sei es in Wolfsburg (VW) oder Ingolstadt (Audi), Leipzig (Porsche, BMW) oder Regensburg (BMW).
Beim alljährlichen Städteranking der WirtschaftsWoche belegten Autostädte denn auch mit schöner Regelmäßigkeit vordere Plätze. Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner etwa liegt in keiner anderen deutschen Stadt so hoch wie in Wolfsburg und Ingolstadt. Beim Anteil der F&E-Beschäftigten an den Erwerbstätigen finden sich unter den Top Five gleich drei Kommunen mit großen Automobilfabriken.
Umgekehrt drohen nun bei einer Zuspitzung der Krise ökonomische Kollateralschäden für die Kommunen. Und damit letztlich auch für die Bürger. Wenn der wichtigste Arbeitgeber schwächelt, Steuereinnahmen wegbrechen und Jobs verschwinden, schlägt das unmittelbar auf die kommunale Finanzkraft, die städtischen Investitionen und die öffentlichen Dienstleistungen durch.
Beispiel Wolfsburg: VW beschäftigt hier statistisch fast jeden zweiten Einwohner, der Gewerbesteuerhebesatz der Stadt konnte mit 360 Prozent dank der fetten Überweisungen von VW so niedrig wie in kaum einer anderen deutschen Großstadt gehalten werden. Doch die – volatile – Gewerbesteuer macht eben auch über 50 Prozent der städtischen Einnahmen aus. Schon 2013 hatte Oberbürgermeister Klaus Mohrs (SPD) im Interview mit der WirtschaftsWoche von einer „gefühlten Schicksalsgemeinschaft zwischen Bevölkerung, Politik und VW“ gesprochen. Mohrs: „Hier hat jede Familie irgendwas mit VW zu tun.“
Am VW-Standort Emden brachen die Gewerbesteuereinnahmen 2016 so stark ein, dass die Stadt unter anderem die Kita- und Parkgebühren erhöhen musste und an den städtischen Schulen weniger putzen ließ.