Der Elektrowagen-Boom in Norwegen bekommt einen Dämpfer. Die Elektrowagenvereinigung rät Autofahrer in Oslo davon ab, sich ein strombetriebenes Fahrzeug anzuschaffen – wenn sie nicht die Möglichkeit haben, es zu Hause zu laden. „Im Verhältnis zu der Anzahl der verkauften Autos ist die Kommune mit dem Ausbau von Ladestationen nicht nachgekommen“, sagte der Sprecher der Elbilforening, Petter Haugneland. Der prozentuale Anteil der neu zugelassenen E- und Hybrid-Autos liege inzwischen bei 35 Prozent.
„Also einer von drei verkauften Neuwagen in Norwegen ist elektrisch“, so Haugneland. In der Hauptstadt seien es sogar 40 Prozent.
50.000 Elektrofahrzeug und 30.000 ladbare Hybrid-Autos sind derzeit im Großraum Oslo registriert, bestätigte Sture Portvik von der Osloer Stadtverwaltung. Demgegenüber stünden 1300 kommunale Ladestationen. „Wir geben unser Bestes“, sagte Portvik. „Jedes Jahr installieren wir 26 Prozent mehr Ladestationen, aber die Anzahl der E-Autos ist über 100 Prozent gestiegen. Die Kluft wird nur größer und größer.“
In Deutschland dagegen ist die Nachfrage nach E-Autos weiterhin gering. Dass die Elektroautos in Norwegen so beliebt sind, liegt vor allem an den finanziellen Vorteilen, die der Staat den Autofahrern gewährt: Mehrwertsteuer, Importsteuer und Kfz-Steuer fallen weg. In der Anschaffung kann die E-Variante vieler Autos deshalb billiger sein als die mit Verbrennungsmotor.
„In Norwegen bezahlt man für einen E-Golf rund 250.000 norwegische Kronen (27.000 Euro) und für einen Benzin-Golf rund 300.000 Kronen (32.000 Euro). Das ist also ein Unterschied“, sagte Haugneland. Außerdem kann man in vielen Kommunen kostenlos parken, laden und zahlt keine Mautgebühren.
Elektroautos im Kostenvergleich
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
BMW i3 | Strom | 36.150 Euro | 598 Euro | 47,8 Cent |
Mini Cooper S | Super Plus | 26.600 Euro | 542 Euro | 43,4 Cent |
Mini Cooper SD | Diesel | 28.300 Euro | 519 Euro | 41,5 Cent |
Quelle: ADAC
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Citroën C-Zero | Strom | 19.800 Euro | 433 Euro | 34,6 Cent |
Citroën C1 Vti 68 | Super | 13.900 Euro | 388 Euro | 31,0 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Ford Focus Electric | Strom | 34.900 Euro | 665 Euro | 53,2 Cent |
Ford Focus 1.5 EcoBoost | Super | 25.500 Euro | 618 Euro | 49,4 Cent |
Ford Focus 2.0 TDCi | Diesel | 28.100 Euro | 623 Euro | 49,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Hyundai IONIQ Elektro | Strom | 33.300 Euro | 587 Euro | 47,0 Cent |
Hyundai i30 1.6 GDI | Super | 22.630 Euro | 562 Euro | 45,0 Cent |
Hyundai i30 1.6 CRDi blue | Diesel | 24.030 Euro | 548 Euro | 43,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Kia Soul EV | Strom | 28.890 Euro | 526 Euro | 42,1 Cent |
Kia Soul 1.6 GDI | Super | 19.990 Euro | 529 Euro | 42,3 Cent |
Kia Soul 1.6 CRDi | Diesel | 23.490 Euro | 539 Euro | 43,1 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Mercedes-Benz B250e | Strom | 39.151 Euro | 713 Euro | 57,0 Cent |
Mercedes-Benz B220 4Matic | Super | 34.076 Euro | 773 Euro | 61,8 Cent |
Mercedes-Benz B220d | Diesel | 36.521 Euro | 728 Euro | 58,2 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Nissan Leaf | Strom | 34.385 Euro | 632 Euro | 50,6 Cent |
Nissan Pulsar 1.2 DIG-T | Super | 22.290 Euro | 574 Euro | 45,9 Cent |
Nissan Pulsar 1.5 dCi | Diesel | 22.690 Euro | 535 Euro | 42,8 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Renault Zoë | Strom | 34.700 Euro | 580 Euro | 46,4 Cent |
Renault Clio TCe 90 | Super | 16.790 Euro | 433 Euro | 34,6 Cent |
Renault Clio dCi 90 | Diesel | 20.290 Euro | 454 Euro | 36,3 Cent |
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
Tesla Model S 60 | Strom | 71.020 Euro | 1206 Euro | 96,5 Cent |
Mercedes-Benz CLS 400 | Super | 63.427 Euro | 1198 Euro | 95,8 Cent |
Mercedes-Benz CLS 350d | Diesel | 62.178 Euro | 1156 Euro | 92,5 Cent |
Hinweis: Da Tesla selbst keine Autos mit Diesel- oder Benzinmotor verkauft, hat der ADAC zum Vergleich den Mercedes-Benz CLS herangezogen.
Modell | Kraftstoff | Grundpreis | Kosten pro Monat | Kosten pro Kilometer |
VW e-up! | Strom | 26.900 Euro | 472 Euro | 37,8 Cent |
VW up! 1.0 | Super | 14.255 Euro | 375 Euro | 30,0 Cent |
Diese Förderung kostet den Staat eine Menge Geld. Dennoch hat das Parlament entschieden, dass bis 2020 erst einmal nicht daran gerüttelt werden soll. Ein Grund dafür ist die ehrgeizige Verpflichtung, dass bis 2025 alle neu zugelassenen Autos in Norwegen Nullemissionsfahrzeuge sein sollen. Erreichen will man das mit einem Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche. Zuckerbrot in Form von Abgabenbefreiung für die, die mit Strom fahren. Peitsche in Form von hohen Abgaben und hohen Benzinpreisen, für die, die weiter mit fossilem Brennstoff fahren.
Über das Zuckerbrot herrscht bei den Parteien im Parlament breite Einigkeit. Über die Peitsche ist man sich nicht einig. Vor allem die rechtspopulistische Fortschrittspartei, die nach den Wahlen Mitte September wieder eine Regierungsbeteiligung anstrebt, will das Autofahren nicht teurer machen. Ihrem Widerstand ist es zu verdanken, dass die Erhöhung der Abgaben auf Benzin- und Diesel vor einem Jahr moderat blieb, der Peitscheneffekt damit also ausblieb.
Mehr Ladestationen zu bauen ist keine Lösung
Die E-Experten Haugneland und Portvik sind dennoch beide der Meinung, dass das Ziel 2025 zu schaffen sei. „Es kommen ja nun in den nächsten Jahren viele neue Modelle auf den Markt, und so lange diese Förderpolitik fortgesetzt wird, halten wir das für möglich.“ Man könne ja sehen, wie schnell sich das in den letzten fünf Jahren in Norwegen entwickelt habe. „Bis 2025 wird viel passieren.“ Auch Portvik von der Kommune glaubt, dass sich die Entwicklung noch beschleunigen werde. „Ich glaube an ein Wachstum bei den Elektrofahrzeugen, wenn die Batterien größer und die Ladegeräte schneller werden und mehr Modelle auf den Markt kommen.“
Die Kommune muss nur sehen, dass sie hinterherkommt. Die größte Herausforderung sei es jetzt, so Portvik, dass 60 Prozent der Osloer Bevölkerung in einer Wohnung lebe, also nicht in einem Einfamilienhaus mit Garage, in der sie ihren Wagen über Nacht aufladen können. Deshalb drängt man Wohnungsbaugenossenschaften und große Vermieter, ihre Parkgaragen mit Steckdosen auszustatten. Doch die Anzahl der Ladestationen zu vergrößern, sei nicht die Lösung, meint Portvik.
„Wir müssen dafür sorgen, dass das System effektiver wird“, sagte er. „Wir brauchen smartere, schnellere Lader und Mobilitätshäuser, wo man nicht nur sein Auto laden kann, sondern auch sein E-Fahrrad, E-Motorrad, E-Scooter und so weiter.“
Das kleine Land Norwegen, in dem 98 Prozent der Energie aus Wasserkraft gewonnen wird, eignet sich prima als Versuchskaninchen. Die Elektrowagenvereinigung bekommt mindestens zweimal die Woche Besuch aus dem Ausland, von Journalisten, Politikern und Branchenvertretern. „Wir sind ein guter Testmarkt“, erklärt Haugneland. „Unsere Mitglieder testen das hier in der Realität, das ist kein Labortest. Wir zeigen, wie der Markt in anderen Ländern in ein paar Jahren aussehen kann.“
Norwegen sei davon abhängig, dass andere Länder folgen und ihren Beitrag dazu leisten, dass dieser Markt in Gang komme, so Haugneland. Vor allem von Deutschland erhofft er sich eine „Auto-Wende“.
Auch wenn Kritiker sagten, dass Elektroautos in Deutschland nicht umweltverträglich seien, weil sie mit Strom aus Braunkohle fahren. „Wir können nicht warten, bis alle Elektrizität erneuerbar ist, bevor wir mit dem Austausch unseres Automobilparks beginnen. Das muss parallel geschehen.“ Mit dem stetigen Ausbau erneuerbarer Energien werde ein Elektroauto ja von Jahr zu Jahr reiner und reiner.